Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich hatte mir fest vorgenommen, heute versöhnlich zu sein, aber, Herr Ehrhorn, Sie haben das mit Ihrer Rede kaputtgemacht.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der LINKEN)

Sie haben uns einen Eindruck gegeben, wie sich die AfD den öffentlichen Rundfunk vorstellt, nämlich als AfD-maingestreamten, AfD-konformen Staatsrundfunk. Das ist aber genau das Gegenteil dessen, was wir uns unter öffentlich-rechtlichem Rundfunk vorstellen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ihre krude Hetzsuada, die nicht einmal eine Familienähnlichkeit zu Ihrem Gesetzentwurf aufweist, enthielt Ausdrücke wie „kranker Geist“ und „Volksumerziehung“. Ich darf darauf hinweisen: Wir befnden uns hier und heute, am 20. April, zwar im Reichstag, aber in einem Jahr nach 1945 und nicht vor 1945.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich wollte aber versöhnlich sein. Deshalb spreche ich meinen Dank dafür aus, dass Sie das Thema auf die Tagesordnung gebracht haben. Wir werten das als Verneigung vor der Bundesregierung und der Großen Koalition; denn wir haben uns in der Vergangenheit intensiv für die Deutsche Welle engagiert und tun das auch jetzt. Daneben können auch wir als SPD-Bundestagsfraktion dankbar sein und fühlen uns fast geschmeichelt; denn der Normenkontrollantrag, der zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts führte, auf das Sie Bezug nehmen, wurde damals ja von Kurt Beck und der SPD – gestützt auch von der Bundestagsfraktion – initiiert. Also herzlichen Dank dafür! – So viel zu meiner Versöhnlichkeit heute.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ich sehe in Ihrem Antrag drei Botschaften:

Erstens wird eine Staatsferne behauptet. Das ist Ihre offzielle Lesart.

Zweite Botschaft – jetzt werde ich wieder unversöhnlicher –: Dahinter steckt Kalkül. Das wurde ja schon gesagt. Sie möchten nämlich einen eigenen dritten Platz. Das ist wirklich sehr schade. Sie fordern doch immer, dass die sogenannten Altparteien – wir als Sozialdemokraten sind sehr stolz, Altpartei zu sein; wir sind sogar die älteste Partei – etwas gegen Parteiverdrossenheit tun müssen. Was Sie mit so einem durchschaubaren Manöver machen, ist aber geradezu ein Konjunkturprogramm für Parteiverdrossenheit. Sehr schade!

Warum wollen Sie ausgerechnet in ein Gremium eines Rundfunks, den Sie verachten? Auch das erschließt sich mir nicht. Sie machen das auch in den Ländern. Warum tun Sie das? Warum zeigen Sie nicht die Geste des Verzichts? Sie sagen doch immer, Sie seien die Stimme des Volkes. Wenn es aber zum Schwur kommt, dann erheben Sie den Anspruch, die Stimme des Volkes allein zu vertreten. Das passt irgendwie nicht.

(Dr. Alexander Gauland [AfD]: Das kann ja nicht wahr sein!)

Da Sie ja Staatsferne wollen, könnten Sie eine Erweiterung des Gremiums um weitere zivilgesellschaftliche Organisationen fordern, zum Beispiel um muslimische Organisationen.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)

Aber nichts davon fndet sich in Ihrem Gesetzentwurf. Kommen wir zur dritten Botschaft – jetzt werde ich wieder versöhnlicher –: Wie gesagt, ich werte das als eine stillschweigende Anerkennung unserer Arbeit. Die Deutsche Welle macht nämlich etwas Aufreizendes, etwas zutiefst Ungewöhnliches, nämlich ganz unspektakulär seriösen, freien, unabhängigen Journalismus, und sie nutzt dabei die stärkste Waffe, die sie als zivile Kraft hat, nämlich die Wahrheit und das Ringen darum. Das verdient unser aller Unterstützung.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Deshalb schlage ich Ihnen vor – das ist eine gemeinsame Leistung –: Machen Sie weniger staatsnahe touristische Ausfüge zu Assad nach Syrien,

(Heiterkeit der Abg. Helin Evrim Sommer [DIE LINKE])

nutzen Sie die Zeit intensiver, mit uns zusammen für die Deutsche Welle zu kämpfen, und unterstützen Sie diejenigen, die gegen die Assads dieser Welt für Freiheit, Demokratie und Menschenrechte kämpfen! Ein schönes Wochenende, vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der Abg. Dr. Petra Sitte [DIE LINKE])