Dr. Sascha Raabe (SPD):

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Im Sudan herrscht seit Jahren bittere Ar­mut. Die humanitäre Katastrophe ist zum Teil in Verges­senheit geraten, zum Teil leider immer nur dann im Fokus der Öffentlichkeit, wenn wir darüber reden, ob deutsche Soldaten dort weiter an der richtigen und wich­tigen UNAMID-Mission teilnehmen sollen.

Aber das darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir über ein Land reden, das dauerhaft, auch wenn keine Kameras auf es gerichtet sind, zu den ärmsten Ländern der Welt gehört. Es ist das Land mit der höchsten Müt­tersterblichkeitsrate der Welt. Mehr als die Hälfte der Menschen leben in bitterer Armut. Wir haben schon ge­hört, dass die Konfliktursachen dort vielfältig sind: Die Konflikte sind teils ethnisch-religiös, aber auch ganz stark verschärft durch mangelnden Zugang zu Wasser und Weideland. Sie sind auch dadurch bedingt, dass es (C) bittere Armut gibt.

Ich glaube, als Politiker im deutschen Parlament, die über einen großen Etat verfügen können, müssen wir mehr finanzielle Mittel aufbringen, um nicht nur in Sudan dafür zu sorgen, dass dort, wo es Hunger und Not gibt, geholfen werden kann, sondern auch in den Nach­barländern Subsahara-Afrikas dafür zu sorgen, dass sich dort so etwas wie in Sudan nicht entwickeln kann. Dafür bitte ich Sie um Unterstützung.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wir möchten deshalb nicht nur den Soldatinnen und Soldaten und den deutschen Polizeibeamten danken, die dort ihren Dienst tun, sondern auch all den Entwick­lungshelferinnen und Entwicklungshelfern, die unter ganz schweren Bedingungen und auch unter Einsatz ihres Lebens und ihrer Gesundheit dort tätig sind. Ihnen allen auch vom ganzen Hause ein herzliches Danke­schön!

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben die Zahlen bereits gehört. Dieses Land ist extrem gebeutelt: Es hat 300 000 Tote gegeben. Fast 2 Millionen Menschen leben in Flüchtlingslagern. Bei aller richtigen Betrachtungsweise der Konfliktursachen, auf die ich noch zu sprechen komme, kann ich als Ent­wicklungspolitiker – das sage ich ausdrücklich nicht als Verteidigungspolitiker; denn ich bin mit Leib und Seele seit vielen Jahren Mitglied des entwicklungspolitischen Ausschusses – die Haltung der Linksfraktion nicht ver­stehen. Ich kann nicht verstehen, wie man sich, wenn man weiß, dass es grausame Massenvergewaltigungen, brutale Überfalle und gewaltsame Plünderungen gibt, die den Alltag der Menschen dort bestimmen, dann einer Mission verweigern kann, die versucht, den geschunde­nen Menschen, die in Flüchtlingslagern Schutz suchen, wenigstens ein bisschen zu helfen. Wie kann man sich verweigern, diese Lager und die armen Menschen auch mit militärischem Schutz zu sichern? Das ist schäbig und verantwortungslos, und es ist absolut nicht tolerierbar.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Man muss das eine tun, ohne das andere zu lassen. Natürlich kann das Militär diesen Konflikt nicht lösen. Ich gehöre zu denjenigen, die immer sagen – dafür werbe ich auch –: Ja, wir brauchen Entwicklungspolitik als vorausschauende Friedenspolitik. Wir müssen die Mittel der zivilen Krisenprävention stärken. – Ich bin froh, dass wir dies genauso wie die Stärkung der Rolle des zivilen Friedensdienstes im Koalitionsvertrag festge­schrieben haben. Es ist auch gut, dass wir im Koalitions­vertrag festgelegt haben, den Fokus stärker auf die ärms­ten und die fragilen Staaten zu legen. Es war sicherlich ein Fehler – das gilt im Hinblick auf die alte Regierung –, die Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit in die­sem Jahr zu kürzen

(A)         (Beifall bei Abgeordneten der SPD und desBÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

und sie gemäß der mittelfristigen Finanzplanung bis 2017 weiter zu kürzen. Deshalb bin ich froh, dass wir uns in den Koalitionsverhandlungen durchsetzen konn­ten und dass in den nächsten vier Jahren ohne Finanzie­rungsvorbehalt wenigstens 2 Milliarden Euro mehr, so­zusagen als sicheres Geld, für die ärmsten Länder zur Verfügung stehen. Das ist ein erster wichtiger Erfolg.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ich sage aber auch: Bei diesen zusätzlichen 2 Milliar­den Euro dürfen wir nicht stehen bleiben. Auf dem Weg zum 0,7-Prozent-Ziel, zu dessen Erreichen sich Deutsch­land verpflichtet hat, gilt es, mehr finanzielle Anstren­gungen zu unternehmen. Ich bitte auch die neuen Kolleginnen und Kollegen im Parlament, sich partei­übergreifend in den Haushaltsberatungen, wenn es ir­gendwo noch Spielraum gibt – sei es durch die Einfüh­rung einer Finanztransaktionsteuer oder aufgrund von zusätzlichen Geldern, die durch die Bekämpfung der Steuerflucht eingenommen werden –, dafür einzusetzen, dass endlich mehr Geld in den vier Jahren, also mehr als die zusätzlichen 2 Milliarden Euro, für die Entwick­lungszusammenarbeit zur Verfügung gestellt wird. Dann brauchen wir nicht mehr über teure Militäreinsätze zu re­den. Wir sparen viel mehr Geld, wenn wir jetzt den Men­schen dort, aber auch in den Nachbarstaaten Sudans in Subsahara-Afrika helfen, wo die Ärmsten der Armen le­ben. Entwicklungspolitik als vorausschauende Friedens­politik kann solche Konflikte wie den in Rede stehenden (B) verhindern.

In diesem Sinne bitte ich Sie heute um Zustimmung zu dieser Mission und in den nächsten Haushaltsberatun­gen – ich werde Sie daran erinnern – um Zustimmung zur Bereitstellung von wesentlich mehr Geld für die gute und präventive Entwicklungszusammenarbeit.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)