Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Besucherinnen und Besucher auf den Tribünen!

Glücklicherweise befinden wir uns in der ersten Lesung dieses Gesetzentwurfs. So sind noch viele Korrekturen möglich; danke, Herr Brinkhaus, Sie haben den Tipp schon gegeben. Im Fall des hier von der Bundesregierung vorgelegten Entwurfs eines Gesetzes zur Stärkung der deutschen Finanzaufsicht ist das auch dringend geboten, und damit meine ich keineswegs nur redaktionelle Schönheitsfehler.

(Beifall bei der SPD)

http://dbtg.tv/fvid/1772908

Werte Kolleginnen und Kollegen der Koalitionsfraktionen, Sie haben in Ihrem Koalitionsvertrag den Anlegerschutz großgeschrieben. Ich zitiere: Wir wollen ein konsistentes Finanzdienstleistungsrecht schaffen, damit Verbraucher in Zukunft besser vor vermeidbaren Verlusten und falscher Finanzberatung geschützt werden. Weiter heißt es: Kein Anbieter von Finanzprodukten soll sich der staatlichen Finanzaufsicht entziehen können.

Nun frage ich Sie, wie das zu der weichgespülten Formel passt, die Sie hier vorlegen: Die Aufsichtstätigkeit der Bundesanstalt sollte zukünftig Verbraucherfragen stärker berücksichtigen … „Berücksichtigen“ heißt doch nichts weiter als: Wir haben es einmal erwähnt, es ist aber nicht unser primäres, unser eigentliches Ziel. – Ganz nach dem Motto: Schön, dass wir mal darüber geredet haben.

(Beifall bei der SPD)

Sie schränken die Möglichkeiten der Verbraucherbeiräte noch weiter ein, indem Sie davon sprechen, dass die Aufsichtsziele dabei nicht beeinträchtigt werden dürfen. Damit ist klar: Die Etikette „Verbraucherschutz“ ist glatte Makulatur.

(Beifall bei der SPD)

Sie wollen hier einen potenziellen Interessenkonflikt suggerieren, anstatt endlich anzuerkennen, dass eines der wesentlichen Aufsichtsziele, nämlich die Solvabilität der Finanzinstitute, das Vertrauen in sie voraussetzt. Wir spüren doch alle seit dem Ausbruch der Krise, wie es um das Vertrauen der Menschen in die Finanzwirtschaft und folglich auch in die sie gestaltende Politik bestellt ist. Alle stellen ein schlechtes Zeugnis aus, egal wohin man schaut.

„Die Kreditversager“, titelt die Stiftung Warentest in diesem Monat. Sie stellt dem Gros der Anbieter ein „niederschmetterndes Ergebnis“ aus. Jeder von uns hier im Hause kennt nur zu gut die vielen Schreiben und Mails der geprellten Anleger, der Menschen, die einem System vertrauten, das schon längst aus dem Ruder gelaufen war. Die deutsche Finanzaufsicht stärken: Ja, da sind wir dabei. Sich den europäischen Entwicklungen anpassen: Ja, selbstverständlich, aber bitte nicht unter der einschränkenden Prämisse, ein verbindlicher Verbraucherschutz könne möglicherweise die Funktionsfähigkeit der Finanzmärkte ausbremsen.

(Beifall bei der SPD)

Schließlich ist im europäischen System der Finanzaufsicht der Verbraucherschutz in allen drei Verordnungen verbindlich festgeschrieben. Das soll im deutschen Gesetz nicht möglich sein? Nein, so wollen wir das nicht, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Die SPD-Fraktion hat bereits im Frühjahr dieses Jahres einen Antrag eingereicht, der diese Lücke im Verbraucherschutz schließen soll. Nochmals unsere Forderungen: Wir wollen eine Ergänzung der staatlichen Finanzaufsicht durch nichtstaatliche Organisationen als Finanzmarktwächter, also Organisationen mit Marktwächterfunktion.

(Beifall bei der SPD)

Wir brauchen ein funktionierendes und gesetzlich abgesichertes Sprachrohr für die Verbraucherinnen und Verbraucher, eine Institution, die sie gegenüber Wirtschaft und Politik richtig vertritt. Mit „richtig“ meine ich „handlungsfähig“. Wir brauchen einen klaren Auftrag an die BaFin, im Interesse des kollektiven Verbraucherschutzes tätig zu werden, und nicht, wie vorhin angesprochen, im Interesse des individuellen Verbraucherschutzes.

(Beifall bei der SPD)

Ein Verbraucherbeirat, wie unter § 8 a des vorgelegten Entwurfs zur Änderung des Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetzes vorgesehen, geht zwar in die richtige Richtung, aber er reicht in dieser Form überhaupt nicht aus. Es muss sichergestellt sein, dass der Verbraucherbeirat nicht nur einbezogen wird, sondern auch ein Anhörungsrecht bekommt.

(Beifall bei der SPD)

Wir wollen schließlich, dass für Verbraucherinnen und Verbraucher ein gutes Gesetz formuliert wird, mit dem auch sie von einer Stärkung der deutschen Finanzaufsicht profitieren. Ich finde es gut, dass der Finanzausschuss eine Anhörung für Anfang September beschlossen hat. Ich hoffe, dass dann auch die vielen wachsweichen Formulierungen als unzureichend erklärt werden.

(Beifall bei der SPD)

Die Richtung des Gesetzentwurfs mag stimmen, aber die richtigen Zielmarken fehlen noch. Wir helfen gerne, sie zu setzen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Christian Freiherr von Stetten [CDU/CSU])