Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das tut die Bundesregierung nicht immer. Aber dass wir uns über Gesetzentwürfe unterhalten, die wichtige gesellschaftspolitische Weichenstellungen beinhalten, ist es, denke ich, wert, die verschiedenen Aspekte noch einmal zu beleuchten. Die Debatte, die wir seit 30 Jahren über die Einführung einer gesetzlichen Frauenquote in Deutschland führen, kommt mit dem vorliegenden Gesetzentwurf nun zu einem Ergebnis: Die Quote kommt, weil sie notwendig ist. Die Zeit der Appelle ist vorbei. Es gab freiwillige Selbstverpflichtungen. Es gibt die Empfehlungen im Deutschen Corporate Governance Kodex. Alles konnte den Frauen nicht zu einem Durchbruch in Chefetagen und Aufsichtsräten verhelfen. Ganz aktuell: Die Zahl der Frauen in den DAXVorständen ist rückläufig: Sie fiel von 7,8 Prozent um 1,5 Prozentpunkte auf 6,3 Prozent. In den Top-200- Unternehmen sind nur 15 Prozent der Aufsichtsräte Frauen.

Deswegen ist es Zeit, dass wir den Auftrag des Grundgesetzes ernst nehmen. Denn wir haben es 1994 ergänzt: Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. Diesen Auftrag erfüllen wir 20 Jahre später im Bereich der Privatwirtschaft. Wir führen zwei Instrumente ein: die fixe Quote von mindestens 30 Prozent für die Aufsichtsräte der größten Unternehmen in Deutschland. Ziel ist natürlich eine gleichberechtigte Vertretung von Frauen und Männern in der gesamten Wirtschaft. Aber die Quote wird über die zur Quote verpflichteten Unternehmen hinaus ein Signal senden und zu einer gleichberechtigten Teilhabe in der Wirtschaft auf allen Ebenen führen. In einigen Jahren wird dies in den meisten Unternehmen – vielleicht sogar in allen – selbstverständlich sein; denn die Frauen stehen längst bereit. Noch nie hatten wir in Deutschland so viele hochqualifizierte und unter Einsatz von Steuergeldern optimal ausgebildete Frauen. Ihre Beteiligung in der Wirtschaft müsste ohnehin kommen.

Das ist eine Konsequenz des wachsenden Fachkräftebedarfs und der demografischen Entwicklung. Das haben viele in der Wirtschaft begriffen; einige leider noch nicht. Mehr Vielfalt – auch unter stärkerer Beteiligung von Frauen in Führungsfunktionen – wird die Leistungsfähigkeit der Unternehmen steigern. Man hat in der Debatte teilweise andere Sätze gehört. Die Wirtschaft wird sich fragen, wie sie auf solche wertvollen Führungspersönlichkeiten und Mitarbeiterinnen so lange verzichten konnte. Das zweite Instrument ist flexibler, aber nicht weniger wichtig: Alle Unternehmen, die börsennotiert oder mitbestimmt sind, haben die Pflicht, sich eine klare Zielgröße zu setzen, wie viele Frauen künftig in Vorstand, Aufsichtsrat und Management bei ihnen arbeiten sollen. Es geht um alle Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten und kleinere, die börsennotiert sind. Also werden durch die gesetzliche Pflicht zu einer solchen Planung etwa weitere 3 500 Unternehmen zwingend Verantwortung für den Frauenanteil in den Führungsebenen übernehmen müssen. Zur Erreichung der Zielgrößen haben wir eine Frist gesetzt: maximal fünf Jahre. Über die Zielgrößen, Fristen und deren Erreichung müssen die Unternehmen öffentlich berichten. Dadurch wird die Öffentlichkeit sehen können, wie sich Gremien und Führungsebenen zusammensetzen und wie ernst ein Unternehmen die Förderung der Frauen nimmt. Über beide Instrumente wurde innerhalb der Bundesregierung und in der Öffentlichkeit intensiv beraten. Wir haben auch darauf geachtet, dass keine Bürokratielasten entstehen. So kann zum Beispiel die fixe Quote gemeinsam von der Anteilseigner- und Arbeitgeberbank erfüllt werden. Das Ergebnis im Gremium zählt. Wird die Gesamtbetrachtung der Verteilung der Frauen auf den Bänken nicht gerecht, kann jede Bank die Einzelerfüllung wählen. Das heißt, Fälle, wie von Thüringen befürchtet, können durch diejenige Seite aufgelöst werden, die sagt, dass sie die Erfüllung der Pflicht auch auf der anderen Seite sehen möchte. Ich meine, der Gesetzentwurf enthält ein ausgewogenes Konzept und wird zu einem tatsächlichen Kulturwandel führen. Mehr Frauen werden in die Chefetagen einziehen und der Wirtschaft neue Impulse geben, von denen wir alle profitieren. – Vielen Dank.