Schauspieler Florian Bartholomäi im Interview zu SPD-Thesen

Ein europäisches Urheberrecht ausarbeiten

In der Öffentlichkeit herrscht eine engagierte Debatte um das Urheberrecht. Neben Forderungen nach einer Kulturflatrate gibt es auch die Erwartung, alles im Netz kostenfrei zu machen. Die SPD-Bundestagsfraktion hat in Form von zwölf Thesen Stellung bezogen zu den offenen Streitpunkten und sucht nun mit Nutzern Urhebern und Verwertern im Dialog nach fairen Lösungen. In einer Reihe kommen auf spdfraktion.de Protagonisten aus allen beteiligten Bereichen zu Wort, für die das Urheberrecht eine wichtige Rolle in ihrem Schaffen spielt und die sich kritisch mit den SPD-Thesen auseinandergesetzt haben. Diesmal nimmt der Schauspieler Florian Bartholomäi (Tatort, Schneewittchen darf nicht sterben, Stille) Stellung zu den zwölf Thesen der SPD-Fraktion.

Schauspieler Florian Barthomoläi
(Foto: Ruth Kappus)

Sollte im Internet alles kostenfrei für jedermann verfügbar sein, wie es einige vorschlagen?

Ich bin nicht der Meinung, dass alles im Internet kostenfrei angeboten sein muss. Künstler und Produktionen sollten frei entscheiden, ob ihre Arbeit kostenfrei oder kommerziell angeboten sein soll. Der deutsche Film hat es im internationalen Vergleich nicht einfach, sich auf dem Kinomarkt durchzusetzen. Jeder Zuschauer, der einen Film illegal im Internet ansieht, schadet der Filmlandschaft. Die Urheberrechtsverletzungen in der Filmbrache nehmen seit Jahren, auch für den deutschen Film, spürbar zu.
Ein Beispiel: 300 000 illegale Downloads von einem deutschen Kinofilm kommen nicht in die Zuschauerwertung, wenn derselbe Regisseur Förderanträge für den nächsten Film stellt. Und dennoch haben mindestens 300.000 Menschen mehr den Film gesehen. Der Film könnte im Kino wirtschaftlich gefloppt sein und im Netz war er ein Erfolg. Dennoch wäre der Weg, den nächsten Film zu finanzieren, stark erschwert.

Die SPD-Fraktion will den Urheber im Verhältnis zum Verwerter stärken und das Einkommen des Urhebers fair und angemessen gestalten. Wie kann das am besten geschehen, und wie könnte ein angemessenes Einkommen des Urhebers aussehen?

Die Urheber angemessener an Gewinnen zu beteiligen ist, finde ich, der richtige Ansatz.
Sie könnten anfangs höher vergütet werden. Da der Gewinn am Anfang eines Projekts jedoch schwer vorherzusehen ist, wäre eine prozentuale Beteiligung sicherlich die fairere Variante. Durch die neuen Medien lassen sich Filme oder Musik natürlich stärker und in Teilen leichter vermarkten, was zu mehr Zuschauern oder Zuhören führen kann.

Die SPD-Fraktion lehnt eine Kulturflatrate als allgemeine Pauschale für jedermann ab, kann sich aber pauschale Vergütungsmodelle in Teilbereichen wie bspw. Musik und Film vorstellen. Wie ist Ihre Meinung dazu?

Ich kann mir einer Pauschale im Sinne einer „Kultursteuer“ im Filmbereich nicht vorstellen. Die Akzeptanz muss wachsen für den gezielten Konsum von z.B. Filmen oder Musik im Internet etwas zu zahlen. Eine Pauschale für das surfen im Internet wäre unangenehm und nicht zielführend.
Eher sollten Portale vereinfacht und verstärkt angeboten werden, sich z.B. Filme für wenig Geld ansehen zu können.

Eine Sperrung eines Internetanschlusses bei einer – bewusst oder unbewusst – begangenen Urheberrechtsverletzung betrachtet die SPD-Fraktion als nicht verhältnismäßig. Wie könnten Maßnahmen zum Schutz geistigen Eigentums im Netz aussehen, ohne jedoch Kontrollmechanismen und -strukturen zu etablieren?

Auch ich denke, dass die Sperrung des Internetanschlusses zu weit geht. Ausreichender Schutz vor Urheberrechtsverletzungen, ohne internationale Kontrollmechanismen, wird schwer sein zu erreichen. Wahrscheinlich wird es in den nächsten Jahren weiterhin eine Vielzahl an Missbräuchen geben. Diese Verluste kann man vorab einkalkulieren und versuchen, durch ständig wachsende legale Angebote entgegen zu wirken.

Die Erfahrungen mit den Sharehostern kino.to und megaupload.com zeigen, dass Plattformbetreiber, deren Geschäftsmodelle auf die massenhafte Verletzung geistigen Eigentums ausgerichtet sind, schon heute wirksam bekämpft werden können. Wie sollten dennoch die Regelungen zur Verantwortlichkeit von Hostprovidern neu justiert werden? Sollten die inkriminierten Inhalte entfernt werden?

Einige Internetseiten wie kino.to wurden abgeschaltet, jedoch war einige Tage später kinox.to online, ein simpler Ableger der Seite. Die beschuldigten Inhalte solcher Hostprovider sollten also auch entfernt werden.
Es ist gut, dass gegen diese Hoster effektiv vorgegangen wird, doch es braucht mehr Schlagkraft, um diese Verstöße auch wirklich zu bekämpfen, vor allem international.
Gerade das Thema „Streamen“ ist eine schwierige Frage. Ich denke, für den Moment sollte man diese Grauzone nicht belangen und sich vorerst um die Verstöße verstärkt kümmern, wo Downloads mit illegalen Vervielfältigungen geschehen. Sobald die Akzeptanz unter den Nutzern wächst, für ein wenig Geld einen Film online zu sehen und mehr benutzerfreundliche, faire Plattformen vorhanden sind, lösen sich diese Streamseiten nach und nach auf. Dazu muss die Werbung auf diesen Seiten verboten werden.

Wie ist Ihre Meinung zu dem Papier „Zwölf Thesen für ein faires und zeitgemäßes Urheberrecht“ der SPD-Fraktion insgesamt? Haben Sie darüber hinaus Anregungen?

Meiner Meinung nach enthält das Papier die richtigen Ansätze und Grundgedanken.
Ich finde es richtig, dass die Balance zwischen Urheber, Verwerter und Nutzer neu gefunden und gesetzt werden muss. Meinungsbildung unter den Nutzern, dass im Internet nicht alles frei sein kann, könnte verstärkt angesprochen werden. Auch die Stärkung von Verwertungsgesellschaften darf nicht außer Acht gelassen werden. Viele haben durch den Einbruch der GVL Auszahlungen in den letzten Jahren erhebliche finanzielle Einschnitte erlebt. Man sollte sich daher nicht nur auf die neuen Medien und neue Ansätze konzentrieren, sondern auch bestehende stärken und Verbesserungen schaffen. Es kann nicht oft genug betont werden, das die Macher von künstlerischen Inhalten auch ihre Miete bezahlen müssen. Daher sollte vor allem die Grundmeinung „Im Netz muss alles umsonst bleiben“ öffentlich in Frage gestellt werden. Dies erst
schafft eine Grundlage an Nutzern für eine angestrebte Balance.
Die Ausarbeitung eines europäischen Urheberrechts wäre ein weiterer wichtiger Schritt hin zu mehr europäischen Filmen und würden die Co-Produktionen vielleicht attraktiver machen.

Mehr zu Florian Bartholomäi gibt es hier.

Das Interview führte Alexander Linden.

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