Zuvor hatte der Sitzungsvorstand zu einer anderen Abstimmung einen so genannten Hammelsprung angeordnet. Dabei handelt es sich um ein spezielles Abstimmungsverfahren, bei dem die Abgeordneten den Plenarsaal verlassen und ihn wieder durch eine von drei Türen betreten müssen, die jeweils für Ja, Nein oder Enthaltung stehen. Dabei kam heraus, dass nur 211 Parlamentarier anwesend waren – statt der erforderlichen 311. Direkt danach hätten die Beratungen über das Betreuungsgeld beginnen sollen.
Oppermann: „Auflehnung gegen Merkel“
SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann wies nach der Sitzung darauf hin, dass 126 Abgeordnete der Koalition abwesend waren: „Das war ein stummer Protest der Koalitionsabgeordneten gegen das Betreuungsgeld und eine Auflehnung gegen Bundeskanzlerin Merkel.“ Im Bundestag gebe es eine klare Mehrheit gegen das Betreuungsgeld, so Oppermann. „Ich habe von vielen Abgeordneten der Koalition augenzwinkernd die Botschaft bekommen: Sie sind nicht unglücklich über diesen Vorgang.“
Es sei nicht Aufgabe der Opposition fehlende Stimmen der Koalition zu ersetzen, stellte der SPD-Fraktionsgeschäftsführer klar. Die Beschlussunfähigkeit habe sich die Koalition ganz und gar selbst zuzuschreiben.
Ziel der schwarz-gelben Koalition war es, das Betreuungsgeld noch vor der Sommerpause im Eilverfahren durch den Bundestag zu bringen. Mit dem Scheitern der heutigen Einbringung des Gesetzentwurfs wird dieser Zeitplan der Regierung immer unwahrscheinlicher. „Es gibt überhaupt keinen Grund, das Gesetz vor der Sommerpause eilig durchzupeitschen,“ so Oppermann.
„Die fehlende Mehrheit beim Betreuungsgeld sei „ein Scheitern mit Ansage“. Die breite Kritik am Betreuungsgeld innerhalb der Koalition sei lange bekannt gewesen. Oppermann: „Der ganze Vorgang ist ein weiteres Beispiel für den Zerfall der Koalition.“