Der Verlierer dieser verlogenen Politik soll wieder einmal Gorleben sein. Dabei wäre es jetzt wichtig, statt politischer Rethorik, Taten vorzuweisen. Ein Erkundungsstopp in Gorleben, wäre das richtige Signal.

Gorleben war eine politische Entscheidung

Es ist es wichtig, dass es den Untersuchungsausschuss Gorleben gibt, der die Manipulationen der letzten 30 Jahre aufdecken soll und wird. Denn schon jetzt steht fest:

  • Die Entscheidung pro Gorleben fiel 1977 in Niedersachsen unter der Regierung Albrecht/Kiep. Es gab keine Nachbewertung des Bundes durch die Kernbrennstoff-Wiederaufbereitungsgesellschaft (KEWA). Die Regierungs-Koalition muss dies „Phantom“-Akte vorlegen – oder schweigen!
  • 1983 gab es eine „politische Einflussnahme“ der Kohl-Regierung auf den Gorleben-Zwischenbericht der Physikalisch-Technischen Bun-desanstalt (PTB). Das Word „Eignungshöffig“ musste rein in den Bericht. Der Terminus „Alternative Endlagersuche“ flog raus. Auch das hat dieser Ausschuss bereits bewiesen.
  • Ende der 1990er Jahre hat die damalige Umweltministerin Angela Merkel getrickst. Der Salzstock Gorleben wurde aufgrund Ihrer Anordnung nur in eine Richtung erkundet, weil dem Bund die Rechte zur vollständigen Erkundung fehlen. Das entsprach weder damals noch heute dem internationalen Stand von Wissenschaft und Technik. Aber Merkel-Röttgen machen einfach dort weiter, wo Kohl-Merkel aufgehört haben.

Graf von Bernstorff gibt seit über 30 Jahren seinen Besitz zur Erkundung nicht frei

Die Auseinandersetzungen um Gorleben ist sehr stark mit dem Namen Andreas Graf von Bernstorff verknüpft. Seit über 300 Jahren ist rund ein Drittel der Fläche über dem Salzstock im Besitz der Familie von Bernstorff. Dazu gehört, nach niedersächsischem Bergrecht, auch das Recht zum Salzabbau. Graf von Bernstorff weigert sich seit über 30 Jahren seine Rechte an die Bundesregierung abzutreten. Weder finanzielle Verlockungen noch politischer Druck konnten seine Meinung ändern. Damit wurde er zur bekanntesten Persönlichkeit des Widerstandes im Wendland, weshalb seine Zeugenvernehmung mit Spannung erwartet wurde.

Graf von Bernstorff stellte gleich zu Beginn seiner Ausführungen fest, dass das Wendland im Februar 1977 von der Gorleben-Entscheidung des Niedersächsischen Kabinetts überrascht worden war. Erst nach dieser Entscheidung lud Ministerpräsident Ernst Albrecht Graf von Bernstorff zu einem Gespräch ein und teilte ihm mit, dass er das Gorleben-Dekret zu akzeptieren habe. In zwei Jahren hätten sich auch Menschen im Wendland daran gewöhnt. Ein fataler Irrtum, wie heute alle wissen.

Was dann für die Familie von Bernstorff folgte, war eine Achterbahnfahrt zwischen verlockenden Kaufangeboten bis zum zehnfachen Marktpreis und offenen Drohungen mit Enteigung. Denn zweimal – 1998 und 2010 - haben schwarz-gelbe Bundesregierungen die Möglichkeit zur Enteignung in das Atomgesetz eingefügt. In Wahrheit ist dieser Passus eine „Lex Bernstorff“.

Graf Bernstorff war und ist nicht käuflich

Im Zentrum der Vernehmung stand daher auch ein Aktenvermerk des Umweltministeriums vom Februar 1998. Was dort zu lesen war, war alles andere als Vorteilhaft für die Regierungskoalition. Der damalige und heutige Abteilungsleiter für Reaktorsicherheit im BMU, Gerald Hennenhöfer, berichtete seiner Umweltministerin Angela Merkel von einem vertraulichen Gespräch mit Graf von Bernstorff. Einziges Thema: Erwerb der Bernstorff´schen Salzrechte. Hennenhöfer machte dem Gutsbesitzer darin ein Angebot über 12 Millionen DM nur für den Verkauf seiner Salzrechte. Gleichzeitig drohte Hennenhöfer mit der Umsetzung der Atomgesetz-Novelle, sprich: Enteignung. Merkels Abteilungsleiter formulierte als Fazit an seine Chefin: „Der Graf sieht, dass seine Felle langsam davon schwimmen.“ Aber immerhin sei „das Eis etwas gebrochen.“ Unterm Strich muss man das „Angebot“ von Merkels Adlatus folgendermaßen zusammenfassen: Entweder sie verkaufen für 12 Millionen DM, oder wir enteignen Sie. Andreas Graf von Bernstorff hat sich auch dieser Androhung nicht beeindrucken lassen und stattdessen standhaft zurückwiesen. Merkel und Hennhöfer mussten lernen: Nicht jeder ist käuflich. Und: es gibt tatsächlich noch Menschen, die ein Gewissen haben.

Graf von Bernstorf erklärte seine aufrechte Haltung folgendermaßen: Es wäre die Aufgaben der Politik und der Atomwirtschaft gewesen, die Menschen im Wendland von dem Endlager-Projekt zu überzeugen. Dieser Versuch sei jedoch niemals unternommen worden. Es wurden immer mehr Fakten geschaffen und die Menschen wurden dauerhaft übergangen. Deshalb bleibe er bis heute bei seiner Weigerung, seine Salzrechte abzugeben. Die erwiesenen Manipulationen an wissenschaftlichen Expertisen von stattlichen Behörden sowie die Genehmigung der „völlig absurden Veränderung“ der Erkundungsbereiche des Salzstocks, habe das Misstrauen der Wendländer gesteigert. „Das Vertrauen der Menschen ist hier restlos zerstört“, stellte Graf von Bernstorff klar. Das belege auch der ungebrochene Widerstand bei den jährlichen Castor-Transporten.