Krach, Chaos und politischer Stillstand sind die Markenzeichen der Regierung Merkel. Wir gehen in dieser Woche in die erste Lesung des Bundeshaushaltes für das Wahljahr 2013, und die schwarz-gelbe Koalition ist so zerrissen und ziellos wie eh und je. Das Schlimmste: Sie versagt bei den großen Herausforderungen. Beim demografischen Wandel mit seinen Konsequenzen für Arbeit, soziale Sicherheit und Rente ebenso wie bei den Folgen der nun drei Jahre schwelenden Krise im Euroraum, die Europa dieses Jahr in die Rezession rutschen lässt. Deutschland bleibt davon nicht unberührt. Es geht um unser Geld bei den Hilfskrediten. Aber es geht auch um unsere Arbeitsplätze. Zuerst Kurzarbeit bei Ford in Köln. Dann Kurzarbeit bei Opel in Rüsselsheim. Jetzt meldet auch VW eine Absatzkrise in Westeuropa und sinkende Produktion. In diesem Jahr wird Volkswagen rund 150.000 Fahrzeuge weniger verkaufen als erwartet. Wenn das so weitergeht, ist auch beim erfolgreichsten deutschen Autobauer in einigen Monaten Kurzarbeit nicht mehr ausgeschlossen.

Angela Merkel ist nicht nur die Kanzlerin der verschlafenen Chancen. Sie wird immer mehr zur Kanzlerin der wachsenden Instabilität, der sozialen Verunsicherung und der heimlichen Verschuldung.

Die Regierung Merkel ist entscheidungsunfähig bei der Rente

Ministerin von der Leyen kapituliert vor der eigentlichen Ursache künftiger Altersarmut: der Erwerbsarmut. Langzeitarbeitslosigkeit, mangelnde Erwerbsbeteiligung, prekäre Arbeitsverhältnisse und schlechte Löhne müssen das Thema sein. Von der Leyen aber blockiert den gesetzlichen Mindestlohn und die Durchsetzung des Grundsatzes „gleicher Lohn für Leiharbeit“. Statt Ursachen zu bekämpfen, liefert sie mit der so genannten „Zuschussrente“ eine Scheinlösung. Für die Menschen, die wirklich eine bessere Rente brauchen, wird das zur Enttäuschung. Es empfiehlt sich, das Kleingedruckte zu lesen. Denn die Zugangsvoraussetzungen sind so eng, dass gerade Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit geringen Löhnen sie kaum erfüllen werden. Für Menschen, die im Alter nicht mehr arbeiten können, hat von der Leyen gar keine Antwort. Und selbst mit ihrem Renten-Placebo ist sie an den eigenen Leuten gescheitert. Die Koalitionsfraktionen haben wohl auch gemerkt, dass es ihr nicht um die Rentnerinnen und Rentner, sondern nur um ihr eigenes Image geht.

Wir dürfen nicht zulassen, dass große Teile der Bevölkerung in Altersarmut abrutschen. Dieser Verantwortung hat die SPD sich immer gestellt. Die Verlängerung der Lebensarbeitszeit und die Ergänzung um eine private Vorsorge gehören dazu. Die gesetzliche Rente muss der stabile Kern der Alterssicherung bleiben. Sie wird aber ihre Glaubwürdigkeit nur behalten, wenn Menschen, die ein Leben lang zu niedrigen Löhnen gearbeitet haben, am Ende eine Rente bekommen, die über der Grundsicherung liegt. Außerdem hängt die Akzeptanz der Rente mit 67 daran, dass wir Lösungen für erkrankte und schwer belastete Menschen schaffen. Das sind die Herausforderungen, denen wir uns heute stellen müssen. Wir wollen mit einer Teilrente den flexiblen Übergang vom aktiven Berufsleben in den Ruhestand möglich machen. Eine Verbesserung der Erwerbsminderungsrente soll der Angst begegnen, bei gesundheitlichen Problemen nicht mehr arbeiten zu können. Zudem soll in Zukunft eine Solidarrente den Niedrigverdienern eine Altersversorgung oberhalb der Grundsicherung bieten. Die muss aus Steuermitteln finanziert werden.

Die EZB-Lüge Angela Merkels

In der vergangenen Woche hat EZB-Präsident Mario Draghi bekannt gegeben, dass die Zentralbank ohne Limit Staatsanleihen kaufen werde, um die Kosten der Refinanzierung von Ländern wie Spanien oder Italien zu senken. Auch diese Nachricht gehört in die Haushaltsdebatte des Deutschen Bundestages. Denn hier geht es um mögliche finanzielle Belastungen unseres Landes.

Die Europapolitik Merkels fußt auf einem Wählerbetrug von beispiellosen Dimensionen. Während sie öffentlich vor einer „Vergemeinschaftung“ von Schulden warnt, lädt sie hinterrücks die Verantwortung für den Bestand des Euro bei der Europäischen Zentralbank ab. In ihren Regierungserklärungen vor dem Deutschen Bundestag hat Merkel in diesem Jahr viele Erklärungen abgegeben, die EZB aber hat sie – sehr bewusst – mit keinem Wort erwähnt. Denn die EZB, für die alle Euroländer einstehen und für die der deutsche Steuerzahler zu fast einem Drittel haftet, soll jetzt durch den unbegrenzten Kauf von Staatsanleihen eine Pleite der Krisenländer abwenden. Das ist Merkels Schuldenunion – heimlich, durch die Hintertür und außerhalb parlamentarischer Kontrolle. Wir fordern die Bundesregierung auf, dieser unwürdigen Verlogenheit ein Ende zu machen und den deutschen Bürgerinnen und Bürgern die Wahrheit zu sagen. Nur eine klare Sprache, nur die offene Debatte, nur die demokratische Entscheidung kann Europa retten.

Wir streiten um das notwendige Maß der parlamentarischen Kontrolle. Dies sind grundlegende Fragen unserer Demokratie, die uns seit Monaten im Bundestag beschäftigen. Immer wieder mussten wir Merkel auffordern, das Parlament rechtzeitig und umfassend zu unterrichten. Mehrfach hat die Bundesregierung gegen dieses Gebot verstoßen und musste vom Bundesverfassungsgericht zur Ordnung gerufen werden. Vor diesem Hintergrund erwarten wir mit großer Spannung das Urteil des höchsten Gerichts zum Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM). Der 12. September wird ein wichtiger Tag für Europa sein. Auch wegen der zeitgleich stattfindenden Parlamentswahl in den Niederlanden, wo wir unseren Genossinnen und Genossen in der PvdA die Daumen drücken.

Der Zukunftskongress

Deutschland ist heute noch stark. Aber die Zweifel sind groß, ob das Land eine gute Zukunft hat. Verschuldung, Eurokrise, Energiewende, gespaltener Arbeitsmarkt und Ausgrenzung gesellschaftlicher Gruppen – die Verunsicherung wächst. Das Chaos der amtierenden Regierungskoalition verschlimmert die Lage. Deutschland hat kein Bild mehr von einer gemeinsamen Zukunft. Unserer Gesellschaft fehlt eine Zukunftsdebatte, die den Blick wieder auf die großen Herausforderungen richtet. Diese Debatte wollen wir neu anstoßen. Deshalb lädt die SPD-Bundestagsfraktion am 14. und 15. September zum Zukunftskongress in Berlin ein.

Weniger Schulden, mehr Bildung – das steht für uns im Mittelpunkt. Die größte Sorge der Menschen ist eine unkontrollierte Neuverschuldung. Wir müssen die Verschuldung senken. Damit machen wir uns unabhängiger von den Finanzmärkten und sichern letztlich auch die künftigen Handlungsspielräume unserer Demokratie. Eine gute Zukunft der Menschen hängt wie nie zuvor von besser Bildung ab. Nur so können sie Arbeit finden. Nur so steigen Beschäftigung und Löhne. Nur so gewinnen wir auf Dauer soziale Sicherheit und einen stabilen Sozialstaat. Wir müssen mehr in Bildung investieren. Die Zukunftschancen dürfen nicht mehr von der sozialen Herkunft der Menschen bestimmt werden. Deshalb wollen wir das Kooperationsverbot abschaffen, ein neues Ganztagsschulprogramm auf den Weg bringen und mit einer Arbeitsversicherung die Weiterbildung für alle zugänglich machen.

Gleichstellung von Frauen, Chancen für Ältere. Wir können uns nicht mehr erlauben, Talent zu vergeuden und Engagement zu entmutigen. Die Arbeitswelt muss moderner werden. Im vergangenen Jahrzehnt haben wir die Arbeitslosigkeit gesenkt. Jetzt gilt es, Qualität und Niveau der Beschäftigung zu erhöhen. Bei Arbeit gilt nicht nur Masse, sondern Klasse. Bessere Bildung muss höhere Löhne und faire Vergütung für Kreativleistungen nach sich ziehen. Gut ausgebildete Frauen müssen bessere Chancen im Beruf haben. Das Betreuungsgeld ist ein fundamentaler Fehler. Wir werden alles tun, um es zu verhindern. Kommt es doch noch, werden wir es in den ersten 100 Tagen unserer Regierung abschaffen. Stattdessen wollen wir den Kita-Ausbau, gleichen Lohn für gleiche Leistung und mehr Frauen in Führungspositionen.

Gerechtigkeit ist die Schlüsselfrage. Wir versprechen nichts, was wir nicht halten können. Seriöse Politik muss sich ehrlich machen. Deshalb gilt: Wer weniger Schulden und mehr für Bildung will, braucht ein gerechtes Finanzkonzept. Statt Steuersenkungsversprechen und Klientelgeschenken brauchen wir Zukunftsvorsorge mit soliden öffentlichen Haushalten. Auch die Starken müssen dazu beitragen. Die Erhöhung des Spitzensteuersatzes und der Abgeltungssteuer auf Kapitalerträge gehört dazu.

Über diese Fragen wollen wir am Freitag und Samstag dieser Woche mit den 1.100 Menschen diskutieren, die ihr Kommen angemeldet haben.