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Manfred Zöllmer (SPD):
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Forderung, die Verursacher der Krise zur Kasse zu bitten, hatte während der Finanzmarktkrise bei allen hier im Bundestag vertretenen Parteien Hochkonjunktur. Seit den Ereignissen von 2007 haben wir hier im Bundestag vielfach über die Aufarbeitung der Finanzkrise diskutiert. Eine Vielzahl von Gesetzen wurde beschlossen, in Deutschland und ebenso in Europa und in den USA. Dieser Prozess ist noch nicht abgeschlossen, aber diese Debatte gibt eine gute Möglichkeit, ein paar Aspekte näher zu beleuchten, zum Beispiel eine Antwort auf folgende Frage zu geben: Ist es gelungen, in Deutschland die Verursacher der Krise für die Kosten der Krise zur Kasse zu bitten? Die Antwort ist einfach; sie lautet Nein.
(Beifall bei der SPD)
Das Versprechen der Kanzlerin, dies zu tun, hat sich als Falschaussage erwiesen. Nun kann man fragen: Warum soll man jemandem glauben, der permanent seine Meinung wechselt und heute dies und morgen das verkündet, wie wir es eben erlebt haben? Aus „Die Verursacher sollen für die Krise zahlen“ so wörtlich Frau Merkel wurde „Die Verursacher sollen für mögliche zukünftige Finanzmarktkrisen zahlen“ Dann ging es um die Bankenabgabe; sie sollte dies leisten. Doch wir haben sie immer noch nicht, und in der ursprünglich von der Bundesregierung intendierten Form ist es noch nicht einmal eine Versicherungslösung.
Das, was die Bundesregierung bisher vorgelegt hat, ist ein Armutszeugnis.
(Klaus-Peter Flosbach (CDU/CSU): Quatsch!)
Wie lange sollen wir eigentlich noch warten, bis zumindest eine Minimalbeteiligung des Bankensektors an zukünftigen Krisen wirklich auf den Weg gebracht wird?
(Beifall bei der SPD)
Verstecken Sie sich doch nicht hinter dem Bundesrat! Wer alle Änderungsanträge von Sozialdemokraten und Bündnis 90/Die Grünen im Ausschuss zu diesem Thema ablehnt es handelt sich um Änderungsanträge, die dafür sorgen sollten, dass die Banken substanziell, also wirklich Geld in den Rettungsfonds einzahlen , der darf sich nicht beschweren, wenn der Bundesrat nun tätig wird, um wenigstens die größten Ungerechtigkeiten der Verordnung zu beseitigen.
Der Bundesrat hat mit 16 zu 0 Stimmen solche Kompromissvorschläge auf der Basis der genannten Änderungsanträge gemacht. Wir fordern deshalb die Bundesregierung auf, alle Versuche, die Großbanken zu schonen, endlich aufzugeben und dafür zu sorgen, dass die Bankenabgabe Realität wird.
(Beifall bei der SPD)
Wir wissen, dass die Summe, die da in jedem Jahr zusammenkommt, nur dann ausreichen wird, wenn die nächste Finanzmarktkrise erst in 100 Jahren kommt.
(Klaus-Peter Flosbach (CDU/CSU): Nächste Woche! Weiß doch jeder!)
Okay, dann nehmen wir das entsprechend zu Protokoll.
(Lothar Binding (Heidelberg) (SPD): Da ist was in Planung! - Nicolette Kressl (SPD): Höchst kompetent!)
Ja, es war ein sehr kompetenter Zwischenruf; das kann ich nur bestätigen.
Nachdem die Beratungen im Finanzausschuss und im Bundestag beendet sind und der ganze Vorgang beim Bundesrat liegt, entdecken nun die Linken dieses Thema und fordern, wie wir eben gehört haben, eine neue Bankenabgabe einzuführen. Ich kann mich im Übrigen nicht an Änderungsanträge der Fraktion Die Linke im Finanzausschuss erinnern. Dort haben sie die Bankenabgabe nur abgelehnt. Nun kann man ja sagen, besser zu spät als nie; aber im Bundesrat haben alle Länder den Kompromissvorschlägen zur Bankenabgabe zugestimmt, auch die Länder mit Regierungsbeteiligung der Linken.
(Beifall bei der SPD)
Nun kann man fragen: Was soll dieser Antrag? Wollen Sie von dieser Zustimmung ablenken, wollen Sie von der Antisemitismusdebatte ablenken, haben Sie auf der fraktionsinternen Resterampe für Anträge noch einmal nachgeschaut und etwas gefunden, was Sie schon einmal beiseite gelegt haben, was aber für diese Zwecke immer noch geht?
(Dr. h. c. Hans Michelbach (CDU/CSU): Die Schallplatte von Frau Wagenknecht ist immer die gleiche!)
Ja, das weiß ich. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Linken, seriöse Politik geht nun wirklich anders.
Es gibt ein Instrument, das eine Beteiligung des Finanzsektors insgesamt, nicht nur der Banken, an den Kosten der Krisen sicherstellte. Das ist die Finanztransaktionsteuer, die Sie auch in Ihrem Antrag fordern. Wer sich anschaut, wie die Bundesregierung bisher mit diesem Thema umgegangen ist, der kommt ins Staunen. Es ging nach dem Motto: rin in die Kartoffeln, raus aus denselben. In der Regierung ging das dann so, dass sich der Finanzminister gegen den Wirtschaftsminister positionierte und Teile der CDU gegen die FDP agierten; dann wurde es in die Haushaltsplanung übernommen und anschließend wieder aus der Haushaltsplanung herausgeschmissen. Vor kurzem hatten wir noch eine Debatte im Bundestag zu diesem Thema. Dies alles ist wirklich der Beleg dafür, dass wir es hier nicht mit einer seriösen Regierung, sondern mit einer Chaostruppe zu tun haben.
(Beifall bei der SPD)
Es gab und gibt viel Widerstand. Aber es ist Bewegung in diesem Thema. Dieses Thema ist ein sehr gutes Beispiel für die Aussage, dass Politik das hartnäckige Bohren dicker Bretter ist; das ist wirklich ein ganz dickes Brett. Viele Bürgerinnen und Bürger, viele Abgeordnete auf unterschiedlichen Ebenen, viele zivilgesellschaftliche Gruppen arbeiten an diesem Thema und fordern die tatsächliche Einführung einer Finanztransaktionsteuer. Dieser Druck zeigt Wirkung. Wir haben eben gehört, dass es Bewegung in Europa gibt. Wir hoffen, dass diese Bewegung auch in die richtige Richtung geht; dann werden wir es nachdrücklich unterstützen.
Auf der anderen Seite sehen wir, dass die Versuche, die Finanztransaktionsteuer zu diskreditieren, in sich zusammenbrechen. Die Riester-Renten-Lüge, also die Behauptung, mit dieser Steuer würden die kleinen Riester-Sparer getroffen, ist in sich zusammengefallen. Dann gibt es immer die Warnung vor der Abwanderung der Finanzmärkte nach Asien. Herr Kollege Flosbach hat es eben schon angesprochen: In Singapur und in Hongkong gibt es eine Stamp Tax, in Hongkong ist sie sogar so ausgestaltet, dass sie der Finanztransaktionsteuer sehr nahe kommt. Bei den Gesprächen, die wir als Finanzausschussmitglieder dort geführt haben, ist deutlich geworden, dass der Chef der Börse die Wirkung der Finanztransaktionsteuer ausdrücklich begrüßt hat. Er hat gesagt, sie habe ein dämpfende Wirkung auf die Finanzmärkte, auch gebe es keine Probleme mit dem High Frequenzy Trading.
Wir fordern deshalb, dass sich die Bundesregierung und die Koalitionsfraktionen ohne Wenn und Aber für die Implementierung der Finanztransaktionsteuer einsetzen. Dann hätten wir wirklich eine Beteiligung der Verursacher an den Kosten der Krise. Unsere Unterstützung in dieser Frage haben Sie.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD)