Elisabeth Kaiser, zuständige Berichterstatterin;
Karl-Heinz Brunner, Queerpolitischer Sprecher:
Heute wurde bekannt, dass das jahrelange Ringen um eine Reform des Transsexuellengesetzes zumindest in dieser Koalition zu keinem positiven Abschluss finden wird. Trotz intensiver Bemühungen sowohl seitens des Bundesjustizministeriums als auch des Bundesfamilienministeriums sowie der SPD-Bundestagsfraktion konnte innerhalb der Koalition gerade in punkto Betroffenenberatung kein für uns tragbarer Kompromiss gefunden werden.
„Auch wenn nicht ausdrücklich im Koalitionsvertrag vereinbart, haben wir uns als SPD-Bundestagsfraktion sehr für die überfällige und grundlegende Reform des Transsexuellenrechts eingesetzt; schließlich hat das Bundesverfassungsgericht bereits diverse Normen für nicht anwendbar und für verfassungswidrig erklärt. Uns ging es immer um eine Lösung im Sinne der Betroffenen, die das Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen im Blick hat, nicht um eine Reform um jeden Preis.
Im Mittelpunkt unserer Kritik steht die Ausgestaltung der Beratung der Betroffenen als Ersatz für die bislang vorgesehenen psychologischen Gutachten. Während wir eine analog zur Schwangerschaftskonfliktberatung ergebnisoffene Konsultation für sinnvoll erachten, möchte die Union als Minimum eine Beratung, die durch die Einschaltung von Psychologen und Medizinern immer noch einen pathologisierenden Charakter hat. Diese Beratungsart lehnen wir klar ab. Da Transsexualität keine Krankheit darstellt, bedarf es aus unserer Sicht für die personenstandsrechtliche Änderung keines medizinpsychologisch geschulten Personals.
Bei aller Kompromissbereitschaft hätten wir keinem Gesetzentwurf zugestimmt, der Selbstbestimmung so wenig gerecht wird. Selbstbestimmt heißt: Ein einfaches Verfahren vor dem Standesamt sowie eine einfache ergebnisoffene Beratung.
Unser Koalitionspartner stellt aber absurde Missbrauchsbefürchtungen zu ‚Geschlechterhopping‘ über das Selbstbestimmungsrecht der Betroffenen. Eine de facto Gesinnungsprüfung lehnen wir ausdrücklich ab.
Da eine selbstbestimmte und respektvolle Reform mit unserem Koalitionspartner CDU/CSU nicht zu finden ist, ist es richtig, die Verhandlungen an diesem Punkt zu beenden und einen weiteren Anlauf in der neuen Legislaturperiode mit neuen politischen Partnern zu unternehmen.“