Helge Lindh, kultur- und medienpolitischer Sprecher:
In der gestrigen Anhörung des Kulturausschusses sprachen sich sämtliche Sachverständige der Union sowie die Mitglieder der Unionsfraktion gegen das Staatsziel Kultur im Grundgesetz aus. Die SPD-Bundestagsfraktion appelliert an die Union, dieser wichtigen Verankerung nicht im Wege zu stehen.
„Die Bedeutung von Kunst und Kultur in unserer Gesellschaft kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Sie ist nicht nur Dekoration, sondern bildet das Fundament unseres Zusammenlebens. Deshalb ist es umso bedenklicher, dass die Union einen bereits seit langem bestehenden Konsens der demokratischen Parteien in Frage stellt. Schon 2005 hat die Enquete-Kommission ‚Kultur in Deutschland‘ parteiübergreifend die Bedeutung einer solchen Verankerung anerkannt. Seitdem hat die Dringlichkeit einer solchen Benennung in unserer Verfassung zugenommen.
Nicht zuletzt die Corona-Pandemie hat uns vor Augen geführt, wie essentiell es ist, dass der Staat die Rahmenbedingungen für Kunst- und Kulturschaffende schützt und stärkt. Kultur muss lebendig und dynamisch sein, verdient aber gleichzeitig einen festen Platz im Grundgesetz. Kultur ist Teil der Daseinsvorsorge und ebenso wie die natürlichen Lebensgrundlagen schutzbedürftig. In der Anhörung wurde klar herausgestellt, dass mit einer solchen Verankerung keine Einschränkung des Föderalismus beabsichtigt ist und auch keine Eingriffe in die Kulturhoheit der Länder stattfinden werden. Das Staatsziel ‚Kultur‘ ist ein Gestaltungsauftrag des Staates insgesamt, der die Kommunen stärkt und ihre Selbstverwaltung vollumfänglich achtet. Abwägungs- und Ermessensentscheidungen von Verwaltungen und Gerichten können ein Staatsziel nicht ignorieren. Schon deshalb wäre ein Staatsziel Kultur ein Gamechanger im ewigen Ringen der Kulturschaffenden und Einrichtungen um Anerkennung und Berücksichtigung.
Es ist völlig unverständlich, warum CDU/CSU von ihrem eigenen ursprünglichen Anspruch abrücken. Die SPD-Bundestagsfraktion fordert die Union auf, wie zuvor die Bedeutung von Kunst und Kultur anzuerkennen. Dies wird auch durch die Verankerung von Kultur im Grundgesetz erreicht.“