Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Unser Land ist sehr reich und wird auch von außen von vielen so betrachtet und bewundert.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)
Doch wenn man aus der Nähe hinschaut, sieht man: Unser Land ist auch reich an Ungerechtigkeit.
(Max Straubinger (CDU/CSU): So gut begonnen!)
Es ist ein Skandal, dass Menschen in unserem Land über einen Werkvertrag für beispielsweise 173 Euro im Monat im Akkord Tiere schlachten. Es ist ein Skandal, dass in unserem Land über 300 000 Menschen zum Arbeits- und Sozialamt müssen, um aufzustocken.
(Dr. Heinrich L. Kolb (FDP): Das hat die SPD eingefädelt!)
Es ist auch ein Skandal, dass dieser Bundesregierung nicht jeder Mensch in unserem Land gleich viel wert ist.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Die Würde vieler Menschen wird durch den Missbrauch auf dem Arbeitsmarkt mit Füßen getreten, von der Wertschätzung der Arbeit und der Wertschätzung der Menschen ganz zu schweigen.
Die Solidarität und der Zusammenhalt in unserer Gesellschaft sind durch die Spaltung des Arbeitsmarktes, durch prekäre Beschäftigung gefährdet. Denn viele Arbeiter mit Werkverträgen werden sowohl im Betrieb als auch in der Gesellschaft stigmatisiert. In den Betrieben gibt es ein Vier-Kasten-System: die Angestellten ganz oben, die Stammbelegschaft, dann befristete Beschäftigte und Neueinsteiger und ganz unten Leiharbeiter und Arbeitnehmer mit Werkverträgen. Bei der Bank erhalten sie keinen Kredit. Auch Mietverträge sind schwierig zu bekommen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Werkverträge waren ursprünglich dazu gedacht, Dienstleistungen, die nichts mit dem Unternehmen direkt zu tun haben ‑ zum Beispiel die Wartung von Aufzügen ‑, an andere Unternehmen zu vergeben. Mittlerweile sind Werkverträge jedoch zum Kalkulationsgegenstand der Unternehmen geworden, um Lohnkosten zu drücken.
Wir müssen klarstellen, dass die Kalkulation mit prekärer Beschäftigung weder tüchtig noch besonders schlau ist.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Es ist vielmehr unredlich, Wettbewerb auf Kosten der Schwächsten und der Allgemeinheit zu betreiben.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Auch die anständigen Unternehmer, die ihre Mitarbeiter fair bezahlen, leiden unter Dumpingmethoden der ausbeuterischen Unternehmer, weil sie durch den Wettbewerb unter Druck geraten. Es ist bemerkenswert, dass selbst vermeintlich arbeitgebernahe Parteien wie die Union und die FDP die ehrlichen Unternehmer nicht vor unanständiger Billigkonkurrenz schützen.
(Gabriele Groneberg (SPD): Ja!)
Es ist unerträglich, dass die Arbeitsministerin von der Leyen zwar geübt vor Kameras ihr Mitgefühl für die Umstände und Zustände in diesem Land zum Ausdruck bringt. In der Bundesregierung unternimmt sie aber rein gar nichts, um den Menschen zu helfen und sie vor Missbrauch zu schützen. Oder kann sie sich nicht durchsetzen? ‑ Das kann ich jetzt nicht einschätzen.
(Anton Schaaf (SPD): Beides!)
Die Menschen in unserem Land brauchen endlich Sicherheit durch Gesetze statt Mitgefühl und Appelle.
(Beifall bei der SPD)
Kolleginnen und Kollegen von Union und FDP, es ist peinlich, welch scheinheilige Argumente Sie hier vorbringen. Einmal wissen Sie nicht, wie viele tatsächlich davon betroffen sind, als ob es nicht um jeden Bürger in unserem Land geht, der geschützt werden muss, dann verstecken Sie sich hinter Tarifautonomie und Mitbestimmungsrechten, und dann erklären Sie uns hier was von Informationsrechten. Dann wandeln Sie doch diese Informationsrechte in Mitbestimmungsrechte um! Dann haben wir das Problem gelöst.
(Beifall bei der SPD und der LINKEN)
Wir brauchen Regeln für einen fairen Wettbewerb; denn ohne Regeln für einen Wettbewerb ‑ ob in der Wirtschaft oder im Sport ‑ gibt es Chaos. Unser SPD-Antrag gibt diese Regeln für einen fairen Wettbewerb vor, damit die Menschen in unserem Land, in unserem reichen Land, wieder Gerechtigkeit erfahren.
Ich bin kein Jurist und rede daher nicht nur über Recht. Mir als ehemaligem Arbeiter ist das Gespür für Gerechtigkeit wichtig. Deshalb setze ich mich dafür ein, der Gerechtigkeit Recht zu verschaffen. Unser SPD-Antrag ist ein wichtiger Schritt dazu. Ich bitte Sie deshalb um Ihre Unterstützung. Hier handelt es sich um die Schwächsten in unserer Gesellschaft.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)