Anlässlich der am 15. Januar 2016 startenden Internationalen Grünen Woche in Berlin – der internationalen Ausstellung der Ernährungs- und Landwirtschaft – haben die Koalitionsfraktionen dazu einen Antrag vorgelegt. Der Bundestag hat ihren gemeinsamen Antrag „Mehr Klarheit für den Verbraucher bei der Bezeichnung von Lebensmitteln – Das Deutsche Lebensmittelbuch und die Deutsche Lebensmittelbuch-Kommission reformieren“ (Drs. 18/7238) am 14. Januar beschlossen.
Leitsätze zu 2 000 Lebensmitteln
Das Lebensmittelbuch beinhaltet eine Sammlung von so genannten Verkehrsbezeichnungen, die klarstellen, um welches Lebensmittel es sich handelt. Mittlerweile existieren Leitsätze für rund 2 000 Lebensmittel. Sie beschreiben deren Herstellung, Beschaffenheit und sonstige Merkmale, die von den Lebensmitteln erwartet werden. Weicht ein Hersteller von diesen Leitsätzen ab, dann muss er die Abweichungen zur Verhinderung von Verbrauchertäuschung ausreichend kenntlich machen.
Das Lebensmittelbuch wird von der 32 köpfigen Lebensmittelbuch-Kommission erstellt. In ihr finden sich je acht ehrenamtliche Mitglieder aus Verbraucherschaft, Lebensmittelüberwachung, Wirtschaft und Wissenschaft wieder.
Akzeptanz auf Verbraucherseite ist gesunken
Die Leitsätze sollten sowohl den Verbraucherinnen und Verbrauchern sowie den Herstellern eine Orientierung geben, heißt es im Antrag. Dies habe sich in den zurückliegenden 50 Jahren „als Instrument bewährt, Verkehrsauffassungen zu beschreiben und Rechtssicherheit für alle Beteiligten zu schaffen.“ Allerdings sei die Akzeptanz der Leitsätze in den letzten Jahren gesunken, lautet es im Antrag. Vieles würde nicht mehr den Verbrauchererwartungen entsprechen.
Verbraucherschutz in der Lebensmittelbuch-Kommission etablieren
Die verbraucherpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Elvira Drobinski-Weiß, zeigte sich in der Debatte erfreut darüber, dass der Koalitionsantrag so schnell Wirkung zeige. Denn ebenfalls am 14. Januar stellte der Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, Christian Schmidt (CSU), endlich mit neun Monaten Verspätung der Presse seine Eckpunkte zur Reform des Lebensmittelbuches vor.
Verbraucherinnen und Verbraucher seien keine Detektive, sie sollten „ohne Lupe, Handy oder einen Abschluss in Ernährungswissenschaften“ in der Lage sein, zu erkennen, was sie kaufen, stellte Drobinski-Weiß klar: „Das Bedürfnis der Menschen nach klaren, wahrheitsgemäßen Informationen darüber, wie Lebensmittel hergestellt und verarbeitet wurden, ist in den letzten Jahren gewachsen.“ Davon zeugten auch zahlreiche Meldungen von Verbrauchern beim Internetportal lebensmittelklarheit.de, die sich durch Produktkennzeichnungen getäuscht fühlten. Drobinski-Weiß warb deshalb dafür, dass auch die Verbraucherforschung in der Lebensmittelbuch-Kommission vertreten sein müsse. Zudem müsse die Kommission personell und finanziell besser ausgestattet werden, um beispielsweise selbst Verbraucherbefragungen in Auftrag geben zu können.
Im Lebensmittel muss drin sein, was auf der Verpackung steht
„Es muss bei Lebensmitteln drauf stehen, was drin ist und drin sein, was auf der Verpackung steht“, forderte der stellvertretende Leiter der SPD-Fraktions-Projektgruppe „#NeueLebensqualität - Morgen gut leben“, Carsten Träger. Wenn sich die Verbraucher auf eine leicht lesbare Information auf den Produkten verlassen könnten, dann sei er sich sicher, dass sie bei ihrem Einkauf mehrheitlich Entscheidungen für gute Produkte aus nachhaltiger Produktion treffen würden. Kaum jemand würde Geflügelfleischprodukte kaufen, die hauptsächlich aus Schweinefleisch bestünden oder Fruchtcremes, die keine Früchte enthielten, unterstrich Träger.
Nachvollziehbare Meinungsbildungsprozesse in der Kommission
Aus Sicht des SPD-Mitgliedes im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz, Dirk Wiese, mangele es „an einer effektiven Umsetzung des Lebensmittelbuches“. Er spielte dabei auf die langsame Änderungs- und Anpassungsgeschwindigkeit der Leitsätze an. Diese dauert in Regel nämlich mindestens neun Monate bis hin zu 2,5 Jahren. Zudem fordere die Koalition mehr Transparenz über den Meinungsbildungsprozess in der Lebensmittelbuch-Kommission ein, so Wiese. Er stellte auch heraus, dass es die SPD-Bundestagsfraktion war, die sich dafür eingesetzt habe, dass das Projekt lebensmittelklarheit.de weiter vorangetrieben und im Bundeshaushalt verankert wird.
Kommission mit lebensmittelklarheit.de verzahnen
Zudem sei eine enge Verzahnung der Arbeit der Lebensmittelbuch-Kommission mit der Arbeit von lebensmittelklarheit.de sinnvoll, sagte die zuständige Berichterstatterin der SPD-Bundestagsfraktion, Ursula Schulte: „Mit den Erkenntnissen, die die Verbraucherinnen und Verbraucher über die Plattform mitteilen, hat sich die Kommission dann zwingend zu befassen“, so Schulte. Insgesamt müsse das Lebensmittelbuch bekannter und fit für die Zukunft gemacht werden.
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