Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vor allem: Liebe Studierende!

Der Antrag zum BAföG, den wir heute behandeln, ist ein Oppositionsantrag. Liebe Studierende, Opposition kennt ihr nicht? Das macht nichts. Ich erkläre es euch. Opposition bezeichnet eine Partei oder Gruppe, die der herrschenden Politik Widerstand und Ablehnung entgegenbringt.

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ist das jetzt Politik für Dummies, oder was?)

Opposition ist aber schlecht beraten, wenn sie durch Auslassung und Schlechtreden geschlossene Weltbilder produziert. Das, liebe Studierende, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste, ist hier am Beispiel der BAföG-Debatte leider der Fall. Ziel des BAföG – das wissen hoffentlich alle – ist es, allen jungen Menschen die Möglichkeit zu geben, unabhängig von ihrer sozialen und wirtschaftlichen Situation eine Ausbildung zu ma­chen, die ihren Fähigkeiten und Interessen entspricht.

Liebe Frau Gohlke, ich finde es ganz interessant, dass Sie den Regierungsparteien Realitätsverweigerung vorwerfen. Ich frage mich, warum Sie in Ihrem Antrag nicht erwähnt haben, dass man 735 Euro als Höchstsatz bezie­hen kann.

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Frau De Ridder, wie viele kriegen den denn?)

Diese Zahl fehlt völlig. Dann haben Sie darauf verwiesen, dass die Preissteigerungen in den Blick genommen werden müssen. Wenn es um die Lebensrealität geht, kann man sich zum Beispiel den Verbraucherindex ansehen. Ich stelle fest, dass der von einem Jahr zum anderen um nicht einmal 1 Prozent gestiegen ist. Das ist interessant.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

In einem Punkt will ich Ihnen recht geben, liebe Frau Gohlke, und zwar bei den Mietpreisen. Wir können in der Tat konstatieren, dass die Mietpreise im Schnitt um mehr als 1 Prozent – aber auch nicht 2 Prozent – gestiegen sind. Aber hier konkurrieren doch Studierende mit vielen anderen auf dem Wohnungsmarkt, liebe Frau Gohlke. Es würde mich freuen, an dieser Stelle Ihre Aufmerksamkeit

wenn es beispielsweise darum geht, mit an- (C) deren Instrumenten den Wohnungsmarkt aufzubrechen, beispielsweise mit der Mietpreisbremse oder dem sozialen Wohnungsbau .

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wissen wir doch schon, dass die Mietpreisbremse nicht funktioniert! Sie bremst nicht!)

Schauen wir uns doch an, wie sich das entwickelt. Dann können wir vielleicht zu einem konstruktiven Gespräch kommen und uns mit den Nutzergruppen befassen.

Was auch zu den Ausblendungen gehört – lassen Sie mich das sagen –, ist das Thema Meister-BAföG. Auf welche Gruppe kaprizieren Sie sich denn, wenn Sie über das BAföG reden? Und warum ignorieren Sie, dass wir die Zuschüsse für das Meister-BAföG deutlich erhöht haben, nämlich auf 50 Prozent, und beispielsweise auf Maßnahmen rekurrieren, die diejenigen in Anspruch neh­men können, die Meister werden wollen? 40 Prozent des Restdarlehens muss man nicht zurückzahlen. Für Lehr­gangs- und Prüfungskosten kann man 15 000 Euro be­antragen, und man kann sein Meisterstück zu 40 Prozent finanziert bekommen. All dies haben Sie völlig ausgeblendet.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD) Vizepräsident Johannes Singhammer:

Frau Kollegin De Ridder, gestatten Sie noch eine Zwischenfrage der Kollegin Hein?

Dr. Daniela De Ridder (SPD): Nein, ich möchte im Zusammenhang vortragen. Wir werden das sicher im Ausschuss noch vertiefen können. Da bin ich sicher. Ich treffe die Kollegin ohnehin am Wochenende.

(Zurufe von der SPD: Oh! – Dr . Karamba Diaby [SPD]: Was haben Sie da vor? Da sind wir neugierig!)

– Ich mache das gerne, mit der Kollegin zu sprechen. Lassen Sie mich noch einen Tipp loswerden, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Linken. Warum schauen Sie nicht nach Baden-Württemberg? Wenn Frau Theresia Bauer meint, sie könne dort Studiengebühren für Ausländer und Ausländerinnen einführen, dann besteht doch das Risiko, dass sich die Situation für Studierende erheblich verteuert. Wir sollten gemeinsam Sorge tragen, dass das nicht passiert und Schule macht und zum Einstieg in eine deutliche Verschlechterung für Studierende, egal welcher Herkunft, wird.

Vielen Dank . (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Vizepräsident Johannes Singhammer: Die Kollegin Dr . Hein hat jetzt die Gelegenheit zu einer Kurzintervention.

(Zurufe von der CDU/CSU: Oh nein!)

Dr. Rosemarie Hein (DIE LINKE): Vielen Dank . – Es tut mir leid, ich mache das wirklich nicht oft. Aber wenn ich das am Sonntag mit Frau De Ridder ausmache, dann hilft das nicht viel.

(Zuruf von der CDU/CSU: Was machen Sie da zusammen?)

– Wir sitzen auf einem Podium, aber das geht Sie nichts an.

(Heiterkeit bei der SPD)

Weil die Koalition so stolz auf das Meister-BAföG ist, würde ich Frau De Ridder gerne fragen, ob sie erklären kann, warum zum Beispiel ein Kind einer Meisterschülerin mehr wert ist als das Kind einer Studierenden.

(Dr . Thomas Feist [CDU/CSU]: Das sind doch zwei völlig unterschiedliche Systeme!)

Hier gibt es nämlich sehr unterschiedliche Bedarfssätze. Das ist nur ein sehr gravierendes Beispiel für die Unterschiede zwischen den Fördersystemen, und ich glaube, dass es mehr als einer Reform bedarf, um das zu verändern .

(Beifall bei der LINKEN)

Vizepräsident Johannes Singhammer: Frau Kollegin De Ridder, wollen Sie darauf antwor­ten?

(Dr . Philipp Lengsfeld [CDU/CSU]: Wir wollen wissen, was das für ein Podium ist! Geheimpodien!)

Dr. Daniela De Ridder (SPD): Ich antworte gerne darauf. Bevor hier der Eindruck entsteht, wir würden Geheimveranstaltungen abhalten, kläre ich gerne das Plenum auf. Es geht um eine öffentliche Veranstaltung, bei der wir das sicher noch einmal vertiefen können. Ich lade gerne in meinen Wahlkreis ein. Dann haben alle Gelegenheit, daran teilzunehmen.

Wie aber Frau Hein zu dem Schluss kommt, es gebe ganz unterschiedliche Messlatten, wird sie erklären müssen. Dafür ist der Ausschuss der richtige Ort. Wir müssen uns in der Tat damit befassen, wie wir mit dem Thema soziale Gerechtigkeit in der Bildungspolitik umgehen und welche Effekte die Politik, die wir erzeugen, erzielt. Deshalb bin ich eine Vertreterin von Evaluation. Wir haben dies auch schon bei anderen Themen diskutiert.

Wir müssen uns in der Tat damit beschäftigen – die Kollegin Albsteiger hat es erwähnt –, wie die Effekte beim BAföG sind und wie sie beim Meister-BAföG sein werden. Das muss man sich genau anschauen. Aber das braucht Zeit. Man braucht ein entsprechendes Zeitfenster, um sich all das anzusehen, liebe Frau Kollegin. Ich denke, das müssen Sie uns schon zugestehen, damit das Wirkung entfaltet. Sonst haben wir überhaupt keinen Orientierungsrahmen. Dann werden wir sehen, an wel­cher Stelle wir noch einmal nachlegen.

Ich bin sicher: Wir beide werden das noch einmal ausfechten, diskutieren und auch gemeinsam zu guten Ergebnissen kommen. Ich bin da optimistisch. Denn das gehört – bevor auch das missverstanden wird – ebenfalls zur politischen Debatte dieses Hauses.

Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)