Menschen mit Migrationshintergrund stehen auf dem Arbeitsmarkt statistisch deutlich schlechter dar. Der SPD-Antrag fordert daher bessere Übergänge von Schule zum Beruf, bessere Weiterbildung, bessere Anerkennung von ausländischen Bildungsabschlüssen - kurzum: wir müssen auf unserem Arbeitsmarkt Menschen mit Migrationshintergrund eine reale Chance geben.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Wenn man sich die letzte Veröffentlichung der Bundesagentur für Arbeit anschaut, besteht klar die Notwendigkeit, dass wir hier über Integration und die Verbesserung der Situation für Menschen mit Migrationshintergrund am Arbeitsmarkt debattieren. Der Statistik zufolge haben 35% der Arbeitslosen einen Migrationshintergrund. Die Hälfte davon haben keine abgeschlossene Berufsausbildung. Der Anteil der Menschen mit Migrationshintergrund an der Gesamtbevölkerung liegt laut Statistischem Bundesamt bei etwa 20 Prozent. Es ist deutlich: Menschen mit Migrationshintergrund sind in unserem Land leider häufiger arbeitslos als der Durchschnitt der Gesamtgesellschaft. Selbst diejenigen mit Migrationshintergrund, die einen Berufsabschluss haben, arbeiten oft unter ihrem Qualifikationsniveau, weil im Ausland erworbene Abschlüsse hier zu selten anerkannt werden. Das spiegelt die Realität deutlich wider, dass Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland nicht die gleichen Chancen am Arbeitsmarkt haben wie Menschen ohne Migrationshintergrund.

Bei der Diskussion über Integration darf man nicht nur an Arbeitskräfte und Wirtschaft denken, denn die gesellschaftlichen Auswirkungen von Migration und Integration müssen in den Vordergrund gestellt werden. Aber zugleich weiß ich aus meiner persönlichen Erfahrung, dass wir eine gute und funktionierende Integration in den Arbeitsmarkt brauchen, um Integration in der gesamten Gesellschaft erfolgreich gestalten zu können. Für die geleistete Arbeit genießt man Anerkennung von Seiten der Aufnahmegesellschaft, und dadurch entwickelt man ein Zugehörigkeitsgefühl zu dieser Gesellschaft. Und genau dieses Zugehörigkeitsgefühl ist der Kern einer erfolgreichen Integration.

Die Teilhabe beginnt im Bildungssektor, wo Probleme in der Schule, Schwierigkeiten beim Übergang von allgemeinbildenden Schulen in die Berufsausbildung sowie beim Übergang von der Ausbildung in den Beruf viele Jugendliche in unserem Land betreffen. Jugendliche mit Migrationshintergrund haben hier überdurchschnittlich viele Schwierigkeiten. Bei der Berufsberatung muss auf die Bandbreite der Ausbildungsberufe geachtet werden. Denn viele Jugendliche mit Migrationshintergrund konzentrieren sich auf die klassischen Berufe. Außerdem haben Jugendliche mit Migrationshintergrund bei gleichen Qualifikationen geringere Chancen auf einen Ausbildungsplatz als deutschstämmige Jugendliche, und auch in der Weiterbildung werden weniger Menschen mit Migrationshintergrund berücksichtigt. Daher muss die Förderung von Menschen mit Migrationshintergrund als ein Schwerpunkt der Arbeitsförderung verankert werden.

Einer aktuellen OECD-Studie zufolge verliert Deutschland aufgrund der unzureichenden Integration von Migranten in den Arbeitsmarkt potenzielle Mehreinnahmen in Höhe von 3,5 Milliarden Euro jährlich. Um diese Kosten der Nichtintegration zu vermeiden, brauchen wir dringend mehr konkretes Handeln für die Integration vor Ort. Die Integrationsgipfel sind dafür nicht ausreichend, denn wir brauchen mehr als nur die Schaufensterpolitik der Regierung Merkel!

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist uns allen hier von zahlreichen Studien bekannt, dass Jugendliche, die einen ausländischen Namen aufweisen, trotz gleicher oder manchmal sogar besserer Qualifikation seltener zu Vorstellungsgesprächen eingeladen werden. Deshalb brauchen wir anonyme Bewerbungen. Man soll nur die Qualifikation der Bewerber in Betracht ziehen und nicht ihre Herkunft. 

Ein anderes, zurzeit  sehr großes Hindernis der Integration am Arbeitsmarkt ist der immer noch hohe Anteil von im Ausland erworbenen Abschlüssen, die in Deutschland nicht anerkannt werden. Hier rede ich nicht nur von akademischen Abschlüssen, sondern von einer breiten Spanne von erworbenen Berufsqualifikationen. So verliert Deutschland wertvolle Arbeitskräfte. Das muss dringend geändert werden! Wir brauchen mehr Flexibilität und eine Vereinfachung des Verfahrens für die Anerkennung von ausländischen Abschlüssen sowie für die Förderung zum Nachholen eines Schulabschlusses. 

Weiterhin brauchen wir ein arbeitsmarktpolitisches Instrumentarium, das direkt an den spezifischen Bedürfnissen von Menschen mit Migrationshintergrund ausgerichtet wird. Behörden und Botschaften repräsentieren unseren Staat und seinen Umgang mit Einwanderern. Deshalb müssen die Beratungs-, Informations- und Integrationsangebote schnellstmöglich wesentlich verbessert werden. Menschen mit Migrationshintergrund müssen stärker als bisher in das Fördergeschehen einbezogen werden. Wir brauchen dringend mehr interkulturelle Kompetenz, interkulturelle Sensibilisierung sowie Qualifizierung und Begleitung des Beratungspersonals in Jobcentern, Agenturen für Arbeit und anderen Einrichtungen. Wir brauchen ein Arbeitsmarktprogramm „Perspektive MigraPlus“ ähnlich der „Perspektive 50plus“.

Besonders möchte ich das Schicksal derjenigen betonen, die in Deutschland nur mit Duldung leben. Ihnen wird viel zu lange der Zugang zum Arbeitsmarkt verwehrt. Deswegen brauchen wir dringend eine gesetzliche Garantie, dass Geduldete mit Arbeitserlaubnis von den Agenturen für Arbeit und Jobcentern beraten werden müssen. Und wir müssen diese Menschen fördern. Leider lässt Ministerin von der Leyen jedoch aktuell das ESF-Projekt zur Integration von Bleibeberechtigten und Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt trotz großer öffentlicher Kritik auslaufen! Das ist ein Fehler, denn die Daten zeigen: Wir brauchen mehr und nicht weniger Unterstützung bei der Integration in den Arbeitsmarkt!

Liebe Kolleginnen und Kollegen,  das sind nur einige der Forderungen unseres umfassenden Antrages, die dafür sorgen sollen, dass Menschen mit Migrationshintergrund mehr Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben. Integration ist etwas, das von beiden Seiten geleistet werden muss. Aber damit die eine Seite überhaupt etwas leisten kann, müssen wir als Politiker zunächst reale Chancen für die Integration in den Arbeitsmarkt für jeden in unserem Land schaffen. Die Umsetzung unserer SPD-Vorschläge ist entscheidend für eine bessere Integration von Menschen mit Migrationshintergrund in unseren Arbeitsmarkt. Denn das brauchen wir sowohl für jeden einzelnen Betroffenen, aber auch für unseren wirtschaftlichen Erfolg. Daher bitte ich um Zustimmung zu unserem Antrag.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.