Aber die Verunsicherung wächst. Denn die Richtung ist klar: Die solidarische und gerechte Finanzierung der Risiken Krankheit und Pflegebedürftigkeit im Alter soll aufgekündigt werden. Galt bisher, dass Starke für Schwache, Junge für Alte und Gesunde für Kranke einstehen, steht nun eine massive Entsolidarisierung bevor. Kostensteigerungen für gesetzlich Versicherte und Einschnitte in die Leistungen werden kommen. Darüber können auch die Beteuerungen von Schwarz-Gelb nicht hinweg täuschen, dass sie ein gerecht finanziertes Gesundheitssystem erhalten wollen.
Kostensteigerung sollen allein auf Schultern der Versicherten lasten
Bislang haben Beschäftigte und Arbeitgeber sich die Kosten für die Krankenversicherung gleichermaßen geteilt. In der Großen-Koalition hat die SPD-Bundestagsfraktion dafür gesorgt, dass es dabei bleibt. Damit machen Union und FDP jetzt Schluss: Der Beitragsanteil der Arbeitgeber soll bei den aktuellen sieben Prozent eingefroren werden. Kostensteigerungen in der Gesundheitsversorgung durch unsere immer älter werdende Gesellschaft und den medizinischen Fortschritt müssen die Versicherten in Zukunft allein bezahlen. Dazu soll eine einkommensunabhängige Kopfpauschale eingeführt werden. Das ist sozial doppelt ungerecht, weil die Telefonistin den gleichen Betrag wie der Direktor zahlt. Schwarz-Gelb will zwar einen sozialen Ausgleich für Geringverdiener aus Steuermitteln schaffen. Aber wie der angesichts der geplanten Steuersenkungen bei gleichzeitiger Rekordverschuldung finanziert werden soll, bleibt völlig unklar. Außerdem kommen auf die Versicherten weitere Zuzahlungen, Eigenanteile und privat zu bezahlende Leistungen zu. Sie müssen für die Geschenke von Union und FDP an ihre Klientel herhalten.
Soziale und regionale Spaltung nimmt zu
Erst seit Januar 2009 gibt es in ganz Deutschland einen einheitlichen Beitragssatz in der gesetzlichen Krankenversicherung. Über den Gesundheitsfonds werden die gesamten Einnahmen (Beiträge und Steuerzuschuss) so verteilt, dass alle Kassen genügend Geld haben, um ihre Versicherten gut zu versorgen. Das gilt in jedem Bundesland und unabhängig davon, ob sie viele alte Menschen, Kranke oder Geringverdiener versichern. Das ist sozial gerecht.
Schwarz-Gelb will nun die Regionalisierung der Einnahmen und Ausgaben der Krankenkassen. Das ist gut für Bayern, hier werden die Beiträge günstiger, weil die Menschen dort höhere Einkommen haben. In Regionen, wo weniger verdient wird und die Arbeitslosigkeit hoch ist, wie z. B. in Mecklenburg-Vorpommern, wird es für die Versicherten teurer. Und so wird denen, die ohnehin weniger haben, noch tiefer in die Tasche gegriffen. Dazu kommt, dass Schwarz-Gelb auch den Ausgleich für Krankenkassen mit besonders vielen chronisch Kranken (sog. Morbi-RSA) stutzen will. Auch das lässt die Beiträge von gesetzlichen Krankenversicherungen mit vielen kranken Versicherten steigen. Insgesamt wächst so die soziale Spaltung im Gesundheitswesen.
Für die Klientel von Union und FDP hat’s sich gelohnt
Vieles deutet Schwarz-Gelb nur an, trotzdem wird klar, wohin die Reise geht: Die Anbieter von Privatversicherungen werden begünstigt. Bei den Ärztehonoraren wird nochmals draufgesattelt, obwohl die Ärzte gerade erst eine ordentliche Schippe bekommen haben. Instrumente wie Rabattverträge und die neutrale Kosten-Nutzen- Bewertung von Arzneimitteln werden in Frage gestellt. Dadurch steigen die Arzneimittelpreise. Das ist Klientelpolitik vom Feinsten, die zu Lasten der Versicherten geht.
Potenzial von Prävention bleibt liegen
Schon in der Vergangenheit hat die Union ein Präventionsgesetz blockiert. Damit bleiben erhebliche Einsparpotenziale durch die Weiterentwicklung von vorbeugenden Gesundheitsmaßnahmen und die Verbesserung des Gesundheitszustands insbesondere von sozial Schwächeren auf der Strecke.
Teilprivatisierung der Pflegeversicherung
In der Pflegeversicherung ist vorgesehen, die Versicherten zu verpflichten, eine private Zusatzversicherung abzuschließen. Das bedeutet eine weitere einseitige Belastung der Versicherten und eine weitere Abkehr von der Solidarität. Und es gefährdet die Finanzierung dringend nötiger Pflegedienstleistungen. Nur die Versicherungswirtschaft ist obenauf, ihre Spenden an Union und FDP machen sich jetzt bezahlt.
Schwarz-Gelb heißt: Weniger Netto vom Brutto und Drei-Klassen-Medizin
Schwarz-Gelb wird zum unkalkulierbaren Risiko für kranke, alte und pflegedürftige Menschen. Und für Beschäftigte mit mittleren und geringen Einkommen lautet das Ergebnis: Weniger Netto vom Brutto!
Schwarz-Gelb bedeutet den Einstieg in die Drei-Klassen-Medizin: Besserverdienende Gesunde versichern sich erster Klasse in der privaten Krankenversicherung. Und Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung müssen draufzahlen. Diejenigen, die die geplanten höheren Zuzahlungen und die einkommensunabhängige Kopfpauschale nicht zahlen können, werden vom medizinischen Fortschritt abgeschnitten.