Nach nur wenigen Wochen hat sich Schwarz-Gelb mit einer bislang beispiellosen Klientelpolitik dermaßen in die Sackgasse manövriert, dass sie es inzwischen mit einer breiten Front der Kritik zu tun haben. Beispiele dafür seinen die Klientelgeschenke für Ärzte, PKV und Pharmalobby im Koalitionsvertrag, die Berufung eines hochrangigen PKV-Lobbyisten an die Ministeriumsspitze und zuletzt die Absetzung des pharmakritischen IQWiG-Chefs.

Herr Präsident,
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
Liebe Kolleginnen und Kollegen der Regierungsfraktionen,

ich verstehe ja, dass sie sich in einer unangenehmen Situation befinden. Nach nur wenigen Wochen haben sie sich mit einer bislang beispiellosen Klientelpolitik dermaßen in die Sackgasse manövriert, dass sie es inzwischen mit einer breiten Front der Kritik, nicht nur hier im Hause, zu tun haben.

Selbst diejenigen, die ihnen wohlwollend gegenüberstehen, können nur noch mit dem Kopf schütteln. Erst die Klientelgeschenke für Ärzte, PKV und Pharmalobby im Koalitionsvertrag, dann die Berufung eines hochrangigen PKV-Lobbyisten an die Ministeriumsspitze und zuletzt ihre unrühmliche Rolle bei der Absetzung des pharmakritischen IQWiG-Chefs Sawicki. Und jetzt holt sie auch noch die gesundheitspolitische Realität ein: Am Montag dieser Woche haben die ersten Kassen Zusatzbeiträge angekündigt. Und was machen sie? Sie zeigen mit dem Finger auf die anderen – auf die Kassen und noch lieber auf die SPD.

Um es gleich vorweg zu nehmen: Die SPD stielt sich nicht aus der Verantwortung! Wir waren es, die die Gesundheitspolitik der letzten Jahre gestaltet haben und natürlich haben wir nicht immer alles richtig gemacht. Darunter war aber auch vieles, was den Kompromissen mit der Union geschuldet war. Nichts von dem, was das beschlossen wurde, ist aber in Stein gemeißelt und es ist doch selbstverständlich, dass eine Partei, die vom Wähler in die Opposition geschickt wurde, sich dort programmatisch weiterentwickelt und an manchen Stellen Korrekturen vornimmt. Wir nehmen die Botschaften, die uns die Wählerinnen und Wähler im letzten Herbst mitgegeben haben, ernst. Es wäre gut, wenn sie das auch täten. Dann sähe ihre Politik anders aus!

Liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU, CSU und FDP,

auch wenn es für uns und die rund 70 Millionen gesetzlich Versicherten unerfreulich ist: Schwarz-Gelb hat die Verantwortung in der Gesundheitspolitik. Die Wähler haben sie in die Verantwortung gewählt, sie können sich nicht einfach davonstehlen! Wenn sie jetzt andere für ihre eigenen Versäumnisse verantwortlich machen, dann machen sie es sich zu einfach.

Sie tun ja in den letzten Tagen gerne so als sei der Zusatzbeitrag eine Erfindung der SPD. Das ist grober Unfug und das wissen sie so gut wie ich. Der Zusatzbeitrag war eine klare Forderung der CDU. Sie war die Bedingung für die Zustimmung der Union zum verbesserten Risikostrukturausgleich und weiteren wichtigen Strukturreformen. Die SPD war es außerdem, die darauf bestanden hat, dass oberhalb von acht Euro eine Einkommensprüfung erfolgt und der Beitrag dann auf 1 Prozent des Einkommens begrenzt wird. Wäre es allein nach der CDU gegangen, hätten wir schon jetzt Zusatzbeiträge in ganz anderen Dimensionen!

Für uns Sozialdemokraten war immer klar, dass es Aufgabe der Regierung ist, alle gesetzgeberischen Mittel zu nutzen, um die Erhebung von Zusatzbeiträgen zu vermeiden – beispielsweise, indem man Einsparpotenziale im Arzneimittelbereich nutzt. Und ich sage es hier nochmal in aller Deutlichkeit: Wäre die SPD noch an der Regierung hätte sie dieser Entwicklung nicht tatenlos zugesehen, sondern wir hätten Maßnahmen ergriffen, um Zusatzbeiträge auf breiter Front zu verhindern. Genau das hat Minister Rösler aber versäumt und das hat er sich selbst zuzuschreiben und niemand anderen!

Dass sie sich jetzt aber auch noch hinstellen und scheinheilig die kleine Kopfpauschale beklagen, obwohl sie selbst eine große Kopfpauschale einführen wollen, das schlägt dem Fass den Boden aus! Ihr Ziel ist es doch, dass die Wohlsituierten künftig genauso viel zahlen wie diejenigen, die jeden Euro zweimal umdrehen müssen. Der Sozialausgleich, den sie angeblich einführen wollen, wird das Problem nicht beheben. In Wahrheit ist er nichts anderes als ein sozialpolitisches Feigenblatt, das ihre Umverteilungspläne von unten nach oben kaschieren soll! Denn sie wissen doch genau so gut wie ich, dass ihnen dafür schlicht das Geld fehlt.

Sie müssen allein 60 Mrd. Euro einsparen, um die Schuldenbremse einzuhalten. Woher wollen sie dann noch die 25-35 Milliarden für einen Sozialausgleich herholen? Das passt vorne und hinten nicht zusammen! Das hat jetzt selbst die Kanzlerin gemerkt.

Kolleginnen und Kollegen,

fast 100 Tage ist Minister Rösler nun im Amt. Wir alle kennen das ungeschriebene Gesetz, dass demjenigen, der ein Amt neu übernimmt, eine Schonfrist zusteht. Schonfrist heißt aber nicht Schlummerphase. Es reicht nicht, dass man ein paar schön vorgetragene, aber im Kern doch substanzlose Reden hält, aber ansonsten alles andere einfach mal laufen lässt – und alle Alarm- und Weckrufe ignoriert – ich sage nur Ergebnisse des Schätzerkreises im letzten Jahr.

Das Gesundheitssystem wartet nicht bis die Bundesregierung beschließt, mit dem Regieren zu beginnen. Die Zusatzbeiträge sind der beste Beweis. 100 Tage Rösler heißt deshalb für Millionen von gesetzlich Krankenversicherten fast 100 Euro mehr im Jahr für ihre Krankenversicherung. Ein guter Start sieht anders aus!