In ihrer Begrüßung machte Sabine Bätzing-Lichtenthäler, die gemeinsam mit Franz Müntefering die Projektgruppe Generationenpolitik der SPD-Bundestagsfraktion leitet, deutlich, dass es der Fraktion darum gehe, den demografischen Wandel als ein Miteinander der Generationen in einer Gesellschaft, in der es sozial gerecht zugeht, zu gestalten. Die Bundesregierung habe den demografischen Wandel nicht mehr im Blick. Der demografische Wandel setze voraus, dass ressortübergreifend zusammengearbeitet werde und vor allem auch zwischen Bund, Ländern und Gemeinden.

„Die Kommunen spüren den demografischen Wandel zuerst. Sie müssen handeln und ihn managen“, sagte SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier in seinem Statement. Programme des Bundes, die einen wichtigen Beitrag zur sozialen Entwicklung von Städten und Gemeinden beigetragen hätten, habe der zuständige Bundesminister Ramsauer zusammengestrichen. Und das offensichtlich ohne zu wissen, was er damit anrichtet fügte Steinmeier hinzu.

Kommunen müssen sich regional zusammentun

Die Kommunen vor allem in strukturschwachen Regionen seien allein nicht in der Lage, die besonderen Herausforderungen durch den demografischen Wandel anzupacken. Die Aufgaben müssten vielmehr durch eine verstärkte Zusammenarbeit der Kommunen innerhalb einer Region gelöst werden. Außerdem müssten die finanzielle Handlungsfähigkeit der Kommunen und Regionen durch Bund und Länder kontinuierlich sichergestellt werden, berichtete Dr. Matthias Bernt vom Leibniz-Institut für Regionalentwicklung und Strukturplanung (IRS) in Erkner (Brandenburg).

Politik muss richtige Rahmenbedingungen setzen

Zudem sei der demografische Wandel eine Chance und kein Horrorszenario. Die Politik müsse dafür die richtigen Rahmenbedingungen setzen. Keine Kommune sei wie die andere. Die Menschen vor Ort müssten zusammengebracht und vernetzt werden. Ein gutes Zusammenspiel der professionellen mit der ehrenamtlichen Ebene sei hierfür essentiell. Dabei dürfe allerdings das bürgerschaftliche Engagement nie ein Ersatz für staatliches Handeln sein, sondern lediglich eine Ergänzung. Mit Bund und Ländern müsse ein Dialog über Pflichten und freiwillige Aufgaben geführt werden. Dabei sei die Föderalismusreform in der vergangenen Legislaturperiode nicht hilfreich gewesen. Jetzt die Abschaffung des Finanzausgleichs zu diskutieren sei falsch. Wenn den Kommunen nicht geholfen werde, dann würde dies zu mehr Wegzügen in schrumpfenden Regionen führen. Wirtschaftliches Wachstum und Arbeitsplätze seien entscheidend für die kommunale Entwicklung. Jeder Landkreis brauche seinen Wachstumskern, gab Tim Kähler, Erster Beigeordneter der Stadt Bielefeld und Sozialdezernent zu bedenken.

Die Regionen brauchen eine solidarische Raumordnungsstrategie

Vor allem schrumpfende Regionen mit abnehmender Bevölkerung hätten mit enormen Herausforderungen zu kämpfen: Es existiere eine mangelnde Ausgewogenheit in der Bevölkerung. Zu vielen älteren Menschen stünden zu wenig Nachwuchskräfte gegenüber. Das schwäche die Wirtschafts- und Finanzkraft der Kommunen. Durch den Wegzug entstehe Leerstand von Gebäuden. Dazu komme, dass sich technische Infrastruktur nur sehr schwer an schrumpfende Bevölkerungszahlen anpassen lasse. Politik könne den demografischen Wandel nicht aufhalten, aber auffangen. Der neoliberale und ruinöse Wettbewerb der Regionen, hätte zum Absturz von Regionen geführt. Sie bräuchten vielmehr eine solidarische Raumordnungsstrategie. So könnten gerade die Bildungs- und Gesundheitspolitik sowie die Wohnungs- und Siedlungspolitik regional abgestimmt werden. Gleiches treffe auf die Planung Verkehrspolitik zu, die die Mobilität der älter werdenden Bevölkerung durch den ÖPNV aufrecht erhalten müsse. In der Energiepolitik ergebe sich für die Kommunen durch die Erneuerbaren Energien, die Chance für eine autarke Energieversorgung, erläuterte Bernhard Reuter, Landrat Landkreis Göttingen.

Wohnen muss bezahlbar bleiben

In Bezug auf den Wohnungsbau ständen die Kommunen heute vor den Aufgaben des Zubaus, Umbaus und Rückbaus, je nachdem ob es sich um eine wachsende oder schrumpfende Region Kommune oder Region handeln würde. Die Mittel der Städtebauförderung des Bundes, die die schwarz-gelbe Regierung massiv gekürzt hat kommen nicht nur den Großstädten, sondern auch den kleinen und mittleren Städten zugute.
Es gehe darum, auch in Zukunft trotz steigender Anforderungen durch die energetische Sanierung und den alternsgerechten Wohnungsumbau dafür zu sorgen, dass Wohnen auch in Zukunft bezahlbar bleibe. Deshalb solle die energetische Sanierung künftig auch in der Städtebauförderung Berücksichtigung finden, forderte Dr. Christian Lieberknecht vom Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW).

Kommunale Ver- und Entsorger müssen Rück- und Aufbau schultern

Auch die kommunalen Ver- und Entsorgungsunternehmen ständen in den Bereichen der Energie- und Wasserversorgung sowie bei der Wasser- und Abfallentsorgung vor großen Veränderungen vor allem in den ländlichen Regionen im Osten Deutschlands. Dort sei in den 1990er Jahren bei der damaligen Annahme von Bevölkerungswachstum die Wasserver- und -entsorgung ausgebaut worden. Heute müssten dort die Betriebe durch den Wegzug von Industrie und privaten Haushalten die Rohre spülen, damit eine gesunde Wasserversorgung bei geringerem Verbrauch gewährleistet werden kann. Außerdem müsse Infrastruktur in der Wärmeversorgung, wofür Mittel durch den Stadtumbau-Ost zur Verfügung gestellt würden, zurück gebaut werden. Durch die Energiewende kämen weitere Aufgaben auf die kommunalen Versorger zu: Durch die dezentrale Energieerzeugung müsste eine neue Leitungsinfrastruktur entstehen. Das bedeute, dass auf viele Kommunen in Ostdeutschland Kosten für den Rück- und Aufbau zukämen. Auch hier gehe es darum durch Kooperationen Synergien zu erschließen, um die Kosten in einem maßvollen Rahmen zu halten. So stellte Michael Wübbels vom Verband kommunaler Unternehmen die Situation der kommunalen Ver- und Entsorgungsunternehmen dar.

Die „Soziale Stadt“ zum Leitprogramm in der Städtebauförderung machen

Die SPD-Fraktion halte am Ziel der gleichwertigen Lebensverhältnisse in unserem Land fest. Investitionen in Infrastruktur müssten nicht nur in „Gewinnerregionen“ geleistet werden, sondern auch in schrumpfenden Regionen. Dies gelänge nur durch mehr interkommunale Kooperation. Manches müsse, um das Gesamtangebot erhalten zu können, dezentralisiert werden. So gebe es im Bereich des ÖPNV durch Anruf- und Sammeltaxis bereits flexible Lösungen in ländlichen Gebieten. Der Bund sei in der Pflicht, die Aufwendungen für die öffentliche Daseinsvorsorge durch die Herstellung der finanziellen Handlungsfähigkeit der Kommunen sicher zu stellen. Die schwarz-gelben Kürzungen im Bereich der Städtebauförderung und vor allem beim Programm „Soziale Stadt“ seien ideologisch motiviert. Vor allem die Streichung der nicht investiven sozialen Maßnahmen, hätte dem innovativen, ressortübergreifenden Ansatz geschadet. Deshalb wolle die SPD-Bundestagsfraktion die Mittel für das Programm auf 150 Millionen erhöhen und es zum Leitprogramm in der Städtebauförderung machen. Resultat der schwarz-gelben Politik sei, dass die Mittel der Städtebauförderung nicht abgerufen würden, weil es ein rauf und runter in der Förderung gebe. Ebenso wolle die SPD die Mittel für altersgerechtes Wohnen aufstocken. Insgesamt strebe die SPD an, dass wieder 700 Millionen in die Städtebauförderung fließen. Der Bund dürfe die Kommunen nicht mit großen Infrastrukturprojekten allein lassen, forderte Sören Bartol, Verantwortlicher für das Projekt Infrastrukturkonsens der SPD-Fraktion.

Die Sicherstellung der kommunalen Finanzen sei unbedingte Voraussetzung für den Umbau und Neubau von Infrastruktur zur Gestaltung des demografischen Wandels. Es gehe darum solidarische Lösungen zu entwickeln, „damit die kleiner werdende Decke auf einem gleichgroßen Bett für alle ausreiche“, sagte der kommunalpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Bernd Scheelen in seinem Schlusswort nach intensiver Diskussion der Konferenzteilnehmerinnen und -teilnehmer.