Pflegekräfte brauchen eine gute Bezahlung. Denn in der Zukunft werden wir engagiertes und gut qualifiziertes Personal nur dann bekommen, wenn in diesem Beruf ordentlich verdient werden kann.

 

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!
Pflegekräfte brauchen eine gute Bezahlung. Denn in der
Zukunft werden wir engagiertes und gut qualifiziertes
Personal nur dann bekommen, wenn in diesem Beruf ordentlich
verdient werden kann.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Darum stellen wir heute klar, dass das Zahlen von Tarifgehältern
in der Pflege nicht mehr von Pflegekassen und
Sozialhilfeträgern als unwirtschaftlich abgelehnt werden
darf.
(Beifall bei der SPD – Thomas Oppermann
[SPD]: Das ist ein Riesenfortschritt!)

Es hatte gravierende Auswirkungen, dass tarifliche
Bezahlung bei der Aushandlung von Pflegesätzen weitgehend
nicht anerkannt wurde. Denn das, was Pflegekräfte
heute an Druck im Arbeitsalltag erleben, hängt einerseits
mit der überbordenden Bürokratie zusammen
– daran werden wir jetzt etwas verändern –, andererseits
aber ganz wesentlich damit, dass der wirtschaftliche
Druck bei den Pflegeanbietern dazu geführt hat, weniger
Personal anzustellen und vom Einzelnen immer mehr zu
fordern.
In den Verhandlungen zwischen Leistungserbringern
und Kostenträgern, die ich in den letzten 15 Jahren an
verantwortlicher Stelle hautnah erlebt habe, kamen wir
uns oft vor wie auf einem Teppichbasar. Unter Verweis
auf den sogenannten externen Vergleich wurden Pflegesätze
fast völlig ohne Berücksichtigung der nachgewiesenen
tarifbedingten Personalkostensteigerungen
festgesetzt. Langwierige Verhandlungen, aufwendige
Schiedsverfahren und gar jahrelang im Raum schwebende
Sozialgerichtsverfahren haben alle Verhandlungsbeteiligten
zermürbt, haben unendlich viel Arbeitszeit
bei den Pflegeanbietern und ihren Verbänden und ebenso
bei den Pflegekassen und Sozialhilfeträgern gebunden.
Nicht einmal Tarife wie die kirchlichen Arbeitsvertragsrichtlinien,
die sich nachweislich am Tarif des öffentlichen
Dienstes orientieren, wurden bei Pflegesatzverhandlungen
anerkannt. So entstand über die Jahre ein
wirtschaftlicher Druck, der direkt beim Personal und damit
auch bei den pflegebedürftigen Menschen angekommen
ist.
(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN]: Genau!)

In der ambulanten Pflege mussten immer mehr Pflegebedürftige
von immer weniger Pflegekräften versorgt
werden. In der stationären Pflege, in der es vereinbarte
Personalschlüssel gibt und damit kein Absenken des
Personals möglich ist, gliederten immer mehr Pflegeunternehmen
einzelne Leistungsbereiche in sogenannte
Serviceunternehmen aus, um beispielsweise Reinigungskräfte
oder hauswirtschaftliches Personal untertariflich
zu bezahlen. Gute Stimmung in der Pflege macht so etwas
nicht.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/
CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ-
NEN)

Wettbewerb war in der Pflegeversicherung zwar von
Anfang an gewollt, es war aber nicht gewollt, dass die
Pflegedienste, die ihrem Personal Tarifgehälter zahlen,
dies letztlich damit bezahlen müssen, dass sich die Arbeitsbedingungen
in der Pflege und damit auch die Qualität
der Pflegeleistungen verschlechtern.
So war es ein Befreiungsschlag, aber ein längst überfälliger,
dass sich das Bundessozialgericht im Jahr 2013
nach mehreren Musterverfahren endlich dazu durchgerungen
hat, höchstrichterlich zu entscheiden, dass die
Einhaltung der Tarifbindung und die Zahlung ortsüblicher
Gehälter grundsätzlich als wirtschaftlich angemessen
zu werten sind und den Grundsätzen wirtschaftlicher
Betriebsführung entsprechen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Es ist folgerichtig, dass wir heute diese wichtige Erkenntnis
in das SGB XI aufnehmen und damit den Rahmenvertragspartnern
in den Bundesländern eine klare
Richtschnur geben.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Das ist mitnichten nur eine handwerkliche Klarstellung.
Es ist zuallererst ein fundamentaler Beitrag zur Stärkung
der Pflege.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Damit erkennen wir gute Bezahlung an, damit stärken
wir jenen Pflegediensten den Rücken, die mit verlässlichen
Arbeitsbedingungen und ordentlicher Bezahlung
ihrer Mitarbeiter eine qualitativ gute Pflege leisten; denn
sie sind diejenigen, die in unserer Gesellschaft das Ansehen
des Pflegeberufes hochhalten. Wir geben heute ein
klares Signal an die Verhandlungspartner auf Länderebene,
solche geordneten Verhältnisse anzuerkennen und
bei der Preisgestaltung einzukalkulieren. Wir senden
eine klare Botschaft an die Pflegeanbieter, ihr Personal
weiterhin nach Tarif oder kirchlichen Arbeitsvertragsrichtlinien
zu bezahlen, sich in der Pflege für Tarifbindung
in der Fläche einzusetzen und die praktizierten
Fluchtbewegungen wieder einzustellen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten
der CDU/CSU)

Wir rufen jenen Anbietern, die derzeit ihr Personal
noch nicht angemessen bezahlen – dafür gibt es leider
jede Menge schlechter Beispiele aus den Medien –, zu:
Zahlen Sie Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in
der Pflege endlich das, was ihnen für ihre wertvolle Arbeit
zusteht, nämlich ein anständiges Gehalt, auf das sie
sich verlassen können!
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten
der CDU/CSU)

Die heutige gesetzliche Klarstellung – noch dazu, wenn
sie, wie sich im Ausschuss abgezeichnet hat, einstimmig
beschlossen werden sollte – ist ein starkes Signal der
Politik an alle, denen eine würdevolle Pflege bei Krankheit
und im Alter am Herzen liegt.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten
der CDU/CSU und der Abg. Maria Klein-
Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])