Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Um versöhnlich anzufangen: Frau Ministerin, Sie haben von der europäischen Verantwortung im Bereich berufliche Bildung gesprochen, die wir auch für die Bildungsentwicklung in den südeuropäischen Ländern haben. Weil Sie heute in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung einen Artikel mit dem Titel „Zukunft durch Forschungsförderung“ veröffentlicht haben, will ich bewusst hinzufügen: Wir haben diese europäische Verantwortung auch in Bezug auf die Forschungsförderung.

Um das anschaulich zu machen: Müssen wir nur Projektbonds in Bezug auf das Verkehrsprojekt der Untertunnelung der Meerenge von Messina entwickeln, oder kann es auch Projektbonds in Bezug auf die Forschungsförderung bzw. Forschungsinfrastruktur in südeuropäischen Ländern geben? Denn die Einheit von Forschung und Bildung ist auch hier das Entscheidende, was wir immer zusammenhalten müssen.

Aber es kann nicht nur versöhnlich sein. Die Einheit von Forschung und Bildung bezieht sich auch auf das Thema in Ihrer heutigen FAZ-Darlegung. Es geht um Kooperation. Es geht nicht nur um die Kooperation der kleinen und größeren Unternehmen mit der Wissenschaft und die Kooperation der Hochschulen mit den außeruniversitären Forschungseinrichtungen, sondern auch um die Kooperation von Bund und Ländern in Bezug auf Bildung und Forschung. An der Stelle verweigern Sie.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist ein fundamentaler Unterschied zu uns. Denn wir sagen: Diese Bildungs- und Forschungsrepublik Deutschland braucht das Engagement und die Kraft auf allen Ebenen, die daran mitwirken können. Es wurde eben angesprochen, dass die vereinigte Wissenschaft meint, diese Grundgesetzänderung würde ihnen helfen. Die vereinte Wissenschaft ist aber klug genug, Haushaltspläne zu lesen und zu erkennen: Die Ministerin ist blank. Wenn sie jetzt für die mittelfristige Finanzplanung einen Haushalt vorlegen muss, der ein Minus aufweist, kann sie in Bezug auf die Zukunft ab 2014 nichts anbieten.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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Sie sind blank. Deshalb funktioniert Ihre Politik für die Zukunft auch nicht mehr, wenn Sie nicht realisieren, was von der OECD bis hin zur Wissenschaft in Deutschland mit eingefordert wird, nämlich für Bildung und Forschung in der mittelfristigen Entwicklung zusätzliche Mittel zu mobilisieren. Dazu gibt es von unserer Seite ein 20-Milliarden-Angebot zusätzlich für Bildung. Auf Ihr Angebot warten die Menschen noch. Wenn man zurückverfolgt, wie wir seit den legendär schlechten Tagen von Herrn Kohl und Herrn Rüttgers für Bildung und Forschung bis 1998 in den verschiedenen Legislaturperioden zusätzliche Mittel mobilisieren konnten, zeigt sich, dass es immer Umschichtungen und auch besondere Effekte gab. Unter der Regierung Schröder/Bulmahn gab es unter anderem die UMTS-Lizenzen, die einen Schub gebracht haben. In der zweiten Regierungsperiode von SPD und Bündnis 90/Die Grünen gab es dann das Bemühen, die durch den Wegfall der Eigenheimzulage eingesparten Mittel – es ging um 7,6 Milliarden Euro – forschungsrelevant werden zu lassen. Wegen Ihrer Blockade konnten wir das dann erst in der Großen Koalition realisieren. Beides zusammen hat einen gewaltigen Aufschwung für die Bildungs- und Forschungsfinanzierung gegeben.

Bei Ihnen unter Schwarz-Gelb gab es schließlich etwas, das man durchaus ambivalent betrachten darf: Die 12 Milliarden Euro werden anerkannt, aber die deutlichen Kürzungen bei der Finanzierungsbasis im Bereich der aktiven Arbeitsmarktförderung, aber auch in anderen sozialen Bereichen entsprechen nicht unserem Modell.

Sie müssen jetzt aufgrund der Ansage, dass es in der schwarz-gelben Regierungsplanung 2014 zu einem Minus für Bildung und Forschung kommt, die Frage beantworten, wie Sie die eigentlich positive Entwicklung verlängern wollen. Das geht nur, wenn Bund, Länder und Kommunen zusammen beschließen, dass wir angesichts von Schuldenbremsen, die die Länder vehement treffen würden, für jede dieser Ebenen mehr Geld mobilisieren, und zwar auch im Sinne rentierlicher Steuereinnahmen. Alles das, was wir an zusätzlichen Steuereinnahmen aus der Erbschaftsteuer, Vermögensteuer und vielleicht auch aus den Spitzensteuerbereichen gewinnen können, rentiert sich, wenn wir es in Bildung und Forschung investieren.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Es rentiert sich bei den Ländern. Denn die Länder sind immer noch die Hauptträger von Bildung und Wissenschaft. Es rentiert sich auch über den Bund.

 An der Stelle sei noch einmal daran erinnert, dass es ein großer Fehler war, dass die Bundeskanzlerin, wie es manchmal bei ihr der Fall ist – sie ist ein Chamäleon der Politik –, erst in Richtung Bildungsrepublik gelaufen ist und dann, nachdem sie den kooperativen Ton mit den Ländern nicht getroffen hat, eingeknickt ist. Seit 2009 an keiner Stelle mehr von Bildungsrepublik, Bund-Länder-Kooperation und anderem zu sprechen, war ein großer Fehler der Bundeskanzlerin. Wir dürfen und wir werden diesen Fehler von Frau Merkel nicht wiederholen.

Kollege Meinhardt, wir sind nicht so blind und so einseitig wie die Linke, die so tut, als ob alles ständig schlechter würde. Ich gestehe gerne zu, dass es auch Gutes gibt. Aber es wird nicht allein durch den Bund, sondern auch durch das massive Engagement der Kommunen, der Wirtschaft und der Länder besser. Sie von der FDP sollten nicht so tun, als gingen alle Verbesserungen auf Sie zurück.

(Albert Rupprecht [Weiden] [CDU/CSU]: Das ist die Bildungsrepublik der Kanzlerin!)

Wenn wir uns den Haushalt genau anschauen, stellen wir fest, dass die großen Positionen wie die für den Hochschulpakt, den Pakt für Forschung und Innovation, die Exzellenzinitiative bis hin zu den ebenfalls bildungsrelevanten Posten für Kurzarbeitergeld und Konjunkturprogramme Ergebnisse der Großen Koalition sind. Alle diese Posten haben diesen Haushalt nicht zementiert – so würden Sie es wohl ausdrücken –, wohl aber entscheidend vorgeprägt. Daran waren die Sozialdemokraten beteiligt.

Ich will schließlich perspektivisch eines feststellen: Wenn man sich die inhaltlichen Schwerpunkte vor Augen führt, dann ist klar, dass es eine große Übereinstimmung zwischen SPD und Grünen in Bezug auf die Förderung des Fundaments von Bildung gibt. Das kulminiert in Forderungen nach Ganztagsschulen – diese sind für vieles gut –, einer Ausbildungsgarantie – wir dürfen nicht akzeptieren, dass es 1,5 Millionen junge Menschen ohne Berufsabschluss gibt –, und einer Grundbildung, die zu einer stärkeren Alphabetisierung führt, sowie einem besseren Weiterbildungssystem in unserer Bildungsrepublik. Hochschulen müssen außerdem eine gesicherte Grundfinanzierung bekommen. Das alles bildet trotz aller Unterschiede in Nuancen das Fundament von Rot und Grün in der Bildungspolitik und stellt eine Alternative zu dem von Ihnen zu verantwortenden Minus im Jahr 2014 dar. Damit müssen Sie leben, wenn Sie keine andere Antwort finden. Wir wollen 20 Milliarden Euro zusätzlich mobilisieren. Sie sind der Meinung, dass ein Minus von 1,7 Prozent für Bildung und Forschung bereits im Jahr 2014 akzeptabel ist.

Ich komme zum Schluss. Frau Ministerin, da Sie der Literatur und den Geisteswissenschaften zugetan sind, folgende Assoziation: Mir kommt es manchmal so vor, als ob Sie frei nach Theodor Fontane ein weiblicher John Maynard sind, der über den Eriesee fährt und das brennende Schiff an das rettende Ufer bringt. Das meine ich durchaus anerkennend. Aber wie Sie wissen, nimmt diese Ballade ein trauriges Ende. Sie werden in Ehren gehen, aber Sie müssen dann auch gehen. Denn es müssen neue Kräfte kommen, die Forschung und Bildung in Deutschland – wie gesagt, Sie wollen die Verantwortung für ein eingeplantes Minus von 1,7 Prozent im Bundeshaushalt für Bildung und Forschung ab 2014 – dann wieder nach vorne führen.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Mehr Reden und weitere Information zur Arbeit des Kreis Pinneberger Abgeordneten Dr. Ernst Dieter Rossmann im Deutschen Bundestag finden sie hier.