Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich finde es eigentlich gut, dass die FDP-Fraktion diesen Antrag vorgelegt hat, weil er noch mal die Gelegenheit gibt, deutlich zu machen, dass wir unterschiedliche Auffassungen haben, insbesondere unterschiedliche Auffassungen davon, wie Fortschritt und Innovation gestaltet werden sollen. Denn unsere Auffassung als Sozialdemokratie ist, dass wir technischen Fortschritt erst einmal menschenfreundlich gestalten müssen – ich freue mich, dass das gestern auch in den Beiträgen zum Antrag auf Einsetzung der Enquete-Kommission zum Ausdruck gekommen ist – und dass wir aus technischem und wirtschaftlichem Fortschritt sozialen Fortschritt machen wollen. Wir wollen mehr Freiheit, mehr Selbstbestimmung, aber – das unterscheidet uns – nur auf der Grundlage von mehr gleichen Chancen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich finde es eigentlich gut, dass die FDP-Fraktion diesen Antrag vorgelegt hat,

(Beifall des Abg. Dr. Wieland Schinnenburg [FDP])

weil er noch mal die Gelegenheit gibt, deutlich zu machen, dass wir unterschiedliche Auffassungen haben, insbesondere unterschiedliche Auffassungen davon, wie Fortschritt und Innovation gestaltet werden sollen. Denn unsere Auffassung als Sozialdemokratie ist, dass wir technischen Fortschritt erst einmal menschenfreundlich gestalten müssen – ich freue mich, dass das gestern auch in den Beiträgen zum Antrag auf Einsetzung der Enquete-Kommission zum Ausdruck gekommen ist –

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

und dass wir aus technischem und wirtschaftlichem Fortschritt sozialen Fortschritt machen wollen. Wir wollen mehr Freiheit, mehr Selbstbestimmung, aber – das unterscheidet uns – nur auf der Grundlage von mehr gleichen Chancen.

Deswegen ist es überraschend: Vor einer Woche ist hier in Berlin der nationale Bildungsbericht vorgestellt worden. Wieder gab es den Befund: Von 100 Kindern, deren Eltern kein Abitur haben, nehmen 24 ein Studium auf, und von 100 Kindern, bei denen mindestens ein Elternteil Akademiker ist, nehmen 74 ein Studium auf.

(Christian Dürr [FDP]: Das hat Frau Suding doch gerade angesprochen!)

Dieser Bericht belegt einmal mehr die Ungleichheit der Chancen.

Aber Sie legen uns eine Woche später einen Antrag vor, in dem das nicht mit einem Wort erwähnt worden ist.

(Christian Dürr [FDP]: Da, wo Sie regieren, ist es am schlimmsten!)

Das ist bemerkenswert: soziale Ungleichheit ausblenden.

(Katja Suding [FDP]: Das habe ich doch gesagt! Haben Sie nicht zugehört?)

Das ist das Markenzeichen der FDP. Da sind Sie ganz die Alten geblieben.

(Beifall bei der SPD – Christian Dürr [FDP]: Warum ist das denn in den SPD-regierten Ländern am schlimmsten?)

Innovation und Fortschritt müssen auf gesunder Basis gedeihen. Deshalb: Chancengleichheit bleibt eine zentrale Herausforderung, weil wir es uns nicht leisten können, weiterhin so viele Talente nicht zu fördern.

Unserer Meinung nach – lassen Sie uns über Innovationskraft des Wissenschaftssystems sprechen – beruht diese Innovationskraft gerade auf der Differenziertheit und Lernfähigkeit unseres Wissenschaftssystems. Ja, eine Agentur für Sprunginnovationen – das haben Sie ja mehrfach vorgetragen – ist wichtig, weil sie eine Leerstelle in unserem Innovationssystem füllen soll. Aber selbst Sprunginnovationen können nur auf der Grundlage einer breitaufgestellten Wissenschaftspolitik entstehen.

(Beifall des Abg. Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD])

Wenn Sie mit Experten sprechen – Sie werden das genauso tun wie wir –, dann werden Sie hören: Im Zentrum des deutschen Wissenschaftssystems steht die Hochschule. Die Hochschule findet in Ihrem Antrag überhaupt keine Erwähnung. Das ist nicht überraschend, aber es ist schon erwähnenswert, dass das so ist.

Deswegen sage ich auch: Was wir uns als Koalition vorgenommen haben, ist eine andere Richtung. Wir wollen die Basis stärken und erweitern. Die Verstetigung des Hochschulpakts ist ein wichtiges Signal an die Wissenschaftscommunity; denn sie verschafft verlässliche Finanzierungsperspektiven. Der Hochschulpakt ist eine unerlässliche Basis für die Innovationskraft unseres Wissenschaftssystems.

(Beifall bei der SPD)

Gehen wir weiter: Deutschland hat kein Harvard. Aber Deutschland hat ein herausragendes Netz von Hochschulen, teilweise exzellenten Hochschulen, und Forschungsclustern sowie außeruniversitären Forschungseinrichtungen, und das ist keine Schwäche, sondern das ist eine Stärke des Wissenschaftssystems in Deutschland: diese Differenziertheit und diese flächendeckende Kraft, die das Wissenschaftssystem ausübt.

Deshalb ist es richtig, dass wir uns in dieser Wahlperiode darauf verständigt haben: Wir werden den Pakt für Forschung und Innovation mit verlässlichen Aufwüchsen fortführen. Wir haben die Exzellenzstrategie schon verlängert und damit die internationale Sichtbarkeit und Differenzierung gestärkt. Wir wollen im Gegensatz zu dem, was im Antrag steht, wo nur die Spitze betrachtet wird, eine breitangelegte Wissenschaftspolitik, die die deutschen Spezifika erkennt und annimmt und die eine solide Basis für Forschung und Lehre schafft; denn nur auf der soliden Basis können eben auch Exzellenz und Innovation entstehen. Diese grundlegende Erkenntnis fehlt in Ihrem Antrag leider völlig.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Zur beruflichen Bildung. Ja, es ist richtig: Die Basis für den wirtschaftlichen Erfolg Deutschlands ist das Zusammenspiel von Innovationen, die aus exzellenter, aber auch anwendungsorientierter Forschung entstehen, und der Umsetzung durch akademisch gebildetes Personal und beruflich gebildetes Personal. Genau diese Zusammensetzung macht die Basis für den wirtschaftlichen Erfolg aus. Deswegen ist die Stärkung der beruflichen Bildung eben nicht nur eine Frage des Images und der Wertschätzung – das auch –, sondern auch eine Frage dessen, wie wir wirtschaftlich stark bleiben können. Dass wir das angehen wollen, dokumentiert der Koalitionsvertrag. Ich glaube, es gibt keinen Koalitionsvertrag, in dem die berufliche Bildung einen so großen Stellenwert eingenommen hat wie in diesem, der uns vorliegt.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Das ist auch richtig, weil die berufliche Bildung nicht nur Bekenntnisse braucht, sondern auch nachvollziehbare Taten.

Wir werden den Anforderungen der Digitalisierung entsprechen, indem wir im Berufsbildungsgesetz das auch berücksichtigen, beispielsweise wenn es um die Novellierung der Ausbildungs- und Aufstiegsverordnungen geht. Das ist ein ganz wichtiger Punkt: über berufliche Bildung nicht nur sprechen, sondern auch nachvollziehbare Taten durchführen.

Ich will zum Schluss eine Gemeinsamkeit benennen, weil das wichtig ist.

(Zuruf des Abg. Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ja, wir wollen in der Bildung gemeinsam mehr Kooperation zwischen Bund, Ländern und Kommunen, und wir müssen darüber verhandeln, wie wir das gemeinsam hinbekommen. Ich glaube, dass die vorgelegte Änderung des Artikels 104c Grundgesetz eine gute Gelegenheit ist, weil sie flächendeckende Investitionen des Bundes in die Bildungsinfrastruktur von Ländern und Kommunen erst möglich macht. Deswegen wäre die Zustimmung ein großer Schritt, der auch dokumentiert: Wir nehmen große Herausforderungen gemeinsam an und sind da auch in der Lage, die verfassungsrechtlichen Grundlagen zu schaffen. Meine Bitte ist, mitzumachen. Das macht Spaß, und das bringt am Ende auch was fürs deutsche Bildungssystem.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)