Katarina Barley hat am 13. Februar 2014 im Plenum des Bundestages für die SPD-Bundestagsfraktion zur Sicherung der Oppositionsrechte geredet. Sie hat herausgestellt, dass die Abgeordneten der Opposition in dieser Wahlperiode mehr Rechte erhalten als die Abgeordneten der Koalition. “Dass zwanzig Prozent der Abgeordneten ausreichen, um bestimmte Rechte auszuüben, gilt nur für Mitglieder Ihrer Fraktionen, nicht für unsere”, so Barley an die Adresse von Bündnis 90/Die Grünen und DIE LINKE.

Die Oppositionsfraktionen erhalten außerdem bei der sogenannten Kurzdebatte anteilsmäßig deutlich mehr Redezeit als die SPD-Fraktion, obwohl sie gemeinsam weniger Abgeordnete stellen als die Sozialdemokraten. Das sei als Ausnahme für diese Legislaturperiode aufgrund der bestehenden Mehrheitsverhältnisse in Ordnung, stellte Katarina Barley klar. Aber weil es sich um eine befristete Ausnahme für die nächsten vier Jahre handelt, sei die Geschäftsordnung des Bundestages der richtige Ort, um die Sonderregeln für die Oppositionsrechte festzuschreiben. Ein neues Gesetz oder sogar die Änderung des Grundgesetzes seien aus SPD-Sicht nicht notwendig.

Sehr verehrte Frau Präsidentin!

Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Ich darf die Debatte, die ich, obwohl sie noch nach der alten Geschäftsordnung durchgeführt wird, als durchaus lebendig empfinde, beschließen und feststellen, dass wir uns wirklich in sehr vielem einig sind, insbesondere im Hinblick auf die Grundlage, dass wir in einem funktionierenden Bundestag, in einer funk­tionierenden Demokratie eine Opposition brauchen, die Rechte hat, um effektiv und wirkungsvoll arbeiten zu können.

Hier entscheidet die Mehrheit; das ist klar. Das muss sie auch. So haben die Wählerinnen und Wähler ent­schieden. Herr Grosse-Brömer hat eben schon den Bun­destagspräsidenten zitiert, aber nicht ganz vollständig. Ich zitiere:

Klare Wahlergebnisse sind nicht von vornherein verfassungswidrig, große Mehrheiten auch nicht.

So hat er das gesagt.

(Volker Kauder [CDU/CSU]: So ist es auch!)

Dem können wir nur zustimmen.

(Beifall der Abg. Hiltrud Lotze [SPD] und Michael Donth [CDU/CSU] – Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Genau! Das sagt aber nichts über die Qualität! – Gegenruf des Abg. Volker Kauder [CDU/CSU]: Das trifft auf euch zu! Das stimmt!)

– Das sagt noch nichts über die Qualität, genau. Aber um die brauchen Sie sich zumindest bei uns keine Sorgen zu machen.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Über die einzelnen Rechte ist nun wirklich schon viel gesagt worden. Die Opposition soll nach unserem Ent­wurf natürlich die Möglichkeit haben, eine öffentliche Sachverständigenanhörung im Fachausschuss zu bean­tragen. Das ist ein besonders wichtiges Recht. Denn wir haben schon manchen Gesetzentwurf gesehen, der in solch einer öffentlichen Sachverständigenanhörung fachlich durchgefallen ist. Da liegt das Quorum bisher bei 25 Prozent; wir wollen es auf 20 Prozent absenken. Das genügt; denn die Minderheit von 20 Prozent haben Sie.

Natürlich hat der Bundestag auch die Aufgabe, die Regierung zu kontrollieren. Diesen Auftrag hat nicht nur die Opposition; das ist jetzt schon mehrfach gesagt wor­den. Auch Peter Struck ist schon oft zitiert worden. Er würde sich darüber freuen, dass wir alle uns einig da­rüber sind, dass kein Gesetz den Bundestag so verlässt, wie es hineingekommen ist; das gilt insbesondere auch für die Gesetzentwürfe der Regierung.

Wir werden uns mit der Umsetzung dieses Entwurfs rechtlich, aber natürlich auch politisch binden. Wenn man die Möglichkeit gewählt hätte, nur einen entspre­chenden Beschluss zu fassen, hätte nicht wirklich die Gefahr bestanden, dass wir uns das im Laufe der Legis­laturperiode anders überlegen; das hätten uns weder Sie noch die Öffentlichkeit noch unsere eigenen Wähler durchgehen lassen.

Auch in diesem Punkt sind wir uns einig: Die Opposi­tion muss ihre Stimme wirksam zur Geltung bringen. Im Hinblick auf die Redezeit haben insbesondere wir von der SPD-Fraktion eine Kröte zu schlucken. Denn die Anpassung der Redezeiten wird dazu führen, dass die beiden Oppositionsfraktionen zusammen in Kurzdebat­ten mehr Redezeit haben als wir von der SPD-Fraktion, obwohl wir mehr Abgeordnete haben als die beiden Op­positionsfraktionen zusammen. Das nehmen wir in Kauf.

Es ist schon mehrfach darauf hingewiesen worden: Der einzelne Abgeordnete oder die einzelne Abgeord­nete hier in diesem Parlament hat bestimmte Rechte. Da möchte ich noch etwas zu der Form sagen, in der wir die Rechte der Minderheit, der Opposition hier festlegen wollen. Sie fordern eine Änderung der gesetzlichen Grundlagen, bei der abstrakten Normenkontrolle sogar des Grundgesetzes. Ich persönlich hielte es für erforder­lich; denn das Bundesverfassungsgerichtsgesetz so zu ändern, dass es dem Grundgesetz widerspricht, hielte ich für sehr fragwürdig. Es mag aus Ihrer Sicht in der mo­mentanen Situation natürlich wünschenswert sein; aber Sie übersehen da einen wichtigen Punkt: Wir Abgeord­nete sind, wie schon mehrfach erwähnt, vor dem Gesetz gleich. Wir haben gleiche Rechte und Pflichten, weil wir alle zusammen diesen Deutschen Bundestag, die Legis­lative, bilden, der insgesamt die Pflicht und das Recht hat, die Exekutive zu kontrollieren, insbesondere die Bundesregierung. Das ändern wir in dieser Legislatur zu Ihren Gunsten, und zwar nur zu Ihren Gunsten. Die Rechte, die also 20 Prozent dieses Hauses in Anspruch nehmen können, können nur Sie in Anspruch nehmen; wir können das nicht. Das Gewicht, das die einzelnen Oppositionsabgeordneten haben, wird größer als das Ge­wicht sein, das die einzelnen Abgeordneten der Regie­rungsfraktionen haben. Das ist in dieser Legislaturpe­riode auch in Ordnung.

Die Rechte der einzelnen Abgeordneten, auch der Ab­geordneten der Regierungsfraktionen, sind keine Pea­nuts. Ich darf da vielleicht kurz an die Debatte in der letzten Legislaturperiode zum Euro-Rettungsschirm er­innern, bei der es durchaus auch in den Koalitionsfrak­tionen einzelne Abgeordnete gab, die sich ihr Rederecht sehr aktiv erstritten haben.

Wir brauchen eine Regelung für diese Legislaturpe­riode. Es wäre nicht richtig, die abstrakten Regelungen und Gesetze zu ändern, vor allen Dingen nicht das Grundgesetz, das uns schon viele Jahre begleitet hat und uns noch viele Jahre begleiten wird. Der Ort, um Rege­lungen für die Besonderheiten dieser Legislaturperiode zu treffen, ist die Geschäftsordnung, und dementspre­chend werden wir handeln.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)