Proteste der Studierenden sind berechtigt
Die Studierenden fordern mehr Geld und mehr und besser ausgebildetes Lehrpersonal. Außerdem richten sich die Proteste gegen die bisherige Umsetzung des sog. Bologna-Prozesses zur Angleichung der Studiensysteme in Europa. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Forderung nach mehr Chancengleichheit in der Bildung durch Gebührenfreiheit von der Kita bis zur Hochschule und die Abschaffung des dreigliedrigen Schulsystems. Zu mehr Chancengleichheit gehört für die Studierenden auch die Erhöhung der BAföG-Sätze. Auch Bundespräsident Horst Köhler hatte einen Tag zuvor zu Recht kritisiert, dass unser Bildungssystem chronisch unterfinanziert ist. Doch Schwarz-Gelb hat außer der Privatisierung der Bildung kein Konzept zu bieten.
Schavanismus schadet Studierenden, Hochschulen und unserem Land
Unser bildungspolitischer Sprecher Ernst Dieter Rossmann forderte in der Aktuellen Stunde, den Studierenden ein Zeichen zu geben, dass die Erfüllung ihrer Forderungen nicht auf die lange Bank geschoben würde. Schavan solle sich von der „Methode des Schavanismus“ verabschieden. Diese bestünde darin, erst etwas plump entgegen zu halten, dann Verständnis zu zeigen, danach etwas lange ruhen zu lassen und am Ende des Prozesses weihevoll die Hand darauf zu legen. Unser stellvertretender bildungspolitischer Sprecher Swen Schulz wollte wissen, warum Schavan den Bologna-Gipfel erst im April einberufen wolle. Ob sie hoffe, dass dann der Druck der Studierenden nachgelassen habe oder andere die Probleme abgeräumt hätten. Oder ob es an den Wahlen in NRW liege. Er rief Schavan auf, sich zur Lösung der Probleme an den Forderungen der SPD zu orientieren.
Videoaufzeichnung der Rede von Ernst Dieter Rossmann, Sprecher der Arbeitsgruppe Bildung und Forschung der SPD-Bundestagsfraktion am 3. Dezember 2009:
SPD fordert Pakt für Studienqualität und gute Lehre
Zur Sicherung der Leistungsfähigkeit und Offenheit der deutschen Hochschulen müssen Bund und Länder besser zusammenarbeiten. Dies fordert auch der Bundespräsident. Weder der Bund, der mit der Neugestaltung des Rahmenrechts den Bologna-Prozess begonnen hat, noch die Länder und Hochschulen, die den Prozess seit dem maßgeblich gestalten, dürfen sich aus ihrer Verantwortung stehlen. Die Studierenden haben das Schwarzer-Peter-Spiel mit gegenseitigen Schuldvorwürfen zwischen der Hochschulrektorenkonferenz, dem Bund und den Ländern satt. Deshalb fordern wir, dass Bund und Länder in Verhandlungen zu einem „Pakt für Studienqualität und gute Lehre“ zusammenkommen.
Unsere zentralen Forderungen:
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Bund und Länder sollen für bessere Studienbedingungen und gute Lehre in den neuen Bachelor/Master-Studiengängen in einem ersten Schritt mindestens drei Milliarden Euro zusätzlich für drei Jahre zur Verfügung stellen, so wie es Hochschulrektorenkonferenz und Wissenschaftsrat mehrfach gefordert haben. Außerdem wollen wir ein höheres BAföG für mehr Studierende sowie Schülerinnen und Schüler erreichen. Dabei sind folgende Anforderungen zu berücksichtigen: die Erhöhung der Altersgrenzen und der Einkommensfreibeträge, die Einbeziehung berufsbegleitender Studiengänge und die Ausweitung der elternabhängigen Schülerförderung auf zu Hause wohnende Oberstufenschülerinnen und -schüler.
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Die Überarbeitung der Bachelor/Master-Studienreform muss länderübergreifend vergleichbar und mit dem Ziel erfolgen, die Studierbarkeit zu verbessern, den Wechsel von Studienorten sowie Auslandsaufenthalte zu sichern und die Berufsfähigkeit zu stärken. Dabei muss sichergestellt werden, dass jede und jeder mit einem Bachelorabschluss, die oder der ein Master-Studium anstrebt, auch einen Studienplatz bekommt.
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Außerdem muss eine Personaloffensive erfolgen, die zusätzliches Lehrpersonal bei Professoren, Juniorprofessuren und vor allem im Mittelbau ermöglicht.
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Ein gemeinsamer Wettbewerb „Gute Lehre“ soll die vorbildhafte Verbindung von guten Ausbildungs- und Wissensvermittlungsleistungen mit dem gesellschaftlichen Bildungsauftrag an Hochschulen prämieren. Studienberatung und -betreuung müssen deutlich ausgebaut und auf die Bedürfnisse der Studierenden ausgerichtet werden. Ein dialogorientiertes Zulassungsverfahren muss zügig umgesetzt und dabei die Teilnahme aller Hochschulen mit allen Studiengängen sowie die Entlastung der Studierenden gesichert werden.
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Zudem wollen wir erreichen, dass das sozial ungerechte Stipendienmodell von Schwarz-Gelb stoppt. Dies Schavan übrigens dadurch durchsetzen, dass sie die Zustimmung der SPD-Länder zu ihrem Stipendienmodell zur Bedingung für eine BAföG-Erhöhung macht. Das zeigt deutlich, ihr geht es nicht um die Anliegen der Studierenden, die von ihr angekündigte BAföG-Erhöhung ist schlichte Verhandlungsmasse.