Im ersten Teil des SGB IX wird es eine Neuformulierung des Behindertenbegriffs gemäß UN-Behindertenrechtskonvention geben. Es werden – zunächst auf fünf Jahre befristet –  präventive Modellvorhaben festgelegt, die dazu beitragen sollen, eine wesentliche Behinderung oder chronische Erkrankungen zu vermeiden. Diese Modellvorhaben werden evaluiert und gegebenenfalls in Dauerrecht überführt. Über ein Teilhabeplanverfahren soll verbindlich und schneller „wie aus einer Hand“ geklärt werden, wer auf welche Leistung einen Anspruch hat. Eine unabhängige Teilhabeberatung ist vorgesehen, die dazu beitragen soll, dass Betroffene ihre Rechte besser wahrnehmen können. In den Beratungsstellen soll auch die sogenannte „Peer-Counseling-Methode“ angewandt werden. Das bedeutet Beratung von Menschen mit Behinderungen durch Menschen mit Behinderungen. Das Angebot setzt auf bestehenden Strukturen auf.

Zur besseren Teilhabe am Arbeitsmarkt wird es künftig Alternativen zu den Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM) geben, zum einen durch andere Anbieter und zum anderen durch das Budget für Arbeit. Letzteres soll den Weg in den ersten Arbeitsmarkt ermöglichen. Dazu werden den Arbeitgebern, die Menschen mit Behinderungen einstellen, Lohnkostenzuschüsse von bis zu 75 Prozent des gezahlten Lohns gewährt. Zudem soll es ein Rückkehrrecht in die WfbM geben, wenn der Wechsel in den ersten Arbeitsmarkt nicht gelingt. Ebenfalls im ersten Teil des SGB IX wird es eine Begriffsdefinition zur sozialen Teilhabe und einen damit verbundenen Leistungskatalog sowie Verbesserungen in der Frühförderung für Kinder und bei der Teilhabe an Bildung geben.

Im zweiten Teil des SGB IX wird das Recht der Eingliederungshilfe geregelt. Anders als bisher sollen nicht mehr die Angebots- und Wohnformen die Leistungen bestimmen, sondern der Mensch mit Behinderungen steht im Mittelpunkt (Personenzentrierung). Es ist auch vorgesehen, dass bestimmte Leistungen für eine Gruppe von Menschen mit Behinderungen zusammengelegt werden können (Poolen), wie die Beförderung über einen Fahrdienst. Damit wird sowohl die Wirtschaftlichkeit der Leistungen im Auge behalten, aber es werden auch Leistungsangebote geschaffen, die für Einzelpersonen gar nicht erbracht werden könnten. Hierbei soll sehr differenziert vorgegangen werden. Das Poolen soll nur dann zum Zuge kommen, wenn es den Betroffenen zuzumuten ist. Das für die Eingliederungshilfe geltende individuelle Bedarfsdeckungsprinzip wird durch das Poolen nicht eingeschränkt.

Des Weiteren wird die Einkommens- und Vermögensberücksichtigung in der Eingliederungshilfe verbessert, um den Menschen mit Behinderungen und ihren Partnerinnen und Partnern mehr finanziellen Spielraum zu geben. Bereits 2017 werden die Freibeträge für Erwerbseinkommen um bis zu 260 Euro monatlich und für das Vermögen von 2.600 Euro um 25.000 Euro deutlich erhöht. Ab 2020 soll der Freibetrag für das Vermögen 50.000 Euro betragen. Zudem wird ab diesem Zeitpunkt das Partnereinkommen freigestellt. Das Vermögen der Partner soll ab 2022 komplett freigestellt werden. Der Freibetrag für das Arbeitsförderungsgeld von WfbM-Beschäftigten in Höhe von 26 Euro monatlich wird verdoppelt.

Im dritten Teil des SGB IX sollen unter anderem die Mitwirkungsmöglichkeiten der Menschen mit Behinderungen in den WfbM gestärkt werden. So sollen Frauenbeauftragte gewählt werden können, die Zahl der Mitglieder in den Werkstatträten erhöht, und es soll eine überregionale Interessenvertretung finanziert werden. Bei der Schwerbehindertenvertretung in Betrieben und im öffentlichen Dienst sollen die Schwellenwerte für Freistellungen abgesenkt, Heranziehungen verbessert und Fortbildungsansprüche ausgeweitet werden. Zusätzlich soll die Schwerbehindertenvertretung durch eine Büroarbeitskraft entlastet werden.

Informationen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales zum Bundesteilhabegesetz (Fragen und Antworten)

Der Referentenentwurf für ein Bundesteilhabegesetz

Anja Linnekugel