Im alten Gasturbinenwerk in Berlin-Moabit gab es im November prominenten Besuch: Kanzler Olaf Scholz höchstpersönlich drückte den Startknopf zur Serienproduktion von Wasserstoff-Elektrolyseuren, die Siemens Energy zusammen mit Air Liquide aus Frankreich herstellt.

Die Wasserstoff-Produktion spielt eine zentrale Rolle für die grüne Transformation der deutschen Wirtschaft – und weltweit, denn der grüne Wasserstoff kann fossile Brennstoffe im großen Stil ersetzen. 2025 planen Siemens Energy und Air Liquide bereits eine jährliche Elektrolysekapazität von drei Gigawatt.

Damit können beim Betrieb mit erneuerbaren Energien durchschnittlich 300.000 Tonnen grüner Wasserstoff pro Jahr hergestellt werden. Wird diese Menge grüner Wasserstoff als Ersatz für fossile Brennstoffe eingesetzt, könnten die CO2-Emissionen einer deutschen Großstadt wie Aachen mit rund 260.000 Einwohnerinnen und Einwohnern gespart werden.

„Mit Energieproduktion und allem, was man dafür braucht, lässt sich Geld verdienen, gestern, heute und auch in der klimaneutralen Zukunft.“

— Olaf Scholz, Bundeskanzler

Die Bundesregierung fördert den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft massiv. Bis 2030 sollen zehn Gigawatt Elektrolysekapazität aufgebaut werden. Das ist doppelt so viel wie bisher – und ein wichtiger Baustein für das Erreichen des im Klimaschutzgesetz vorgegebenen Ziels, bis 2045 klimaneutral zu sein.

Aktive Industriepolitik

Die Unterstützung für den Aufbau des grünen Wasserstoffs ist Teil einer Gesamtinvestitionsoffensive, mit der die Ampel-Koalition Deutschland fit für die Zukunft machen will. Die Mittel, die dafür im Klima- und Transformationsfonds (KTF) zur Verfügung stehen, fließen etwa in die Förderung von klimafreundlichen Investitionen von Unternehmen, den Auf- und Ausbau von Solarenenergie und Windkraft, Subventionen für die Ansiedlung von Zukunftsindustrien wie die Fertigung von Halbleitern oder Batterien.

„Wir brauchen eine aktive Industriepolitik. Das stärkt Deutschland als Industriestandort. Wir müssen mit klugen industriepolitischen Anreizen punkten, damit wir die Wirtschaft bestmöglich auf ihrem Weg zur Transformation unterstützen“, begründet Verena Hubertz, stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende, die öffentlichen Investitionen.

Das gilt weiter, auch nachdem die Bundesregierung den Haushaltsentwurf 2024 basierend auf dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Schuldenbremse im November noch einmal anpassen musste.

Auch mit der neuen Einigung halte die Regierung an ihrem Ziel fest, den klimaneutralen Umbau des Landes kraftvoll voranzutreiben, so der Kanzler, nachdem der Haushalt überarbeitet worden war. „Nur so können wir die Jobs der Zukunft schaffen und den Wohlstand in unserem Land sichern.“

Zentrale Programme werden fortgesetzt Im Klima- und Transformationsfonds mussten nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts für das Jahr 2024 zwar 12,7 Milliarden Euro eingespart werden – doch aufgrund von Umschichtungen, Einsparungen an anderer Stelle und der Erschließung neuer Einnahmequellen stehen im KTF für 2024 weiterhin rund 49 Milliarden und für 2025 weitere 40 Milliarden Euro zur Verfügung. Die Modernisierung und der Ausbau des Schienennetzes soll vor allem über eine Eigenkapitalerhöhung der Deutschen Bahn finanziert werden.

„Zentrale Programme werden konsequent fortgesetzt, so dass der Standort und die Wertschöpfung in der industriellen Transformation gesichert und zukunftsfähig gemacht wird, zigtausende Arbeitsplätze erhalten und neue geschaffen werden können“, sagt Hubertz.

„Vor Deutschland liegt die größte Transformation der Wirtschafts- und Arbeitswelt seit Beginn der Industrialisierung“, so SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch. Nach über 200 Jahren, in denen unser Wohlstand darauf gründete, Kohle, Öl und Gas zu verbrennen, müsse in sehr kurzer Zeit der Übergang von einer fossilen Industriegesellschaft zu einer klimaneutralen und digitalen Wirtschaft und Industrie gelingen – die grüne Transformation.

„Wir brauchen eine aktive Industriepolitik. Das stärkt Deutschland als Industriestandort.“

— Verena Hubertz, Fraktionsvizin

Voraussetzung dafür ist der schnellstmögliche Ausbau der notwendigen Infrastruktur, vom Digitalen über robuste Strom- und Wärmeleitungen bis hin zu Speichermöglichkeiten. Rohstoffintensive Industrien können international nur konkurrenzfähig bleiben, wenn in Deutschland auch die Kapazitäten zur Erzeugung von grünem Wasserstoff sehr rasch erweitert werden.

Hohe Investitionskosten

Doch damit das gelingt, muss der Staat die Wirtschaft dabei unterstützen, neue CO2-freie Herstellungsverfahren und Produkte aufzubauen. Denn die Investitionskosten sind hoch und die Einnahmen anfangs vergleichsweise gering. „Öffentliche Investitionen sind entscheidend für die Zukunftsfähigkeit Deutschlands“, so Miersch.

Andere Staaten subventionieren ihre Industrien erheblich beim Umbau. Wie etwa die USA mit dem „Inflation Reduction act“. Ein großes, über zehn Jahre gestrecktes Investitionsprogramm, mit dem US-Präsident Joe Biden die ökologische Transformation der US-Wirtschaft unterstützen will.

Northvolt schafft Jobs

Was öffentliche Investitionen bewirken, kann man hierzulande zum Beispiel in Heide in Schleswig-Holstein miterleben. Dort hat das schwedische Unternehmen Northvolt sich entschieden, in den Bau einer Batteriefabrik zu investieren – auch, weil der deutsche Staat dies unterstützt. Die Ampelkoalition hat Anfang Dezember gut eine halbe Milliarde Euro für das Projekt freigegeben.

Northvolt will in Heide ab 2026 Batteriezellen für Elektroautos herstellen. Durch die 4,5 Milliarden Euro teure Investition sollen 3000 Arbeitsplätze entstehen, dazu noch drei- bis viermal so viele bei Zulieferern und Dienstleistern. Die staatliche Grundinvestition wirkt hier also wie ein Katalysator.

Der Weg zur Klimaneutralität führt im Übergang mitunter allerdings auch zu Belastungen für Verbraucher:innen und Unternehmen. Deshalb hilft der Staat auch hier: Etwa die Hälfte der Gelder aus dem Klima- und Transformationsfonds dienen der Entlastung von Bürger:innen sowie von Firmen.

„Die großen Veränderungsprozesse zur Klimaneutralität dürfen nicht zulasten der Schwächeren in der Gesellschaft gehen.“

— Matthias Miersch, Fraktionsvize

Unternehmen, die energieintensiv produzieren und weiter unter der in Folge des russischen Angriffs auf die Ukraine gestiegenen Strompreise leiden, werden unterstützt. So soll im Kernhaushalt eine Stromsteuersenkung im Wert von drei Milliarden Euro für das produzierende Gewerbe ermöglicht werden. Außerdem profitieren die rund 390 Unternehmen, die am stärksten im internationalen Wettbewerb stehen, weiter von der Strompreiskompensation.

Förderung bei der Wärmewende

Die EEG-Umlage, die dazu dient, die Förderung des Ausbaus von Solar-, Wind-, Biomasse- und Wasserkraftwerken zu finanzieren, wird auch 2024 vom Staat übernommen. Das entlastet nicht nur breite Teile der Wirtschaft beim Strompreis, sondern auch alle Bürger:innen.

Zudem werden Bürger:innen weiterhin in großem Umfang finanziell unterstützt, wenn sie ihre Wohnhäuser sanieren oder die Heizung auf Klimafreundlichkeit umstellen. Die beim Beschluss des Heizungsgesetzes angekündigte Förderung wird kommen. Dabei gibt es eine starke soziale Komponente – wer weniger verdient, bekommt eine stärkere Förderung, sie kann bis zu 70 Prozent des Kaufpreises der neuen Heizung betragen.

„Der große Veränderungsprozess zur Klimaneutralität, den wir brauchen, um unseren Wohlstand erhalten zu können, wird nur gelingen, wenn wir die Voraussetzungen schaffen, dass Kosten und Chancen gerecht verteilt sind“, sagt Matthias Miersch. Aus der Sicht der SPD-Fraktion sei es unerlässlich, dass dieser Weg nicht zulasten der Schwächeren in der Gesellschaft gehe. Nur so, sagt Miersch, werde dieser Wandel auch von einer Mehrheit der Bevölkerung mitgetragen werden.