Swen Schulz (Spandau) (SPD):
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei dem, was hier von der Regierung als Haushaltsplanentwurf vorgelegt wird, handelt es sich um durchaus respektable Zahlen, Frau Schavan.

(Heinz-Peter Haustein [FDP]: Richtig!)

Das muss und möchte ich sagen. Das mache ich gerne. Vieles von dem, was im Haushaltsplanentwurf steht, ist vollkommen in Ordnung.

(Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Das ist wirklich sehr fair, dass das auch mal gesagt wird!)

Das ist nicht weiter verwunderlich, weil das im Wesentlichen eine Fortschreibung dessen ist, was wir unter Rot-Grün gemacht und in der Großen Koalition mitgestaltet haben. So viel zum Thema „Same procedure as every year“.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dagmar Ziegler [SPD], an den Abg. Georg Schirmbeck [CDU/CSU] gewandt: Immer noch „fair“?)

Es stellt sich bloß die Frage, welche neuen Akzente Sie, Frau Schavan, gesetzt haben. Wenn man sich die Halbzeitbilanz anschaut und das, was Sie für das nächste Jahr vorschlagen, fällt vor allem auf, dass so richtig nichts auffällt. Sie haben hier einen ziemlich selbstgefälligen Vortrag – so würde ich das nennen – gehalten; aber das Ganze wirkt doch ziemlich uninspiriert und farblos.

(Dr. Thomas Feist [CDU/CSU]: Selbstgefällig ist das, was Gabriel macht!)

Man vermisst echte Ideen, wie wir in Sachen Bildung einen ordentlichen Schritt vorankommen können. Das sagt nicht nur die SPD. Das sagen alle. Da brauchen Sie sich gar nicht groß umzuhören. Das sagen die Sozialverbände, das sagen die Gewerkschaften, das sagen die Arbeitgeber, die Kirchen, die Wissenschaftler, die Bürgerinnen und Bürger. Die Menschen wünschen sich, dass wir im Bereich der Bildung einen ordentlichen Sprung nach vorne machen.

(Anette Hübinger [CDU/CSU]: Genau! 6 Milliarden!)

Ich will Ihre Bilanz mit der der Regierungszeit von Rot-Grün vergleichen. Wie war das damals?

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gute Zeit!)

Nachdem die Kohl-Regierung das BAföG geradezu kaputt gemacht hat, haben wir das BAföG wieder auf ein ordentliches Fundament gestellt und vorangebracht. Im Bereich der Hochschulen haben wir neue Finanzierungsinstrumente eingeführt. Vor allem haben wir mit dem Ganztagsschulprogramm einen ganz wichtigen Akzent zur Fortentwicklung der Bildung gesetzt. Das hat wirklich etwas gebracht.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

In der Großen Koalition haben wir leider sehr viel Zeit damit verbringen müssen, all diese Errungenschaften von Rot-Grün gegen die Angriffe der Union zu verteidigen.

(Dr. Thomas Feist [CDU/CSU]: Da kommen einem die Tränen!)

Aber immerhin haben wir den Hochschulpakt hinbekommen, nachdem die SPD-Bundestagsfraktion ganz allein dafür gesorgt hat, dass im Grundgesetz die Voraussetzung dafür geschaffen wurde.

(Widerspruch bei der CDU/CSU)

Ich weiß noch ganz genau, dass Frau Schavan auf ihren Händen saß und zugeschaut hat. Hinterher hat sie abgestaubt.

(Tankred Schipanski [CDU/CSU]: Blicken Sie doch einmal in die Zukunft!)

Was ist jetzt? Jetzt regieren Sie – leider ohne die SPD – mit der FDP.

(Ulla Burchardt [SPD]: Aber nicht mehr lange!)

Und was machen Sie? Als neues Instrument im Bildungsbereich bieten Sie eigentlich nur ein neues Stipendienprogramm an, das Deutschlandstipendium. Aber noch nicht einmal das läuft vernünftig. Gleichzeitig lassen Sie das BAföG, dieses wichtige, zentrale Element der Bildungsfinanzierung, links liegen.

(Albert Rupprecht [Weiden] [CDU/CSU]: Massiv ausgebaut!)

Ich habe gerade erst zu dessen 40. Geburtstag gesagt, dass an dieser Stelle nichts passiert. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Regierungskoalition, wie stellen Sie sich das vor? Hunderttausende warten darauf, dass sie eine bessere Unterstützung für ihren weiteren Bildungsweg bekommen. Was sagen Sie diesen Hunderttausenden? Bewerbt euch mal auf die ein-, zweitausend Stipendien! – Das kann es doch nun wirklich nicht sein. So geht das nicht.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn Sie schon keine eigenen Ideen haben, dann sollten Sie zumindest die Ideen von anderen aufgreifen. Die SPD hat eine ganze Menge vorgelegt: zum BAföG, zum wissenschaftlichen Nachwuchs, zum Hochschulzugang, zu Praktika, zu Ganztagsschulen, zum Föderalismus, zur beruflichen Bildung, zu Fachkräften und zu vielem anderen mehr.
Ich möchte ganz besonders auf den Hochschulpakt eingehen. Da stehen Sie, Frau Schavan, leider eher auf der Bremse. Ich erinnere an die Diskussion über die Aussetzung der Wehrpflicht. Wir von der SPD haben von Anfang an gesagt: Da muss der Bund Verantwortung übernehmen, weil durch die Aussetzung der Wehrpflicht mehr Interessenten an die Hochschulen wollen. Sie haben das noch bei den letzten Haushaltsberatungen hier vor einem Jahr abgelehnt. Sie wollten dazu nichts sagen, bis Frau Merkel den Ministerpräsidenten endlich zugesagt hat: Der Bund steht zu seiner Verantwortung.
Es ist noch viel mehr notwendig. Es gibt fast flächendeckend NCs. Viele wollen studieren – Frau Schavan, Sie haben ja gesagt: Die Studierneigung steigt –, daher muss es auch entsprechende Angebote geben. Diese müssen geschaffen werden. Wir müssen den Hochschulpakt ausbauen. Die SPD-Fraktion hat ein entsprechendes Konzept für einen „Hochschulpakt Plus“ vorgelegt. Darin enthalten ist auch ein neues Element zur Schaffung von Masterstudienplätzen; dies ist ein wichtiger Punkt. Wir brauchen auch neue Wege der Bildungsfinanzierung. Über das Modell „Geld folgt Studierenden“ sollte man nachdenken. Wir haben einen Abschlussbonus für erfolgreiche Studienabschlüsse als Anreiz für gute Lehre vorgeschlagen. Was kommt in all diesen Bereichen von Ihnen? Nichts, gar nichts, Fehlanzeige. Das ist zu wenig. Das ist Arbeitsverweigerung.

(Beifall bei der SPD)

Wir von der SPD haben ein Konzept vorgelegt, in dem jährlich 20 Milliarden Euro mehr Investitionen in die Bildung vorgesehen sind. Es ist nicht leicht, das zu verwirklichen. In diesem Konzept ist auch vorgesehen, dass wir die Steuern für diejenigen, die sehr gute Einkommen und große Vermögen haben, erhöhen. Das ist kontrovers, aber es ist eine klare Ansage zugunsten der Bildungsrepublik Deutschland.

(Beifall bei der SPD)

Wissen Sie, was Ihr Problem ist, Frau Schavan? Sie kämpfen in diesen Monaten innerparteilich um Ihr Überleben.

(Albert Rupprecht [Weiden] [CDU/CSU]: Quatsch! Ahnungsloser!)

Es geht dabei um die Frage „Hauptschule – ja oder nein?“, die übrigens in Berlin – Sie schimpfen immer so viel auf Berlin – erfolgreich beantwortet ist.

(Beifall des Abg. Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD])

Frau Schavan, Sie führen Rückzugsgefechte. Wir denken nach vorne. Das ist der Unterschied. Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

 

 

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