Wir alle sind nach einem gut verhandelten Koalitionsvertrag und einem überzeugenden Mitgliedervotum in die wohlverdiente Weihnachtspause gegangen. In diesen Wochen waren wir aber mitunter mit Debattenbeiträgen – etwa zur Zuwanderung und zum Mindestlohn – konfrontiert, aus denen ich vor allem eine Folgerung ziehe: Wir sollten uns jetzt zusammen ans gemeinsame Regieren machen und den Koalitionsvertrag umsetzen. Denn dafür sind wir gewählt worden. Wo es Differenzen zwischen den Koalitionspartnern gibt, müssen sie natürlich in aller Sachlichkeit diskutiert werden. Aber dabei muss deutlich bleiben: Es geht nicht ums Streiten, sondern darum, gemeinsam Lösungen zu finden. In diesem Sinne nutze ich die Gelegenheit, nochmals auf einige der diskutierten Themen einzugehen.
Ausnahmen beim Mindestlohn
In der Debatte über Ausnahmen beim Mindestlohn rate ich zur Gelassenheit. Der Koalitionsvertrag ist eindeutig: Der einheitliche gesetzliche Mindestlohn in Höhe von 8,50 Euro kommt zum 1.1.2015 mit den bekannten Übergangsfristen bis längstens Ende 2016. Sinnvolle Ausnahmen vom Mindestlohn sind vorgesehen für Ausbildungsverhältnisse nach dem Berufsbildungsgesetz sowie für Pflichtpraktika im Rahmen einer Ausbildung. Im Übrigen wird es keine Durchlöcherung unserer Grundsätze geben: Wer regulär vollzeitbeschäftigt ist, muss davon anständig leben können. Und: Unfaire Wettbewerbsvorteile für Arbeitgeber, die ihre Niedrigstlöhne dann von der Arbeitsagentur subventionieren lassen, darf es nicht länger geben. Die wirtschaftliche und politische Bedeutung des Mindestlohns haben wir mit großem Erfolg in den Koalitionsverhandlungen und mit dem Mitgliedervotum deutlich gemacht. All dies sollten wir uns jetzt bewahren und deshalb von Forderungen nach weiteren Ausnahmen ebenso klaren Abstand halten wie von Forderungen, die bereits jetzt einen wesentlich höheren Mindestlohn einfordern.
Zuwanderung aus der EU
Seit dem 1. Januar 2014 gilt auch für Bulgarien und Rumänien die volle Arbeitnehmerfreizügigkeit in der Europäischen Union. Die Debatte über die Inanspruchnahme von Sozialleistungen durch EU-Bürger müssen wir in aller Sachlichkeit führen, ohne Ressentiments zu schüren. Eines ist klar: Einwandererinnen und Einwanderer sind ein Gewinn für Deutschland und unsere Wirtschaft. Wo aber Sozialleistungen zu Unrecht beansprucht werden, muss dies unterbunden werden. Gegenüber der EU-Kommission halten wir daran fest: EU-Ausländer, die in Deutschland nicht arbeiten, haben grundsätzlich keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld II. Wo es vor Ort Probleme gibt, gehen wir sie an. Im Koalitionsvertrag haben wir dazu festgehalten: Wir unterstützen die Kommunen bei der Integration der Zuwanderinnen und Zuwanderer und stocken unter anderem das Förderprogramm „Soziale Stadt“ auf.
Vorratsdatenspeicherung
Die Koalitionsvereinbarung ist eindeutig: Wir werden die EU-Richtlinie umsetzen, aus Koalitionstreue, aber auch weil uns das europäische Recht dazu verpflichtet. Gleichzeitig setzen wir uns auf EU-Ebene für eine Verkürzung der Speicherfrist auf drei Monate ein. Wir sind aber mit unserm Minister Heiko Maas der Auffassung, dass es sinnvoll ist, mit dem Gesetzentwurf abzuwarten, bis der Europäische Gerichtshof entschieden hat. Dies ist aller Voraussicht nach noch vor Ostern der Fall. Es geht also nicht darum, das Thema auf die lange Bank zu schieben, sondern unnötige Verzögerungen zu vermeiden. Wir wollen verhindern, dass wir nach dem EuGH-Urteil das Gesetzgebungsverfahren wieder neu aufrollen müssen.
Karenzzeiten
Die Bewerbung des ehemaligen Chefs des Bundeskanzleramts Ronald Pofalla (CDU) für einen Vorstandsposten der Deutschen Bahn ist ziemlich verunglückt. Viele Menschen fragen sich zu Recht, warum ein Politiker, der mit Rücksicht auf seine Familie kürzer treten will, sich gleichzeitig für eine solch aufreibende Aufgabe bewirbt. Klar ist: Wir brauchen mehr Wechsel von der Politik in die Wirtschaft und umgekehrt. Interessenskollisionen müssen aber vermieden werden. Wir sind uns in der Koalition deshalb einig, dass eine angemessene Regelung für Karenzzeiten nötig ist. Wir tendieren zu 18 Monaten, die Union erachtet eine Sechsmonatsfrist als ausreichend. Ein vernünftiger Kompromiss könnte bei zwölf Monaten liegen.