Die Projektgruppe 5 wurde von Schwarz-Gelb – bewusst oder unbewusst – zeitlich stark eingeschränkt. Durch die Ausdehnung der Beratungszeit der vorangegangenen Projektgruppen, insbesondere der konservativ geleiteten Projektgruppen 1 und 2, und der zeitlichen Starrheit auf Seiten von CDU/CSU und FDP, blieben der Projektgruppe 5 nur wenige Sitzungstermine. Daraus resultiert, dass der Bericht der Projektgruppe einen eher problembeschreibenden denn einen problemlösenden Charakter hat. Der Debatte über den Bericht stand voran, dass man sich einig darüber war, sich aus zeitlichen Gründen nicht einigen zu können. Konkrete Handlungsempfehlungen wurden nicht erarbeitet, sondern ein Strauß von Möglichkeiten ist im Text wiedergegeben.

Um die Arbeitswelt zukunftsfähig zu gestalten, ist aus Sicht der Projektgruppe die Verbesserung von Bildung und Ausbildung nötig, die den Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit stärker als bislang integrieren muss. Angesichts der politischen Gegensätze zwischen allen Fraktionen war jedoch ein Konsens über konkrete Forderungen, wie etwa der Appell zur Förderung der Erwerbstätigkeit von Frauen, nur in wenigen Fällen möglich.

Der verabschiedete Bericht präsentiert drei unterschiedliche Modelle einer "zukunftsfähigen Arbeit", an denen sich die Debatte künftig orientieren soll:

Typ 1, der vor allem Schwarz-Gelb zuzuordnen ist, hält vor dem Hintergrund von demografischem Wandel, Globalisierung und Fachkräftemangel eine Ausdehnung der Erwerbsarbeit etwa durch eine Erhöhung der Lebensarbeitszeit für nötig und plädiert auch für Flexibilisierung im Berufsleben. Kurzum, alle Lasten sollen auf den Arbeitnehmer abgeladen werden.

Wir Sozialdemokraten favorisieren Typ 2. Wir zielen dabei auf "Vollbeschäftigung in qualitativ hochwertiger Arbeit" ab, eine Ausweitung des gesamten Arbeitsvolumens lehnen wir ab und befürworten eine ausgeglichenere Verteilung der Arbeitszeit zwischen Männern und Frauen. Wir orientieren uns ganz klar an der Forderung des DGB zur „Guten Arbeit“. Zudem fordern wir, dass neue Arbeitszeitmodelle erprobt und umgesetzt werden müssen. Wir wollen, z. B. mit der „kleinen Vollzeit“ (30 Stunden pro Woche) die Selbstbestimmtheit der Arbeitnehmer über ihre (Frei-)Zeit erhöhen. Wir wollen damit ehrenamtliches, gesellschaftliches und familiäres Engagement fördern.

Anklang besonders bei der Linken und bei den Grünen findet Typ 3 unter dem Motto "Das Ganze der Arbeit zukunftsfähig gestalten": Dieser Entwurf will unter anderem unbezahlte Tätigkeiten wie bürgerschaftliches Engagement oder soziale Sorgearbeit stärker in den Begriff von Erwerbsarbeit integrieren. Besonders die Elemente des Grundeinkommens lehnen wir bei Typ 3 jedoch ab, da es die Geschlechterteilung der Arbeitswelt zementiert.

Vor der Verabschiedung des Berichts, der auch Vorschläge für eine nachhaltige Ausrichtung des Konsumverhaltens und von Lebensstilen macht, wurde in der Debatte auch Kritik laut. So bedauerte der Sachverständige Prof. Dr. André Habisch, dass die drei Konzepte über eine "zukunftsfähige Arbeit" letztlich einfach nur als verschiedene Alternativen präsentiert werden.

Der Sachverständige Dr. Norbert Reuter von der Gewerkschaft Verdi monierte, dass sich im Text nichts Konkretes zum Mindestlohn finde, "einem gesellschaftlichen Thema ersten Ranges". In der Tat heißt es in dem Bericht nur knapp, die Frage von Lohnuntergrenzen sei debattiert worden, "ohne allerdings neue Befunde und Erkenntnisse zu ergeben".

Der Sachverständige Dietmar Hexel vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) kritisierte, das Papier setze sich nicht mit dem Problem auseinander, dass viele Arbeitnehmer nicht von ihrer Berufstätigkeit leben könnten und arm blieben. Hexel beklagte zudem, dass Konzepte zur Mitbestimmung nicht näher erläutert würden.

Die Vorsitzende der Projektgruppe Sabine Leidig nannte drei wesentliche Ziele einer auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Politik. Den Berufstätigen solle die Ausübung einer "qualitativ hochwertigen Arbeit" ermöglicht werden. Alle Verbraucher müssten die Chance haben, einen nachhaltigen Konsum zu praktizieren. Schließlich sollten allen Bürgern "attraktive Lebensstile" ermöglicht werden, die allerdings die Belange anderer nicht beeinträchtigten dürften, etwa kommender Generationen oder der Bewohner von Entwicklungsländern. Leidig räumte ein, dass die Entscheidung über Lebensstile eine individuelle Angelegenheit sei, auf deren Ausprägung der Staat aber über die Schaffung von Rahmenbedingungen Einfluss nehme.

 

Dokumente

Tagesordnung:
http://www.bundestag.de/bundestag/gremien/enquete/wachstum/tagesordnungen/archiv/30-_18_03_2013.pdf

Berichtsentwurf:
http://www.bundestag.de/bundestag/gremien/enquete/wachstum/Kommissionsdrucksachen/100_PG5_Gesamtbericht.pdf

Ergänzung zum Berichtsentwurf:
http://www.bundestag.de/bundestag/gremien/enquete/wachstum/Kommissionsdrucksachen/103_PG5_Gesamtbericht_Prof__Brand.pdf

Sondervotum Werbung:
http://www.bundestag.de/bundestag/gremien/enquete/wachstum/Kommissionsdrucksachen/106_PG5_Sondervot_werbung_ub_dk_15maerz_f.pdf

Sondervotum Mindestlohn:
http://www.bundestag.de/bundestag/gremien/enquete/wachstum/Kommissionsdrucksachen/114_PG5_Sondervotum_Mindestlohn.pdf

Sondervotum Mitarbeiterkapitalbeteiligung:
http://www.bundestag.de/bundestag/gremien/enquete/wachstum/Kommissionsdrucksachen/115_PG5_Sondervotum_Kapitalbeteiligung.pdf