Die vielen akuten kriegerischen Konflikte machen uns auf dramatische Weise bewusst: Die Hoffnung nach Ende des kalten Krieges, die Welt würde zu einer neuen, einer friedlicheren Ordnung finden, hat sich nicht erfüllt. Die barbarische Brutalität der Terrormiliz „Islamischer Staat“ im Nord-Irak, die Kämpfe in der Ost-Ukraine und der bewaffnete Konflikt im Gaza-Streifen – allein diese Brennpunkte vermitteln in der Summe den Eindruck, die Welt sei aus den Fugen geraten.
In dieser unübersichtlichen außen- und sicherheitspolitischen Gemengelage sind wir froh, dass wir Frank-Walter Steinmeier als Außenminister haben. Wir danken ihm für seine hervorragende Arbeit und werdenihn in seinem unermüdlichen diplomatischen Engagement weiterhin voll unterstützen.
Ukraine: Besonnen handeln
Kluges Handeln und Besonnenheit, beides sind elementare Grundpfeiler unserer friedenssichernden Außen- und Sicherheitspolitik. Deshalb gilt: Die internationale Gemeinschaft muss auf die anhaltenden Souveränitätsverletzungen Russlands eine deutliche Antwort finden und glaubwürdig Grenzen aufzeigen, ohne den Gesprächsfaden mit Russland abreißen zu lassen. Auf dem NATO-Gipfel in Wales ist dies, nicht zuletzt auf Betreiben Deutschlands, gelungen: Die Sicherheitsmaßnahmen insbesondere für das Baltikum und Polen werden verstärkt; gleichzeitig bleibt die NATO-Russland-Grundakte gewahrt, indem die NATO auf eine dauerhafte Stationierung substanzieller Kampftruppen in Ostmitteleuropa weiterhin verzichtet.
Wir wissen, der Konflikt in der Ukraine lässt sich nicht mit militärischen Mitteln lösen, deswegen ist das Ringen um Fortschritte bei einer politischen Konfliktregelung ohne Alternative. Der zum Wochenende vereinbarte Waffenstillstand ist ein erster wichtiger Schritt zu einer friedlichen Beilegung des Konflikts. Ob er Bestand hat, bleibt indes nach den Erfahrungen der vergangenen Tage und Wochen abzuwarten. Europa muss gerade in dieser kritischen Phase eng zusammenbleiben. Denn nur gemeinsam können wir Europäer Frieden, Freiheit und Demokratie auf unserem Kontinent bewahren.
Nord-Irak: Humanitäre Hilfe hat Priorität
Vergangene Woche haben wir die die Bundesregierung darin unterstützt, die Not der Flüchtlinge im Norden Iraks mit Hilfslieferungen zu lindern und den von den kurdischen Sicherheitskräften im Kampf gegen die vorrückenden Truppen der ISIS dringend benötigte Waffen abgestimmt mit unseren europäischen Partnern zu liefern. Wir sind überzeugt: Wir dürfen nicht wegschauen, wenn fast zwei Millionen Menschen in der betroffenen Region von unsäglicher Gewalt und Vertreibung bedroht sind. Dies bedeutet keine Kehrtwende in unserer Außen- und Sicherheitspolitik. Es ist auch kein „Tabubruch“, denn von unserem Grundsatz, keine Waffen in Krisenregionen zu liefern, rücken wir nicht ab. Vielmehr sind die militärischen Nothilfen das Ergebnis einer verantwortungsethisch und außenpolitisch schwierigen, aber wohl begründeten Abwägung in einer sicherheitspolitischen Ausnahmesituation.
Unser Ziel ist es, den Menschen vor Ort zu helfen. Deshalb fordern wir, die humanitären Hilfen im und für den Nord-Irak zu verstärken. Aber trotz unserer Hilfe in diesem oder in anderen Spannungsgebieten der Welt werden immer mehr Menschen aus ihrer Heimat in sicherere Regionen fliehen. Auch Deutschland nimmt in diesem Jahr so viele Flüchtlinge auf wie seit Jahren nicht mehr; wir haben in Abstimmung mit unseren Landesinnenministern unsere Bereitschaft bekundet, weitere Flüchtlinge aus der Region aufzunehmen. Gleichwohl gilt auch in diesem Zusammenhang: Europa muss endlich gemeinsam Lösungen finden, damit wir den Menschen helfen können, die unseren Schutz am nötigsten haben.
Solide haushalten - verantwortungsvoll gestalten
In dieser Woche beraten wir in 1. Lesung den Bundesaushalt 2015 und die Finanzplanung bis 2018. Auch wenn die außenwirtschaftlichen Risiken in der aktuellen Lage evident sind: der Bundeshaushalt 2015 ist eine Zäsur. Zum ersten Mal seit 46 Jahren legen wir einen Haushalt ohne neuen Schulden vor. Das ist ein großer Erfolg für die Sozialdemokratie, auf den wir zu Recht stolz sein dürfen!
Denn wir wissen, nur ein Staat, der über die notwendigen finanziellen Spielräume verfügt, kann gestalten und investieren, kann für Gerechtigkeit und sozialen Ausgleich sorgen. Nur ein Staat, der handlungsfähig ist, kann in Krisen reagieren und Arbeitsplätze erhalten.
Einen ausgeglichenen Haushalt mit klugen Investitionen zu verbinden - das haben wir unseren Wählerinnen und Wählern bei der letzten Bundestagswahl versprochen und das haben wir im Koalitionsvertrag erfolgreich verankert. Unser Versprechen lösen wir jetzt ein:
- Wir stellen 6 Milliarden Euro mehr für Kitas, Schulen und Hochschulen zur Verfügung. Das Sondervermögen „Kinderbetreuungsausbau“ stocken wir auf 1 Milliarde Euro auf.
- Wir entlasten die Kommunen in 2015 um eine weitere Milliarde im Vorgriff auf das Bundesteilhabegesetz. Zudem haben unsere sozialdemokratischen Ministerinnen und Minister im Rahmen einer Protokollnotiz klargestellt, dass wir bereits für das Jahr 2017 anstreben, die finanzielle Unterstützung der Kommunen um weitere 2 Milliarden Euro anzuheben, ehe ab 2018 die volle Entlastungwirkung im Umfang von 5 Milliarden Euro eintritt.
- Wir investieren in dieser Legislaturperiode insgesamt 5 Milliarden Euro zusätzlich in unsere Verkehrswege.
Der Haushalt 2015 ist Ausdruck sozialdemokratischer Finanzpolitik: Gestaltungsspielräume heute sinnvoll nutzen und sie auch künftigen Generationen erhalten.
Offensive für mehr Investitionen
Damit Deutschland auf Dauer nicht den Anschluss verliert, brauchen wir eine
leistungsfähige Infrastruktur. Derzeit liegt unsere gesamtstaatliche Investitionsquote, die private und öffentliche Investitionen umfasst, aber deutlich unter dem Durchschnitt der OECD-Länder. Zahlreiche Untersuchungen zeigen: Im Augenblick leben wir von der Substanz.
Mit staatlichen Mitteln allein können wir die notwendigen Zukunftsinvestitionen nicht stemmen. Wir müssen daher Wege finden, um mehr privates Kapital in den Ausbau unserer Stromnetze, in erneuerbare Energien oder den Breitbandausbau zu lenken. Die Bundesregierung will Versicherungsunternehmen deshalb die Möglichkeit eröffnen, stärker in solche Projekte zu investieren. Das ist sinnvoll, kann aber nur ein erster Schritt sein. Wir unterstützen unseren Wirtschaftsminister Gabriel deshalb darin, zusammen mit der Wirtschaft eine breite Offensive für mehr Investitionen auf den Weg zu bringen.
Eine neue Privatisierungsdebatte wird es mit der SPD allerdings nicht geben. Für uns steht außer Frage: Autobahnen und Schienenwege sind und bleiben öffentliches Eigentum! Und für öffentlich-private Partnerschaften haben wir im Koalitionsvertrag klare Regeln vereinbart.
Handlungsfähigkeit aller staatlichen Ebeen sichern
Bund, Länder und Kommunen – alle staatlichen Ebenen müssen in der Lage sein, ihre Aufgaben ohne neuen Schulden zu finanzieren. Mit dem Auslaufen des Solidarpakts im Jahr 2019 und der vollen Wirkung der Schuldenbremse in den Länderhaushalten ab 2020 müssen wir unser föderales Finanzsystem neu justieren.
Mit CDU und CSU ist im Koalitionsvertrag vereinbart, bis Mitte der Legislaturperiode einen Vorschlag für die Neuordnung und Entflechtung der föderalen Einnahmen- und Aufgabenverteilung zu erarbeiten. Für uns ist selbstverständlich, dass das Parlament in dieser entscheidenden Frage nicht außen vor bleiben darf. Deshalb haben wir gemeinsam mit der Unionsfraktion eine Arbeitsgruppe gebildet, die die Arbeiten der Finanzminister von Bund und Länder inhaltlich begleitet.
Leitmotiv der SPD-Bundestagsfraktion ist dabei der soziale Bundesstaat. Hieraus leitet sich unsere Kernforderung ab, weiterhin für gleichwertige Lebensverhältnisse in Deutschland zu sorgen. Voraussetzung hierfür ist ein solidarischer Ausgleich - sowohl zwischen Bund und Ländern („vertikal“), als auch zwischen den Ländern untereinander („horizontal“). Die Forderung nach einer größeren Steuerautonomie der Länder lehnen wir deshalb ab. Sie würde zu einem Wettbewerb um immer niedrigere Steuern führen und stünde im krassen Widerspruch zum grundgesetzlichen Solidarprinzip. Wir setzen uns dagegen für einen fairen Ausgleich zwischen Regionen mit unterschiedlicher Wirtschaftskraft ein, auf Grundlage sinnvoller und gerechter Kriterien.