Swen Schulz (Spandau) (SPD):
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Hochschulpakt ist in der Tat ein großer Erfolg, ein gemeinsamer Erfolg.

(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP sowie des Abg. Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Er ist Ausweis von Kraft und Bedeutung der Zusammenarbeit von Bund und Ländern. Hunderttausende Studienplätze werden gemeinsam finanziert. Das ist großartig. Die Kolleginnen und Kollegen von CDU/CSU und FDP werden mir nachsehen, wenn ich an dieser Stelle doch festhalte: Der Hochschulpakt wurde in der Großen Koalition gemeinsam mit uns gestartet.

(Beifall bei der SPD)

Er war vor allem nur möglich durch einen entsprechenden Artikel im Grundgesetz, der die Zusammenarbeit geregelt hat. Diesen Artikel hat die SPD-Bundestagsfraktion gegen Widerstand maßgeblich durchgesetzt. Darauf sind wir stolz.

(Beifall bei der SPD)

Der Hochschulpakt zeigt auch, dass die Kooperation von Bund und Ländern im gesamten Bildungsbereich dauerhaft auf eine breite Basis gestellt werden muss, so wie wir es vorschlagen, und nicht Stückwerk bleiben darf, wie es die Koalition will. Die Aufstockung des Hochschulpakts ist gut. Sie war allerdings jetzt auch überfällig. Leider mussten wir die Koalition an dieser Stelle immer wieder zum Jagen tragen.

(Zurufe von der CDU/CSU und der FDP: Oh!)

– Ja, das kann ich Ihnen nicht ersparen.
In den letzten Jahren hat die SPD-Fraktion allein vier Anträge gestellt: 2010, 2011, 2012, 2013. Alle wurden von der Koalition abgelehnt. Sie werden sagen: Es ist alles in Ordnung, es ist doch gut gelaufen. Ich sage: Na ja, es ist gerade noch mal gutgegangen – für den Moment. Aber das Zögern und Zaudern ist auch riskant. Es birgt auch die Gefahr des Scheiterns. Was wäre gewesen, wenn Sie sich nicht hätten einigen können? Das wäre eine Katastrophe gewesen. Diese Art, an Politik heranzugehen, gibt den Hochschulen und Studieninteressierten nicht die dringend benötigte Planungssicherheit. Das, was die Koalition macht, hat mit vorausschauender Politik, die Vertrauen schafft, nichts zu tun, sondern hat eher den Charakter des verkrampften Sichdurchwurschtelns.

(Uwe Schummer [CDU/CSU]: Das glauben Sie doch selbst nicht!)

Sie haben zwar die Pflicht erledigt; doch an den wesentlichen Stellen haben Sie nichts gemacht. Ich will hier einige Punkte nennen:
Erstens. Wie geht es denn mit dem Hochschulpakt weiter? Was ist mit der dritten Phase, Stichwort „Planungssicherheit“? Was ist mit Strukturverbesserungen? Die SPD-Fraktion hat einen Antrag für einen „Hochschulpakt Plus“ vorgelegt, der unter anderem eine Antwort auf die Frage der zunehmend fehlenden Masterstudienplätze gibt. Er enthält außerdem die Idee eines Abschlussbonus, damit nicht nur der Studienbeginn, sondern auch das erfolgreiche Studium und die gute Lehre unterstützt werden. Sie von der Koalition befassen sich damit gar nicht.
Zweitens. Was ist mit der sozialen Infrastruktur? Auch dazu gab es einen SPD-Antrag, der von der Koalition abgelehnt wurde. Hören Sie eigentlich, Kolleginnen und Kollegen von CDU/CSU und FDP, was Ihnen das Deutsche Studentenwerk und auch die Studierenden sagen? Nehmen wir einmal die Wohnsituation, die Kinderbetreuung, die Beratung und die Unterstützung. In all diesen Bereichen muss mehr passieren.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Drittens. Zum BAföG – das wurde auch vom Kollegen Rupprecht angesprochen –: Was sich rund um die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz von Bund und Ländern abgespielt hat, spottet jeder Beschreibung. Frau Wanka, Sie haben vor der GWK, vor den Gesprächen mit den Ländern, großartig medial angekündigt, Sie würden das BAföG verbessern.

(Albert Rupprecht [Weiden] [CDU/CSU]: Werden wir auch!)

Dann gab es das berühmte Kamingespräch von Bund und Ländern. Was ist da passiert? Nichts ist da passiert. Frau Wanka ist Vorschläge schuldig geblieben. Ein Arbeitskreis wurde eingerichtet. Na, bravo! Da haben Sie ja richtig was erreicht, liebe Frau Wanka. Ich glaube, Sie sind als Tigerin gesprungen, aber als Kaminvorleger gelandet.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Nicole Gohlke [DIE LINKE] – Widerspruch bei der CDU/CSU und der FDP)

Kommen Sie mir bitte nicht immer wieder mit der Ausrede, die Länder würden doch nicht wollen. Natürlich sind die Länder zurückhaltend. Sie haben finanzielle Schwierigkeiten und müssen die Schuldenbremse einhalten.

(Tankred Schipanski [CDU/CSU]: Sie sagen es ja selber: Die sind zuständig!)

Aber das BAföG ist doch ein Bundesgesetz. Da muss der Bund einen entsprechenden Vorschlag machen. Das ist überfällig.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Viertens. Der Grund für viele Schwierigkeiten in diesem Bereich ist: Sie, Frau Wanka, bekommen das nötige Geld nicht.

(Albert Rupprecht [Weiden] [CDU/CSU]: Warten Sie mal ab!)

Die mittelfristige Finanzplanung der Bundesregierung sieht in den nächsten Jahren Kürzungen von mehr als 500 Millionen Euro, über eine halbe Milliarde Euro, vor, und zwar im Bereich der Bildung.

(Albert Rupprecht [Weiden] [CDU/CSU]: 13 Milliarden mehr in dieser Legislatur! Das ist die Wahrheit!)

Darum können Sie nichts weiter machen. Wenn Sie sich hier loben, dann müssen Sie auch sagen, wo Sie das Geld für den Hochschulpakt hernehmen und an welchen Stellen es dann gegebenenfalls Einsparungen gibt. Haben wir vielleicht in der nächsten Sitzungswoche eine Aktuelle Stunde zu erwarten mit dem Titel „Vorschläge der Bundesregierung zur Kürzung im Bildungswesen“? Wahrscheinlich werden Sie sich das nicht trauen, jedenfalls nicht vor der Bundestagswahl.
Frau Wanka, damit wir uns nicht missverstehen: Ihnen persönlich ist nichts vorzuwerfen; sie sind erst jüngst in das Amt gekommen. Aber der Bundeskanzlerin Merkel muss man diese Finanzpolitik vorwerfen. Sie hat die Bildungsrepublik Deutschland geradezu einkassiert.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Michaela Noll [CDU/CSU]: 13 Milliarden mehr! Schon vergessen? – Albert Rupprecht [Weiden] [CDU/CSU]: Thema verfehlt!)

Unterm Strich: Die Aufstockung des Hochschulpakts ist gut. Aber bei der Weiterentwicklung: Fehlanzeige. Bei der sozialen Dimension: Fehlanzeige. Beim BAföG: Fehlanzeige. Und dann gibt es auch noch Kürzungen im Haushalt. Sie machen einen Schritt vor, aber vier zurück. So kommen wir nicht weiter.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Albert Rupprecht [Weiden] [CDU/CSU]: Ach Gott!)

 

 

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