Die Koalition hat vereinbart, Kindern von Zuwanderern die doppelte Staatsangehörigkeit zu gewähren, sofern sie in Deutschland geboren und hier aufgewachsen sind. Diese doppelte Staatsbürgerschaft ist ein ganz wesentlicher Meilenstein für ein modernes Staatsbürgerschaftsrecht.

Thomas Oppermann, Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion, sagte am Dienstag vor der Presse: „Wir können stolz darauf sein, dass wir Sozialdemokraten die doppelte Staatsbürgerschaft in den Koalitionsverhandlungen durchgesetzt haben. Wie in anderen Politikfeldern auch mussten wir dabei Kompromisse eingehen.“ Denn Kompromisse seien „der Wesenskern einer Koalition“.

Hintergrund ist eine Initiative dreier Bundesländer, die eine vollständige doppelte Staatsbürgerschaft für alle Menschen mit ausländischem Hintergrund ohne Einschränkung fordern. Der Kompromiss im Koalitionsvertrag ist die Maßgabe ‚in Deutschland aufgewachsen‘. Nun geht es um die Auslegung dieser Formulierung.

Für die SPD-Bundestagsfraktion ist klar: Der Koalitionsvertrag ist die Grundlage für das Handeln von Bundesregierung und Regierungsfraktionen. Das Kriterium, dass jemand in Deutschland aufgewachsen sein muss, um die doppelte Staatsbürgerschaft zu erhalten, muss dabei so umgesetzt werden, dass unnötige bürokratische Hürden vermieden werden.

Das bekräftigte auch SPD-Fraktionsvizin Eva Högl in der Aktuellen Stunde am Mittwoch. "Es darf keine Deutschen auf Probe geben", sagte Högl. Die Koalition werde baldmöglichst eine "partnerschaftliche und sachliche Lösung" präsentieren, wie die Formulierung aus dem Koalitionsvertrag 'in Deutschland aufgewachsen' zu definieren ist.

Der Abgeordnete Uli Grötsch merkte an, dass es rund zwanzig Jahre gedauert habe, die jetzige Lösung überhaupt möglich zu machen. Damit sei bereits "ein großes gesellschaftliches Ziel erreicht".

Ein Gesetzentwurf des Bundesinnenministeriums befindet sich nun in der sogenannten Ressortabstimmung innerhalb der Bundesregierung. Thomas Oppermann ist ebenfalls optimistisch: „Ich bin mir sicher, wir werden zu einer vernünftigen, unbürokratischen Lösung kommen.“

Christine Lambrecht, Fraktionsgeschäftsführerin der SPD im Bundestag, sagte, die Regelung im Koalitionsvertrag bringe „90 Prozent derer, die sich entscheiden müssen, eine Verbesserung“. Diskutiert wird momentan noch, wie die Formulierung des Koalitionsvertrages (in Deutschland geborene und aufgewachsene Kinder) rechtlich realisiert werden kann.

Der „Optionszwang“, sich für eine Staatsangehörigkeit entscheiden zu müssen, galt bislang unter bestimmten Voraussetzungen automatisch für alle ab dem Jahr 2000 in Deutschland geborenen Kinder von ausländischen Eltern. Für Kinder, die zwischen 1990 und 2000 geboren wurden, mussten die Eltern einen Antrag auf Option stellen. Die optionspflichtigen Kinder erhalten mit der Geburt die deutsche Staatsbürgerschaft und die ausländische Staatsbürgerschaft ihrer Eltern, müssen sich aber nach geltendem Recht zwischen dem 18. und dem 23. Lebensjahr für eine der beiden Staatsangehörigkeiten entscheiden.

Durch eine Abschaffung der Optionspflicht werden über die kommenden Jahre Hunderttausende junge Deutsche von dieser belastenden Entscheidung und dem Risiko, mit der Volljährigkeit wieder zu Ausländern gemacht zu werden, befreit.

Alexander Linden