Nachdem bei der Auftaktveranstaltung das Forschungsbiet der Verbraucherwissenschaften beleuchtet wurde, ging es dieses Mal um das kontrovers diskutierte Thema Genomeditierung, auch Genomchirurgie genannt. Darunter versteht man Verfahren, die im Vergleich zu bisherigen gentechnischen Methoden präziser – quasi "chirurgisch" – bestimmte Gene ausschneiden und/oder einfügen (deswegen auch "Genschere" genannt). Das bekannteste Verfahren heißt CRISPR/Cas9 und basiert auf einem bakteriellen Abwehrsystem gegen Viren. Werden keine neuen Gene oder größere DNA-Abschnitte eingefügt, ist hinterher nicht ohne weiteres in der DNA nachweisbar, wie die Erbgutveränderung herbeigeführt wurde.

Mit Prof. Dr. Emmanuelle Charpentier, die als Erfinderin der Genschere Crispr/Cas9 gilt und am Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie die Forschungsstelle für die Wissenschaft der Pathogene leitet, Dr. Margret Engelhard vom Bundesamt für Naturschutz (BfN), dort für den Bereich der Gentechnik zuständig, und dem Vorsitzenden des Deutschen Ethikrates, Prof. Dr. Peter Dabrock, konnten wir drei hochkarätige WissenschaftlerInnen aus Natur- und Geisteswissenschaften für unser Podium gewinnen.

Gute finanzielle Ausstattung 

Emmanuelle Charpentier betonte in ihrem Beitrag die Wichtigkeit der Grundlagenforschung, zu der ihre Forschungsarbeit zu rechnen ist, und lobte ausdrücklich die gute finanzielle Ausstattung dafür hier in Deutschland. Auch wenn eine Entbürokratisierung in der Forschungslandschaft wünschenswert wäre, sieht sie den regulatorischen Rahmen für die biotechnologische Forschung hier als angemessen.

Margret Engelhard vom BfN gab einen Überblick über die Anwendung von Techniken zur Genomeditierung in der Landwirtschaft und den daraus resultierenden Fragestellungen für den Naturschutz. Durch das Urteil des Europäischen Gerichtshofs, das auch die neuen Techniken als Gentechnik einstuft, sieht sie das Vorsorgeprinzip gestärkt und das Risikopotenzial von Crispr/Cas9 anerkannt. Die hohe Wirkmacht der Technik dürfe nicht unterschätzt werden.

Peter Dabrock unterstrich, dass die Debatte über die Möglichkeiten und Gefahren von Techniken mit möglicherweise gesellschaftlich weitreichenden Folgen niemals nur unter Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern geführt werden dürfe. Es handele sich um Menschheitsfragen, in der die öffentliche Meinung berücksichtigt werden müsse. Eine ethische Debatte müsse immer gleichzeitig zur Chancen-Nutzen-Abwägung stattfinden.

Nicht in allen Punkten war man sich einig, doch sowohl die Expertinnen und Experten als auch die Bildungs- und ForschungspolitikerInnen der SPD-Bundestagsfraktion stimmen überein, dass technologischer Fortschritt immer auch von einer breiten zivilgesellschaftlichen Debatte begleitet werden muss und dem gesellschaftlichen Fortschritt dienen soll. Die Schaffung von entsprechenden Diskursplattformen, bestenfalls auch auf internationaler Ebene, ist wünschenswert.