Die wichtigsten Punkte im Einzelnen:
IS-Kämpferinnen und -Kämpfer
Im Koalitionsvertrag ist vereinbart, in das Staatsangehörigkeitsgesetz einen Verlusttatbestand einzufügen, nach dem Deutsche, die sich an Kampfhandlungen einer terroristischen Vereinigung im Ausland konkret beteiligen, die deutsche Staatsangehörigkeit verlieren, wenn sie eine zusätzliche Staatsangehörigkeit besitzen. Das betrifft nur Personen, die eine weitere Staatsangehörigkeit (Mehrstaater) haben. Damit wird ausgeschlossen, dass Betroffene durch den Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit staatenlos werden.
Das Bundeskabinett hatte am 3. April einen entsprechenden Gesetzentwurf beschlossen, der Bundestag am 16. Mai zum ersten Mal darüber debattiert. Am 24 Juni hatte der Innenausschuss eine Anhörung mit Sachverständigen dazu durchgeführt. Deren Empfehlungen wurden nun in einen Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen eingearbeitet, sodass im Gesetzentwurf Präzisierungen aufgenommen werden.
Identitätsfeststellung
Auch heute schon ist die Klärung offener Identitätsfragen zwingende Voraussetzung für die Einbürgerung. Mit dem Änderungsantrag wird die gesicherte Feststellung der Identität und Staatsangehörigkeit einer Person nun auch als gesetzliche Einbürgerungsvoraussetzung normiert. Diese Regelung ist notwendig, weil ein klares Interesse des Staates besteht, zu verhindern, dass ein und dieselbe Person im Rechtsverkehr mit unterschiedlichen Identitäten und amtlichen Ausweispapieren auftreten kann.
Zudem besteht auch ein öffentliches Interesse daran, dass die Einbürgerungsurkunde richtig ist – was eine Überprüfung der Identitätsangaben erforderlich macht.
Mehrehe/Vielehe
Mit dem Gesetz soll außerdem klargestellt werden, dass Menschen, die in Mehrehe leben, nicht eingebürgert werden können. Denn das Eingehen einer Mehrehe ist nach deutschem Recht strafbar (§ 172 Strafgesetzbuch).
Es ist für die SPD-Bundestagsfraktion vollkommen klar, dass Menschen, die zu uns gekommen sind und heute selbstverständlicher Teil unserer Gesellschaft geworden sind, in viel größerem Umfang eingebürgert werden sollten als bislang. Dieses Vorhaben wird jedoch hinter-trieben, wenn gleichzeitig darauf verzichtet wird, ein mit dem Grundgesetz unvereinbares patriarchales Eheverständnis zu einem Ausschlussgrund bei der Einbürgerung zu erklären. Für das deutsche Verständnis ist die Einehe prägend, was sich nicht nur aus dem strafrechtlichen Verbot der Mehrehe, sondern auch aus den einschlägigen zivil- und verfassungsrechtlichen Vorschriften ergibt.
Wegen der gesellschaftlich-kulturellen Prägung und der straf- und verfassungsrechtlichen Verankerung der Einehe ist es notwendig, den Grundsatz der Einehe nicht nur für die Einbürgerung von Ehegatt*innen oder Lebenspartner*innen deutscher Staatsangehöriger – wie heute schon im Gesetz vorgeschrieben –, sondern grundsätzlich auch von allen übrigen Einbürgerungsbewerber*innen zu verlangen.
Vor diesem Hintergrund wird nun klargestellt, dass Personen, die in Mehrehe leben, nicht eingebürgert werden können. Dafür werden §§ 8 und 10 Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG) dahingehend ergänzt, dass eine „Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse“ bei einer Einbürgerung nach diesen Vorschriften gewährleistet sein muss.
Das Tatbestandsmerkmal „Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse“ ist übrigens nicht neu. Es findet sich auch jetzt schon im gelten Recht. Da solch ein Ausschlussgrund im geltenden Recht für die Einbürgerung von Ehegatt*innen bereits geregelt ist, ist es erst recht erforderlich, auch für Einbürgerungen nach §§ 8 und 10 StAG einen entsprechenden Ausschlussgrund zu schaffen.
Und weil kulturelle oder politische Einstellungen dabei keine Rolle spielen, kann keine Rede davon sein, dass die Einbürgerungsvoraussetzung der „Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse“ eine wie auch immer ausgestaltete Leitkulturprüfung erforderlich macht oder ermöglicht. Vielmehr dient die Formulierung nur als Ausschlussgrund für Fälle von Mehrehe.
Das wird die Koalition jetzt noch klarer herausstellen. Dafür wird mithilfe des oben genannten Änderungsantrages die Einbürgerungsvoraussetzung der „Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse“ in § 10 Staatsangehörigkeitsrecht um den Zusatz ergänzt, dass die betreffende Person „insbesondere […] nicht gleichzeitig mit mehreren Ehegatten verheiratet ist“. Diese Ergänzung geht zurück auf einen Vorschlag mehrerer Sachverständiger bei der öffentlichen Anhörung.
Durch die Ergänzung wird die Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse“ konkretisiert, indem Mehrehe als Regelbeispiel normiert wird. So wird auch gesetzlich festgelegt, was das Parlament als Gesetzgeber unter diesem Begriff versteht, damit es hinterher nicht zu Auslegungsproblemen kommt.
Diese Formulierung bedeutet ausdrücklich nicht, dass mit der Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse viele weitere Konstellationen neben der Mehrehe gemeint sind. Vielmehr gibt der Zusatz „insbesondere“ vor, dass mögliche andere Fälle in Schwere und Bedeutung dem der Mehrehe entsprechen müssen. Dadurch ist sichergestellt, dass niemand eigenmächtig oder gar willkürlich von der Einbürgerung ausgeschlossen wird.
Rücknahmefrist
Im aktuell geltenden Recht heißt es: „Eine rechtswidrige Einbürgerung oder eine rechtswidrige Genehmigung zur Beibehaltung der deutschen Staatsangehörigkeit kann nur zurückgenommen werden, wenn der Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung oder durch vorsätzlich unrichtige oder unvollständige Angaben, die wesentlich für seinen Erlass gewesen sind, erwirkt worden ist.“ Dafür gilt eine Rücknahmefrist von fünf Jahren.
In der Praxis zeigt sich aber, dass das nicht genügt, denn häufig ergeben sich erst deutlich im Nachhinein Anhaltspunkte dafür, dass vorsätzlich eine falsche Identität angegeben, ein falsches Bekenntnis oder andere falsche Erklärungen zu extremistischen Betätigungen abgegeben wurden. Deshalb wird die bestehende Fünf-Jahres-Rücknahmefrist auf zehn Jahre verlängert. Diese Regelung zielt – wie bisher – nur auf diejenigen ab, die bewusst und vorsätzlich falsche Angaben zu ihrer Identität oder Staatsangehörigkeit gemacht haben. Es geht nicht um eine Staatsangehörigkeit auf Probe.