Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
In den letzten 20 Jahren sind die Luftemissionen deutlich reduziert worden. Das reicht aber nicht aus. Nach wie vor gibt es erhebliche negative Auswirkungen auf Umwelt und Gesundheit. Die vorgelegten Anträge von AfD und FDP zu Stickoxiden scheinen einfache Lösungen vorzusehen. Die Autohersteller, die uns hinter die Fichte geführt haben, würden sich darüber sehr freuen. Die Gesundheit der Menschen wird gefährdet. Emissionen müssen deshalb deutlich abgesenkt werden. Auch die SDGs, die Nachhaltigkeitsziele der Agenda 2030, fordern in Ziel 3 – Zitat : Ein gesundes Leben für alle Menschen jeden Alters gewährleisten und ihr Wohlergehen fördern. Zielvorgabe 3.9: Bis 2030 die Zahl der Todesfälle und Erkrankungen aufgrund gefährlicher Chemikalien und der Verschmutzung und Verunreinigung von Luft, Wasser und Boden erheblich verringern. Ich glaube, davon haben AfD und FDP noch nichts gehört. Von diesen Zielen, liebe Kolleginnen und Kollegen, sind wir noch weit entfernt.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Jetzt haben Gerichte entschieden, dass die Gesundheit der Menschen vorgeht. Fahrverbote drohen. Um die Luft in den Städten zu verbessern, hat die Bundesregierung weitreichende Beschlüsse gefasst. Damit sollen auch drohende Fahrverbote verhindert werden.
(Zurufe des Abg. Oliver Luksic [FDP])
In 65 betroffenen Städten, in denen die Messwerte bei einem Jahresmittel von 40 Mikrogramm Stickoxid liegen, soll das „Sofortprogramm Saubere Luft“ durch wichtige Maßnahmen aufgestockt werden, unter anderem: Kommunal- und Handwerkerfahrzeuge sollen in den betroffenen Gebieten technisch nachgerüstet werden. Der Bund trägt 80 Prozent der Kosten. Die Autohersteller sollen den Rest bezahlen. Es gibt 14 weitere besonders betroffene Städte, wo die Messwerte 50 Mikrogramm überschreiten. Dort sollen die Autohersteller den Fahrzeugbesitzern erstens attraktive Umstiegsprämien anbieten. Was ich dazu bisher von den Herstellern gesehen habe, ist in meinen Augen eine Frechheit, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zurufe von der FDP und der LINKEN)
Die Umstiegsprämien sind zum Teil geringer als das, was bisher an Rabatten bei Neukauf gewährt wurde.
(Zuruf von der CDU/CSU)
So erscheint vielen die Umtauschaktion wie ein wunderbares Konjunkturförderprogramm für die Autohersteller. Das dürfen wir nicht zulassen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Zweitens geht es um die technische Nachrüstung der Fahrzeuge. Leider gab es dafür seit dem Aufdecken des Dieselskandals von den CSU-Verkehrsministern Dobrindt und Scheuer, um es höflich auszudrücken, keine besonders starke Unterstützung. Herr Dobrindt hatte ja sogar noch bestritten, dass Nachrüstungen überhaupt machbar sind. Es war ein harter Kampf; jetzt wurde entschieden.
(Carsten Müller [Braunschweig] [CDU/CSU]: Was macht denn der SPD-Oberbürgermeister in Frankfurt am Main? Nichts!)
Erst einmal sollen Euro-5-Diesel eine Hardwarenachrüstung bekommen. Die Kosten einschließlich derer für den Einbau sollen die Autohersteller übernehmen. Leider hat bisher nur ein Autohersteller, Volvo, sich richtig kooperativ gezeigt. Die Reaktionen der anderen Autohersteller empören mich. Diese tun so, als hätten sie mit der Kostenübernahme nichts zu tun. Ich sehe das deutlich anders, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Die Menschen haben sich auch deshalb einen Euro-5-Diesel gekauft, weil in Verkaufsprospekten mit sauberen und umweltfreundlichen Fahrzeugen geworben wurde. Jetzt wissen wir: Das stimmt nicht. Ich bin Bankerin. Bei Finanzprodukten gilt die Prospekthaftung. Dies muss auch für Autos gelten, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Außerdem sehe ich nicht nur eine rechtliche Verpflichtung, sondern auch eine moralische. Wer will bei einem Hersteller noch ein neues Fahrzeug kaufen, wenn er sich nicht darauf verlassen kann, dass Kosten für notwendige Nachrüstungen vom Hersteller übernommen werden? Ich nicht! Thorsten Schäfer-Gümbel, der hessische SPD-Spitzenkandidat,
(Zurufe von der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Oh!)
hat es in meinen Augen richtig formuliert – ich zitiere –: Die Konzerne müssen sich ihrer Verantwortung stellen. Wer das nicht tut, den möchte ich nicht mehr bei Dienstwagen des Landes berücksichtigen.
(Carsten Müller [Braunschweig] [CDU/CSU]: Das ist keine Antwort darauf, warum Frankfurt untätig bleibt!)
Dagegen kritisiere ich den Noch-Ministerpräsidenten Volker Bouffier.
(Lachen des Abg. Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Michael GrosseBrömer [CDU/CSU]: Das ist peinlich!)
Dieser hatte vor dem Gipfel erklärt, er werde keiner Lösung zustimmen, die nicht auch für Frankfurt gilt. Jetzt wissen wir, er hat der Lösung zugestimmt, obwohl Frankfurt nicht zu den 14 Spezialstädten gehört. Für die Hardwarenachrüstung auf Kosten der Unternehmen setzt sich Herr Bouffier leider erst jetzt ein, ganz kurz vor den hessischen Wahlen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will keine autogerechte Stadt, ich will eine menschengerechte Stadt. Mein großes Ziel ist, möglichst viele Menschen zum Umstieg vom Auto auf umweltfreundliche Verkehrsmittel zu bewegen. Dazu gehört ein gut ausgestatteter, kostengünstiger Personennahverkehr, aber auch gute Bedingungen für Radfahrerinnen und Radfahrer.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns gemeinsam die Lebensbedingungen der Menschen verbessern. Die hier vorgelegten Anträge von Ihnen sind dafür nicht geeignet. Sie riskieren und bedrohen die Gesundheit und das Leben der Menschen. Deswegen werden wir die Anträge ablehnen.
Ich danke Ihnen.
(Beifall bei der SPD)