Cher Claude Bartolone,
Cher Bruno Le Roux,
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
Chers amis,
ich begrüße Euch ganz herzlich im Fraktionssaal der Sozialdemokraten im Deutschen Bundestag!
Wir feiern heute in diesem hohen Haus den 50-jährigen Geburtstag des Elysée-Vertrags. Dieses Jubiläum ist das Fest der Versöhnung zweier Völker, die Erinnerung an die Überwindung einer jahrhundertelangen Erbfeindschaft. Es ist ein in der ganzen Welt bewundertes Beispiel dafür, dass aus der Asche von Kriegen und aus Hass Frieden und Partnerschaft wachsen kann. Vor allem jedoch ist heute ein Fest der Freundschaft!
Für uns Sozialdemokraten reicht diese Freundschaft weit über die 50 Jahre hinaus, an die wir heute erinnern!
Wir Ihr wisst, feiert die deutsche SPD in diesem Jahr ihren 150-jährigen Geburtstag! In diesen 150 Jahren haben wir stets eng und vertrauensvoll mit den Genossinnen und Genossen aus Frankreich zusammengearbeitet und miteinander gekämpft. Für die Überwindung sozialer Ungleichheit. Für soziale Gerechtigkeit. Für Frieden. Und für ein vereintes Europa.
Ich will an dieser Stelle an zwei Momente dieser 150 Jahre erinnern, in denen Ihr, liebe Freunde fest an unserer Seite gestanden seid.
Dieser Saal, in dem wir hier stehen, trägt den Namen von Otto Wels. Otto Wels war der Vorsitzende des SPD, als die Regierung Hitler vor 80 Jahren, am 23. März 1933, über das Ermächtigungsgesetz im Reichstag abstimmen ließ und damit den Weg für ihre diktatorische Herrschaft bereitete.
Otto Wels trat in der damaligen Parlamentssitzung allen Bedrohungen zum Trotz ans Rednerpult und erklärte, dass seine Partei, die SPD, als einzige gegen die faktische Selbstentmachtung des Parlamentes stimmen werde. Es war die letzte freiheitliche Rede, die bis zum Ende der NS-Zeit von einem deutschen Parlamentarier gehalten wurde.
Sie gipfelte in den Worten: „Freiheit und Leben kann man uns nehmen, die Ehre nicht!“.
Nach dieser Rede wurde ihm die deutsche Staatsangehörigkeit aberkannt, die SPD wurde als Partei verboten und er musste ins Exil. Dieses fand er in Paris. Frankreich hat ihn, wie so viele andere deutsche Genossinnen und Genossen aufgenommen. Unsere französischen Freunde haben ihnen nicht die Heimat ersetzen können, aber ihnen ein Zuhause gegeben.
Otto Wels hat das Ende der Nazi-Diktatur nicht mehr erlebt. Er starb 1939 in Paris. Umso berührender finde ich es, dass wir an dem Ort, an dem Otto vor 80 Jahren seine mutigen Worte sprach, nun heute gemeinsam unsere Freundschaft feiern. Ihr standet in der dunkelsten Stunde der Geschichte der SPD fest zu uns – das haben wir nicht vergessen!
Genauso wenig haben wir vergessen, dass es rund 40 Jahre später ein Franzose war, ein Sozialist, der den Menschen aus Ostdeutschland als erster die Tür nach Europa öffnete.
In einer kalten Winternacht im November 1989 feierte Deutschland nur wenige Meter von hier zum zweiten Mal in nur einem Jahrhundert das Ende einer Diktatur: auf den Ruinen der Berliner Mauer tanzten die Menschen aus Ost- und West Berlin. Sie hatten den Kalten Krieg beendet, den Eisernen Vorhang zu Fall gebracht. Mit dem stillen Ruf nach Freiheit und mit nächtlichen Märschen im Kerzenlicht. Ohne Kanonen. Ohne einen einzigen Schuss!
In diesem Winter der Jahre 1989 / 1990, als viele in Europa noch nicht so Recht wussten, was sie mit diesem neuen Deutschland anfangen sollten, war es unser Freund aus Frankreich, Jacques Delors, der als damaliger Präsident der Europäischen Kommission seine Stimme erhob. Er bot als erster führender Politiker Europas den Menschen aus Ostdeutschland eine Heimat in Europa an – wenn sie diese denn wollten.
Ein Mann, dem der Krieg gegen Deutschland fast den Vater genommen hat, öffnete uns Deutschen die Tür zur Freiheit! Das hat mich tief berührt – und das war mit ein Grund dafür, warum wir Jacques Delors als Ratgeber zu uns eingeladen haben im letzten Sommer, als es galt, für dieses Europa schwierige Entscheidungen zu treffen.
Chers amis, gemeinsam haben wir viel durchgestanden. Und gemeinsam haben wir gerade auch in den letzten Jahren viele Initiativen auf den Weg gebracht, die in der größten Krise Europas wichtige Anstöße deren Überwindung gegeben haben. Ob Wachstumspakt oder Finanzmarkttransaktions-steuer – ohne den Schulterschluss zwischen Sozialisten und Sozialdemokraten hätte es diese Meilensteine nicht gegeben.
Für diese Zusammenarbeit, für Euer Vertrauen und vor allem Eure Freundschaft will ich Euch ganz herzlich danken! Und zwar nicht nur für die Freundschaft der letzten 50, sondern der letzten 150 Jahre!
Ich wünsche Euch und uns allen einen unvergesslichen Tag! Und vor allem wünsche ich mir, dass Ihr gemeinsam in diesem Herbst mit uns feiert, wenn wir Eurem guten Beispiel folgen und dieses Land wieder von einem Sozialdemokraten regieren lassen!