Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon von verschiedener Seite angesprochen worden, dass am Samstag das erste Flugzeug mit insgesamt 47 unbegleiteten Minderjährigen von den griechischen Inseln nach Deutschland fliegen konnte, als erster deutscher Beitrag.

(Karsten Hilse [AfD]: Wir haben sie gesehen! Mit ICIP-T-Shirts! Echt klasse!)

Ich möchte an dieser Stelle eines sagen, Luise Amtsberg: Ich verstehe, dass letztlich Verzweiflung aus den Worten spricht, dass das ein kleiner erster Schritt ist. Aber ich finde es nicht beschämend, sondern ich finde es gut, dass wir es endlich geschafft haben, im Rahmen einer europäischen Koalition diesen ersten Schritt zu gehen. Diesem Schritt müssen selbstverständlich weitere Schritte folgen.

(Beifall bei der SPD – Zuruf von der LINKEN: Wann denn?)

Als ich im Februar auf Lesbos war – die Bilder verlassen mich nicht –, habe auch ich nicht damit gerechnet, dass es noch weitere zwei Monate braucht, bis das erste Flugzeug starten kann. Ich will mich damit nicht zu sehr aufhalten, aber doch sagen: Es muss mit Widerständen zu tun haben, wenn es so lange dauert. Lieber Herr Kollege Frei, nach Ihrer heutigen Rede möchte ich einen Punkt aufgreifen, mit dem Sie in den letzten Wochen in der Öffentlichkeit aufgetreten sind. Sie haben gesagt, es wäre wirtschaftlich sehr viel sinnvoller, das Geld, das wir für unbegleitete Minderjährige in Deutschland ausgeben, dort auszugeben, wo die Menschen herkommen, weil man mit diesen Geldern dort ein Vielfaches bewirken könnte.

(Marian Wendt [CDU/CSU]: Da hat er recht!)

Lieber Herr Kollege Frei, ich stimme Ihnen da dezidiert zu – das ist eine völlig richtige Rechnung –; das Problem ist aber, dass die Kinder und die Familien auf den Inseln längst nicht mehr dort sind, wo sie herkommen. Das Problem ist, dass sie dort feststecken, unter unwürdigsten Bedingungen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen ist der Verweis auf diese Hilfe in den Herkunftsländern überhaupt nicht hilfreich.

(Thorsten Frei [CDU/CSU]: Das ist strukturell bedingt!)

Weil Sie jetzt hier so reagieren, möchte ich Folgendes ergänzen: Herr Müller, Ihr Minister – er ist gerade nicht anwesend – äußert sich öffentlich, dass es zu einer Evakuierung dieser Lager kommen muss.

(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ganz laut!)

Sie sind anscheinend dafür da, die Flanke nach rechts außen offenzuhalten oder vielmehr zu schließen. Das ist eine Arbeitsteilung, die der Notlage der Menschen in keiner Weise gerecht wird. Wir müssen unserer Verantwortung schon gemeinsam nachkommen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Lassen Sie mich zum Schluss noch das Perspektivische ansprechen. Ich möchte den Kolleginnen und Kollegen, die Anträge eingebracht haben, für die viele Arbeit ausdrücklich danken; denn wir müssen dieses europäische Asylsystem wieder in die Gänge bringen. Da hilft es uns aber eben nicht, nur kluge Gedanken aufzuschreiben, sondern wir müssen in Europa gleichzeitig mit Umsicht und Weitsicht agieren

(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist kein Widerspruch!)

und wieder den Mut stärken, zu gemeinsamen Vorgehensweisen zu kommen. Ich möchte hier darauf verweisen: Wir haben im letzten Jahr mit dem Notfallmechanismus, was die die Seenotrettung angeht, einen ersten Schritt geschafft. In der vergangenen Woche haben wir damit, dass die ersten Geflüchteten im Rahmen der Koalition der europäischen Staaten ausgeflogen werden konnten, einen zweiten Schritt geschafft. Auf diesem Weg müssen wir beherzt weitergehen, damit aus dem, was zu Papier gebracht worden ist, auch wirklich reale Politik wird, die bei den Menschen ankommt und die humanitäre Bedingungen in Europa wiederherstellt. Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)