Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Ich finde, dieses Thema ist ein guter Abschluss für eine solch gute Sitzungswoche.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Das stimmt!)

Insofern Danke für das Aufsetzen des Themas! Ich erinnere mich noch an diese Anträge, bei denen über jede Rentengruppe einzeln abgestimmt worden ist und für jede Rentengruppe einzeln rentenrechtlich die 100-Prozent-Forderung gestellt worden ist. Ich finde das, was Die Linke jetzt vorgelegt hat, ist deutlich besser. Es wird eine Lösung angestrebt. Auch wenn wir die vorgeschlagene Lösung in dem Umfang nicht mittragen wollen, finde ich, ist das erst einmal ein Schritt nach vorne. Ich will an dieser Stelle noch einmal würdigen, was die Betroffenengruppen seit einigen Jahren machen. Sie haben sich zusammengesetzt, zusammengeschlossen, angefangen, miteinander darüber zu sprechen, mit was für einer Lösung sie nach so langem Kampf vielleicht zufrieden sein könnten. Sie haben damit den Weg frei gemacht, überhaupt ins Gespräch zu kommen. Diese Gespräche haben in den letzten Jahren stattgefunden. Ich habe sie als sehr gut empfunden, auch weil die Ministeriumsseite, auch weil die politische Ebene viel gesprächsbereiter war. Man ist aufeinander zugegangen. Das hat auch schon ein bisschen etwas geheilt. An manchen Stellen hat es aber auch die Unterschiede sehr deutlich gemacht. Diese Unterschiede möchte ich nicht wegreden: die Unterschiede zwischen dem, was die Betroffenengruppen sich vorstellen, und dem, was die politischen Akteure für machbar halten, was politisch vereinbart ist. Es gibt – deswegen bin ich besonders dankbar für den Antrag – jetzt heute die Gelegenheit, hier einmal über das zu sprechen, was gerade im Schwange ist, und dafür zu sorgen, dass die Informationen an der Stelle fließen. Ich möchte dem BMAS danken, dass es sich in einem zwei Jahre dauernden Prozess mit den Bundesländern abgestimmt – mit den ostdeutschen Bundesländern, insbesondere mit Thüringen und Berlin, die im Staatssekretärsausschuss mit vertreten waren – und dort ein Papier erarbeitet hat, auch wenn, damit Thüringen und Berlin zum Schluss mit an Bord sein konnten, manches im Vagen geblieben ist. Ich höre ja immer Kritik, dass da an mehreren Stellen der Buchstabe X drinsteht. Das hat den Grund, dass sich manche Bundesländer durchaus mehr wünschen. Insofern spiegele ich das, gebe ich das auch ein bisschen als Aufgabe zurück. Dann hat das BMAS in einem Eckpunktepapier erarbeitet – mit den anderen Ministerien abgestimmt –, wie man so einen Härtefallfonds im Koalitionsvertrag verankern könnte. Dieses hat es jetzt an die Länder gegeben, mit der Bitte um Prüfung und um Rückmeldung – auch noch einmal um Prüfung, um wie viele Personen es sich hier handelt. Dieses Eckpunktepapier orientiert sich am Koalitionsvertrag, geht aber durchaus auch darüber hinaus. Es geht nicht nur um Menschen, die in der Grundsicherung sind, also Grundsicherung beziehen, sondern auch um Menschen, die generell sehr niedrigere Renten bzw. Alterseinkünfte haben, bei denen also beides zusammenkommt: Sie haben in der Rentenüberleitung einer Gruppe angehört, der Nachteile entstanden sind, die als extrem harte Ungerechtigkeiten wahrgenommen worden sind, und die gleichzeitig jetzt mit sehr niedrigen Renten dasteht. Was heißt das? Das heißt, dass wir, was diesen Passus im Koalitionsvertrag angeht, eigentlich auf der Zielgeraden sind.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU – Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: So ist es!)

Viele hätten gar nicht gedacht, dass wir da überhaupt hinkommen. – Ich bekomme jetzt tatsächlich von vielen Betroffenen Rückmeldungen: Oh, das ist uns zu wenig. Ich bekomme aber von vielen auch die Rückmeldung: Hoppla, das hätten wir jetzt nicht gedacht, und wir finden es gut, dass sich hier jetzt endlich mal etwas bewegt.

(Beifall bei der SPD)

Ich bin zuversichtlich, dass wir hier nach langen Jahren der unnachgiebigen Bemühungen – vor allen Dingen der Betroffenen – hoffentlich in wenigen Monaten eine Lösung haben und den Härtefallfonds auf den Weg bringen. Das Bundesministerium sieht dafür im Rahmen einer Bund-Länder-Vereinbarung die Einrichtung einer Stiftung vor, und auch die Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedler sowie die jüdischen Zuwanderinnen und Zuwanderer sollen, wie im Koalitionsvertrag angelegt, von dieser Regelung profitieren. Die Stiftung soll dann Anträge einsammeln, sie bearbeiten und die Einmalzahlung – „xxx“ steht noch in dem Papier – auszahlen.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Ja, ich kenne das!)

Nach Vorstellung des Bundes soll der Fonds zu gleichen Teilen – und jetzt kommen wir zu einem Knackpunkt – mit Bundes- und Landesmitteln ausgestattet werden. Das heißt, der Ball liegt bei den Ländern. Die Hälfte gibt der Bund, die andere Hälfte geben die Länder – wie viel auch immer. Damit kann man dann den Fonds ausstatten. Deswegen kann ich jetzt hier vor allen Dingen auch an die Länder appellieren, eine möglichst umfassende Lösung – und ich bin für eine umfassende Lösung – möglich zu machen. Man hat ja noch Stellschrauben – insbesondere über die Definition der Gruppen, die profitieren sollen, über die Einkommenshöhe, bis zu der die Menschen profitieren sollen, und natürlich über die Höhe der Einmalzahlung. Darüber kann man steuern, wie viele profitieren, wie stark sie profitieren und damit natürlich auch, wie die Lösung empfunden wird. Hat sie eine heilende Wirkung, oder wird sie als null und nichtig empfunden? Und das entscheidet sich natürlich am Geld.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Welche Höhe stellen Sie sich vor?)

Liebe Kolleginnen und Kollegen der Linken, ich habe Thüringen und Berlin angesprochen. Sie sind in zwei ostdeutschen Landesregierungen vertreten. Anstatt uns hier zu sagen, wir müssten alles hier klären, würde ich Sie bitten, auch mit Ihren Landesvertretern zu sprechen, damit wir aus diesem Fonds etwas Gutes machen, der möglichst vielen Betroffenen hilft. Ich möchte Ihnen den Ball insofern zuspielen und da auch weiterhin gute Verhandlungen und Gespräche anbieten, als es hier jetzt wirklich darum geht, dass wir alle beweisen: Wie stehen wir dazu? Wollen wir, dass Betroffene hier profitieren? Oder sagen wir: „Im Zweifel lassen wir das jetzt mal, das ist uns nicht genug; uns ist egal, was mit den in der DDR geschiedenen Frauen, vielleicht mit den Balletttänzerinnen und Balletttänzern und anderen – Krankenhausmitarbeitenden, zum Beispiel – wird“? – Da müssen Sie in den nächsten Monaten wirklich Farbe bekennen.

(Beifall bei der SPD)

Wichtig ist aus meiner Sicht, dass wir in dieser Legislatur noch etwas zustande bringen. Ich zumindest vermag nicht abzuschätzen, inwiefern andere Konstellationen sich das Thema noch mal greifen und sagen: „Wir machen es jetzt so toll, wie Sie sich das vorstellen“, sodass das dann auch realisierbar ist. Das sage ich auch im Bewusstsein der Schwächen eines Härtefallfonds. Im SPD-Wahlprogramm stand ein Gerechtigkeitsfonds aus guten Gründen drin, weil der bei den Betroffenen natürlich deutlich besser angekommen wäre. Ich möchte mich an dieser Stelle auch noch mal an die betroffenen Gruppen wenden. Das ist ein Thema, das mich seit vielen Jahren beschäftigt – vielleicht am intensivsten –, weil ich mit ganz vielen Betroffenen intensiven Kontakt habe. Ich habe ganz viele Lebensgeschichten kennengelernt, und mein Respekt vor diesen Menschen ist massiv gewachsen. Was ich noch mal zurückspielen will, ist: Ich weiß, dass viele sehr unzufrieden sind. Aber was ich hier im Haus erlebe, ist, dass das Gefühl und der Respekt gegenüber diesen Menschen gewachsen ist, und das liegt daran, dass sich so viele Menschen für das Thema eingesetzt haben, dass sie sich für ihr eigenes Thema eingesetzt haben, dass sie gesprächsbereit geworden sind. Mit diesem Fonds werden wir hoffentlich dazu beitragen, dass dieser Respekt auch noch mal deutlicher wird und dass vor allen Dingen viele Menschen aus diesen Gruppen mit sehr wenig Einkommen wirklich noch mal etwas Manifestes auf dem Konto haben. Das haben sie auf jeden Fall verdient. Vielen Dank.