Bundeskanzlerin Angela Merkel schließt eine Große Koalition nach der Bundestagswahl nicht aus. Wäre ein Regierungsbündnis zwischen Union und SPD schlecht für Deutschland?
Oppermann: Wir wollen diese ganze Bundesregierung ablösen - nicht nur die FDP, sondern auch die Kanzlerin. Die SPD kämpft für Rot-Grün und konzentriert sich voll auf dieses Ziel. Eine Koalition mit Frau Merkel und der Union ist für uns kein Thema.
Wenn die SPD so sehr auf Rot-Grün festgelegt ist - warum schließen Sie eine Große Koalition nicht mit einem formellen Beschluss aus, damit die Wählerinnen und Wähler Klarheit haben?
Oppermann: Wir kämpfen für einen rot-grünen Regierungswechsel. Die SPD wird alles dafür tun, dass es dafür am Wahlabend reicht. Davon werden wir uns auch nicht von Spekulationen über eine Große Koalitionen ablenken lassen. Zu welchen Bündnissen es am Ende kommt, entscheiden vor allem die Wähler. Die haben es in der Hand.
Auch SPD-Chef Sigmar Gabriel scheint eine Große Koalition nicht auszuschließen. Jedenfalls soll ein Parteikonvent zwei Tage nach der Bundestagswahl die weitere Marschroute festlegen ...
Oppermann: Der Konvent wird sich mit dem Wahlergebnis und den notwendigen Schlussfolgerungen für Sondierungsgespräche auseinandersetzen. Wir reden nicht von Wahlniederlagen, solange der Sieg möglich ist. Ich sehe nach wie vor die Chance für Rot-Grün und für einen Bundeskanzler Peer Steinbrück. Die Wahl ist offen.
Zur NSA-Spähaffäre: Bisher ist nicht nachgewiesen, dass der amerikanische Geheimdienst tatsächlich massenhaft Daten in Deutschland abgegriffen hat. Hat die SPD mit ihren Vorwürfen überzogen?
Oppermann: Alle wichtigen Fragen sind noch nicht aufgeklärt. Kanzleramtschef Ronald Pofalla wirft mit Nebelkerzen und agiert aus dem Hintergrund wie ein zweiter CDU-Generalsekretär. Die Bundesregierung verlässt sich allein auf das, was die Amerikaner ihr sagen: Die NSA hat sich selbst einen wertlosen Persilschein ausgestellt. Herr Pofalla klammert sich daran. Dabei schließt das Innenministerium doch ausdrücklich nicht aus, dass die NSA auf innerdeutsche Kommunikation über die Server in den USA zugreift.
Nach Darstellung der Regierung soll der Bundesnachrichtendienst Daten aus Afghanistan und anderen Krisengebieten an die Amerikaner weitergegeben haben ...
Oppermann: Edward Snowden behauptet, dass der NSA monatlich 500 Millionen Datensätze aus Deutschland vorliegen. Der BND hat keine eigenen Erkenntnisse, woher diese Daten wirklich stammen. Bevor nicht klar ist, in welchem Umfang deutsche Grundrechtsträger ausgespäht werden, bringt uns auch das Anti-Spionage-Abkommen mit den Amerikanern nicht weiter. Es wäre nicht das Papier wert, auf dem es steht.
Bleibt es bei der Forderung der SPD, notfalls auch Kanzlerin Merkel vor dem Parlamentarischen Kontrollgremium zu hören?
Oppermann: Frau Merkel ist doch in dieser Angelegenheit noch ahnungsloser als Kanzleramtsminister Pofalla und Innenminister Friedrich. Die Bundesregierung muss sich endlich ernsthaft um Aufklärung bemühen, wie das US-Spionageprogramm Prism funktioniert und wie viele Deutsche ins Visier der amerikanischen Überwachung geraten.