„Ökologisches Verhalten muss man sich leisten können“, sagt die Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion, Katja Mast. Denn für die SPD-Fraktion ist klar: Niemand soll auf dem Weg zur Klimaneutralität zurückgelassen werden, jeder muss die Möglichkeit haben, auf klimafreundliche Alternativen umzusteigen, ohne damit finanziell überfordert zu werden.
Das gilt auch beim klimafreundlichen Heizen. Wie und wann Eigentümer:innen das Heizen umstellen müssen, wird im Gebäudeenergiesetz (GEG) („Heizungsgesetz“) geregelt. Flankiert werden die Anforderungen an die Heizungen durch eine Förderkulisse. Das Gesetz wurde am Freitag verabschiedet. Die wichtigsten Fragen und Antworten:
Warum muss die Wärmewende jetzt eingeleitet werden?
Deutschland hat sich verpflichtet, bis 2045 seine Treibhausgasemissionen auf null zu reduzieren. Das Klimaschutzgesetz, die flächendeckende kommunale Wärmeplanung und eine umfangreiche, sozial ausgewogene Förderung sind die Voraussetzung für Einhaltung unserer Ziele. Der Betrieb von Gebäuden durch Heizen und die Versorgung mit Warmwasser verursachen in Deutschland etwa 35 Prozent des Endenergieverbrauchs und etwa 30 Prozent der CO2-Emissionen. Die Wärmewende ist also ein wichtiger Baustein auf dem Weg zur Klimaneutralität.
Neben dem Gebäudesektor gehören auch Energie, Industrie, Verkehr, Landwirtschaft und Abfallwirtschaft zu den Sektoren, die klimaneutral werden müssen.
Wann muss ich meine Heizung austauschen?
Zentrale Vorgabe der geplanten Neuregelung im GEG ist, dass neu eingebaute Heizungen mindestens zu 65 Prozent mit erneuerbarer Energie betrieben werden. In Neubaugebieten gilt diese Vorgabe ab dem 1. Januar 2024. Bei bestehenden Gebäuden greift sie für neue Heizungen erst, wenn eine kommunale Wärmeplanung vorliegt. Große Städte mit mehr als 100.000 Einwohnern haben dafür bis Mitte 2026 Zeit, kleinere Kommunen bis Mitte 2028.
Erst, wenn die Heizung kaputt ist und nicht mehr repariert werden kann, muss eine neue eingebaut oder ein Netzanschluss geplant werden. Dieser Zeitpunkt kann dann auch nach der Vorlage der kommunalen Wärmeplanung liegen in der jeweiligen Gemeinde. Funktionierende Gas- und Ölheizungen können also weitergenutzt werden. Fossile Brennstoffe dürfen aber längstens bis zum 31. Dezember 2044 eingesetzt werden.
Was ist die kommunale Wärmeplanung?
Die SPD-Fraktion konnte in den Verhandlungen mit den Koalitionspartnern zum GEG durchsetzen, dass eine verpflichtende deutschlandweite kommunale Wärmeplanung das zentrale Steuerungsinstrument für die Kommunen und eine wertvolle Orientierungshilfe für die Bürger:innen in der Wärmewende sein wird.
Aus der kommunalen Wärmeplanung wird für alle Bürger:innen ersichtlich, welche Wärmeversorgungsmöglichkeiten in ihrer Straße geplant werden und zukünftig zur Verfügung stehen. Auf dieser Basis können Eigentümer:innen aus den vor Ort zur Verfügung stehenden Alternativen die für sich beste Wärmeversorgung wählen, z. B. Fernwärme, Strom, klimaneutrales Gas, Holz und Pellets oder anderes. Die Kommunen gehen also in die Vorleistung und schaffen Klarheit, wo welche Wärmelösungen zukünftig möglich sind.
Darf man ab 2024 noch eine Öl- oder Gasheizung neu einbauen?
Ja, mit Ausnahme von Neubaugebieten. Dort gilt die 65-Prozent-Erneuerbare-Energien-Pflicht bereits ab 01.01.2024. In allen übrigen Gebieten allerdings nur bis zum Vorliegen einer kommunalen Wärmeplanung, wobei Gasheizungen wasserstofffähig sein müssen. Alle, die dies in Erwägung ziehen, erhalten eine verpflichtende Beratung. Denn wer sich nach Inkrafttreten des GEG dennoch für eine Öl- oder Gasheizung entscheidet, läuft später Gefahr, diese bei hohen Energiekosten z.B. wegen des steigenden CO2-Preises zu betreiben. Außerdem darf ab 2045 nicht mehr fossil geheizt werden.
Wer sich trotzdem für eine Öl- oder Gasheizung entscheidet, muss zudem ab 2029 15 Prozent, ab 2035 30 Prozent und ab 2040 60 Prozent klimaneutrale Brennstoffe (Biomethan, Wasserstoff) nutzen. Dabei kann der Nachweis bilanziell über grüne Zertifikate erbracht werden.
Der Umstieg auf klimafreundliches Heizen sorgt nicht nur für mehr Klimaschutz, sondern schützt auch vor hohen finanziellen Belastungen. Denn: Wer heute eine neue Heizung einbaut, nutzt diese in der Regel 20 bis 30 Jahre lang. Da die Preise für Gas und Öl in den kommenden Jahren auch aufgrund des CO2-Preises stark steigen werden, wird Heizen mit fossilen Brennstoffen für viele Menschen deutlich teurer.
Durch diesen Effekt rechnet sich die Anschaffung einer zu Beginn zwar teureren, aber staatlich geförderten klimafreundlichen Heizung.
Welche Auswahl an klimafreundlichen Heizungen gibt es?
Beim Umstieg auf klimafreundliche Heizungssysteme werden alle Optionen gleichwertig behandelt. Keine klimafreundliche Wärmetechnologie darf von vorneherein ausgeschlossen werden, Hauptsache sie ist mindestens 65 Prozent erneuerbar. Möglich sind sieben Standardoptionen (Wärmenetz, Wärmepumpe, Stromdirektheizung, solarthermische Anlage, Heizung mit Biomasse oder Wasserstoff, Solarthermiehybridheizung und Wärmepumpenhybridheizung) plus verschiedene Kombinationsmöglichkeiten.
Welche Förderung gibt es?
Der Einbau klimafreundlicher Heizungen soll mit bis zu 70 Prozent der Investitionskosten gefördert werden. Wer eine klimafreundliche Heizung einbaut, bekommt 30 Prozent der Investitionskosten als Sockelförderung. Wer ein zu versteuerndes Jahreshaushaltseinkommen von bis zu 40.000 Euro hat, soll weitere 30 Prozent Förderung bekommen. Wer schnell ist und schon vor 2028 umrüstet, bekommt einen Klima-Geschwindigkeitsbonus von 20 Prozent. Dieser schmilzt dann ab 2028 alle zwei Jahre um drei Prozent ab. Insgesamt wird die Förderung auf maximal 70 Prozent gedeckelt. Förderfähig sind Investitionskosten bis zu 30.000 Euro.
Außerdem soll es zinsvergünstigte Kredite mit langen Laufzeiten und Tilgungszuschüsse für Haushalte mit zu versteuernden Einkommen bis zu 90.000 Euro geben.
Wie werden Mieter:innen geschützt?
Das Gesetz stellt sicher, dass Mieter:innen bei einem Heizungstausch nicht über Gebühr belastet werden und Vermieter:innen gleichzeitig genug Anreize haben, auf klimaschonendes Heizen umzurüsten.
Vermieter:innen bekommen, wie alle Eigentümer:innen, die Sockel-Förderung in Höhe von 30 Prozent ihrer Investitionskosten. Die übrigen Kosten für den Heizungstausch können sie über eine neue Modernisierungsumlage in Höhe von zehn Prozent auf die Mieter:innen umlegen, wenn sie die Förderung in Anspruch genommen und von der umlagefähigen Summe abgezogen haben. Um Mieter:innen vor hohen Belastungen zu schützen, wird diese Umlage auf höchstens 50 Cent pro Quadratmeter begrenzt. Das schafft Planbarkeit und begrenzt die zu erwartende Mietsteigerung auf das Machbare.
Wenn sich für Mieter:innen die Mieterhöhung dennoch als unangemessene finanzielle Belastung darstellt, kann ein Härtefälleinwand geltend gemacht und die Mietsteigerung weiter begrenzt werden.
Warum hat das Bundesverfassungsgericht angeordnet, dass das Gesetz nicht mehr wie geplant Anfang Juli beschlossen werden konnte?
Die Ampel-Fraktionen hätten das Gebäudeenergiegesetz gern in der letzten Sitzungswoche vor der Sommerpause verabschiedet. Ein Abgeordneter der Union hat aber einen Eilantrag beim Bundesverfassungsgericht eingereicht, mit der Begründung, dass ihm als Abgeordneter nicht ausreichend Zeit eingeräumt worden sei, sich mit dem Entwurf zu beschäftigen.
Die Ampel wollte das Gesetz so schnell wie möglich verabschieden, damit die Bürger:innen Planungssicherheit haben und wissen, was auf sie zukommt. Das Bundesverfassungsgericht aber hat dem Eilantrag teilweise stattgegeben mit der Begründung, dass es nicht ausschließen könne, dass durch das schnelle Verfahren die Rechte Abgeordneter verletzt worden seien. Ob durch das Verfahren tatsächlich Rechte von Abgeordneten beeinträchtigt worden sind, wird aber erst abschließend in der Hauptverhandlung geprüft und entschieden.
Mögliche Ersatztermine für eine abschließende Befassung des Bundestages und Bundesrates wären Ende Juli in einer Sondersitzung gewesen oder eben – wie nun beschlossen – Anfang September in der nächsten regulären Sitzungswoche nach der parlamentarischen Sommerpause. Die Ampel-Fraktionen sind sich einig, dass das Gesetz in der vorliegenden Form beschlossen und nicht mehr geändert werden soll. Damit wissen alle schon jetzt, was ab 2024 geplant ist. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluss keine inhaltliche Wertung gegenüber dem Gesetz vorgenommen.