Damit verhindere Angela Merkel die Modernisierung der CDU, so beurteilt der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion Thomas Oppermann das Abstimmungsergebnis: „Mit ihrer Entscheidung gegen die steuerliche Gleichstellung von gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften macht die CDU Gesellschaftspolitik von gestern.“ Die CDU verliere damit den Anschluss an die sich wandelnde Gesellschaft und werde so auch in Zukunft in den Großstädten keine Mehrheiten mehr bekommen. „Gesellschaftliche Modernisierung schafft nur Rot-Grün", befand Oppermann.

CDU kann mit Realitäten nicht umgehen

Ähnlich bewertet SPD-Fraktionsvize Joachim Poß die Entscheidung des CDU-Parteitags: „Mit dem Beschluss hat die CDU einmal mehr bewiesen, nicht mit den Realitäten in unserem Land umgehen zu können.“ Eigentlich sei die Sache ganz einfach: Bei den Pflichten, die sich beispielsweise aus dem Sozialrecht ergeben, sind gleichgeschlechtliche Partnerschaften gleichgestellt. Folglich sollte man ihnen zumindest im Steuerrecht auch die gleichen Rechte zugestehen. Ehe und Familie würden dadurch in keiner Weise schlechter gestellt, sagte Poß. Offensichtlich sei der Grundsatz „gleiche Pflichten, gleiche Rechte“ für die CDU zu modern.

"Mit der Verweigerung, eingetragene Lebenspartnerschaften steuerlich gleich zu stellen, betreibt die CDU weiter Diskriminierung und Ausgrenzung. Das ist das Gegenteil dessen, was Deutschland braucht“, sagte SPD-Fraktionsvizin Dagmar Ziegler. Menschen, die füreinander einstünden, machten unsere Gesellschaft stark. Dafür verdienten sie Respekt und jede mögliche Unterstützung. „Solange es das Ehegattensplitting gibt, muss es aus Gründen der Gleichbehandlung auf eingetragene Lebenspartnerschaften ausgeweitet werden“, stellte Ziegler klar. Für sie steht diese aktuelle Entscheidung der Konservativen im Einklag mit deren altmodischen und rückwärtsgewandten Beschlüssen zur Frauenquote und zum Betreuungsgeld.

Merkel geht es nicht um Werte, sondern um Macht

„Es immer noch essentieller Teil der Unionspolitik, Minderheiten zu diskriminieren, gegeneinander auszuspielen und sich rationalen Argumenten zu verschließen,“ so erklärte der Beauftragte der SPD-Bundestagsfraktion für die Belange von Lesben und Schwulen Johannes Kahrs das CDU-Parteitagsergebnis. Die Debatte beim Parteitag möge von „Ernsthaftigkeit“ geprägt gewesen sein, doch schon vorher sei klar gewesen, wie die Entscheidung ausfallen würde – Angela Merkel habe schließlich die Richtung vorgegeben. „Aus rein innerparteilichem Kalkül sollen weiterhin Menschen und ihre Familien in diesem Land diskriminiert werden“, sagte Kahrs. Merkel finde offenbar nichts dabei, Lesben und Schwule als Bürger zweiter Klasse zu behandeln, wenn es dem Parteifrieden diene.  „Es geht ihr nicht um Werte, es geht ihr um Macht. Nach dem Motto: Solange es dem konservativen Image dient, kann man einige Menschen ruhig schlechter behandeln als andere“, urteilte Kahrs.

Den häufigen Verweis der Union auf das anhängige Verfahren beim Bundesverfassungsgericht wertete Kahrs als politische Bankrotterklärung. Denn das Parlament kann selbst verfassungsgemäße Gesetze verabschieden, ohne auf die richterliche Entscheidung in Karlsruhe zu warten.

 

Anja Linnekugel