Nach jahrelangen Diskussionen hat der Bundestag den Weg für die Ehe für alle freigemacht. Eine überfällige Entscheidung, findet SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann und wünscht sich im Parlament eine breite Mehrheit für das Gesetz.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich freue mich, dass es heute zu einer Entscheidung kommt.

Die Öffnung der Ehe ist ein wichtiger gesellschaftspolitischer Fortschritt. Darauf haben viele Menschen in diesem Land lange gewartet. Bei der Ehe geht es nicht um das Geschlecht, sondern darum, ob Menschen füreinander einstehen und Verantwortung übernehmen wollen. Nach Artikel 6 des Grundgesetzes stehen Ehe und Familie unter dem besonderen Schutz des Staates. Dieses Grundrecht schützt im Kern die Verantwortungsgemeinschaft von Menschen. Deshalb brauchen wir auch keine Grundgesetzänderung, um die Ehe für alle einzuführen.

Niemand kann sagen, dass wir über dieses Thema nicht gründlich genug diskutiert hätten. Wir entscheiden heute über einen Gesetzentwurf, der bereits 2015 auf Initiative von Rheinland-Pfalz im Bundesrat beschlossen wurde. Es gab eine ordentliche Anhörung im Rechtsausschuss zu diesem Thema, und der Bundestag hat fünfmal im Plenum darüber debattiert. Dass wir heute darüber entscheiden, ist vielleicht nicht gut für die Koalition, aber es ist gut für die Menschen, und es ist gut für das Parlament.

Es gibt seit Jahren im Deutschen Bundestag eine klare Mehrheit der Abgeordneten für die Öffnung der Ehe. Eine Abstimmung ist aber bisher durch Koalitionsverträge verhindert worden. Erfreulicherweise ist seit Montag auch unser Koalitionspartner der Meinung, dass diese Frage eine Gewissensentscheidung ist. Eine zwingende, logische Folge daraus ist, dass die Abstimmung freigegeben werden muss.

Meine Damen und Herren, wir leben in einer Zeit des gesellschaftlichen Wandels. Gleichgeschlechtliche Paare werden heute akzeptiert. Das ist in einer offenen, toleranten Gesellschaft möglich. Ganz unterschiedliche Lebensentwürfe gehören heute zum Alltag. Wenn unsere Verfassung eines garantiert, dann, dass jeder in diesem Land so leben kann, wie er es für richtig hält, wie sie es für richtig hält.

Ich habe aber auch Verständnis für alle, die gegenüber der Öffnung der Ehe Bedenken haben und diesen Schritt noch nicht mitgehen wollen. Ich finde, das muss man respektieren. Diese Personen sollten aber Folgendes bedenken: Wenn die Ehe für alle kommt, dann wird vielen etwas gegeben, aber niemandem etwas genommen.

Das sollten diejenigen bedenken, die heute dagegenstimmen wollen.

Ich wünsche mir eine möglichst große Mehrheit für dieses Gesetz.

Vielen Dank.