In seiner Rede vor dem Deutschen Bundestag äußert sich Niels Annen MdB, außenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, in der Aktuellen Stunde zur Lage im Nahen- und Mittleren Osten und hebt die große Bedeutung des Nuklearabkommens mit dem Iran hervor. Dieses bietet auch die Möglichkeit, mit dem Iran über regionale Fragen ins Gespräch zu kommen. Zudem betont er die angesichts der aktuellen Situation und großen Herausforderungen beachtlichen Fortschritte des Libanon. Vor Ort trägt Deutschland durch die der Beteiligung der Bundeswehr am UNIFIL-Einsatz zur weiteren Stabilisierung des Landes bei.

Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich denke, es ist in der Tat ein guter Zeitpunkt, um über die Lage im Nahen und Mittleren Osten zu reden. Ich will versuchen, in der Kürze der Zeit neben ein paar Bemerkungen auch etwas zu den Vorrednerinnen und Vorrednern zu sagen. Das, was wir im Moment beobachten, ist die Zuspitzung eines schon fast hegemonialen Konfliktes zwischen dem Iran und Saudi-Arabien.

Frau Dağdelen, ich freue mich, dass Sie - zu Recht - den amtierenden Bundesaußenminister loben,

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

aber mir fällt immer auf, dass Sie hier Ihre Redezeit nutzen, um ausschließlich über Saudi-Arabien zu reden. Zur Eskalation dieses Konfliktes tragen aber im Moment zwei Seiten bei.

(Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist richtig!)

Das muss auch ausgesprochen werden.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Es ist im Übrigen der von Ihnen zu Recht gelobte amtierende Bundesaußenminister, der in Saudi-Arabien diese Themen angesprochen hat. Es ist keineswegs so, dass wir uns in den letzten vier Jahren um die Frage von Rüstungsexport und -kontrolle herumgedrückt hätten.

(Zuruf der Abg. Sevim Dağdelen (DIE LINKE))

Es ist doch Sigmar Gabriel gewesen, der in den letzten Jahren - übrigens unter Inkaufnahme von Regressandrohungen - dafür gesorgt hat, dass die Produktion von G36-Sturmgewehren in Saudi-Arabien heute nicht stattfinden kann - aus guten Gründen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wir, meine Damen und Herren, unterstützen diese Entscheidung. Sie wissen, dass es noch ganz andere Planungen für Rüstungsexporte gegeben hat. Eines kann man, glaube ich, dieser Regierung also nicht vorwerfen: dass sie sich um das Thema nicht gekümmert hat.

Wir sprechen gleichzeitig die amerikanischen Freunde an, wenn dort eine gefährliche Politik konzipiert wird, die am Ende darauf hinauslaufen würde, das sogenannte Iran-Nuklearabkommen in seiner Substanz zu unterhöhlen, möglicherweise sogar zu zerstören. Ich weiß, im Kern geht es in diesem Abkommen um die Frage der nuklearen Bewaffnung, aber es stellt auch eine Grundlage, eine Chance dar, mit dem Iran über regionale Fragen ins Gespräch zu kommen. Meine Damen und Herren, genau das müssen wir machen. Darum geht es doch: um die Möglichkeit, die vorhandenen Dialogkorridore zu nutzen. Das ist die Politik, die wir vonseiten unserer Fraktion in diesen letzten vier Jahren stets unterstützt haben. Es ist der richtige Weg. Es gibt keine kurzfristige Lösung für diese Situation.

Ich will auch - wie einige Vorredner - das Beispiel Libanon herausgreifen. Was ist in diesem kleinen Land in den letzten Jahren geschehen? Häufig haben wir hier darüber geredet, welche enorme Leistung dieses fragilen Staates es gewesen ist, so viele Flüchtlinge aufzunehmen. Trotz dieser massiven innenpolitischen Spannung, der ökonomischen Belastung, eines Krieges an der Grenze dieses Landes mit Auswirkungen und einer Verwicklung eigener Staatsbürger - Stichwort: Hisbollah - ist es in den letzten Monaten doch gelungen, Fortschritte zu machen.

Wenn man das, was die Libanesen hinter sich haben, als Sondierungsgespräche bezeichnen kann, dann ist das hier eine kurze Theatervorstellung gewesen.

(Heiterkeit des Bundesministers Sigmar Gabriel (SPD))

Aber am Ende haben die einen Präsidenten gewählt, haben einen Ministerpräsidenten gewählt, haben sich auf einen Parlamentspräsidenten verständigt.

(Zuruf von der FDP: Können wir ja auch machen!)

Die, die die Diversität dieses Landes widerspiegeln, haben eine fragile, aber doch erstaunlich belastbare Stabilität hinbekommen.

Ich will eines noch einmal sagen - ich bin dem Außenminister dankbar, dass er das auch öffentlich in Richtung Riad formuliert hat -: Wer glaubt, durch Druck und äußere Einmischung eine Schwächung der Hisbollah erreichen zu können, wenn dieses libanesische Arrangement kollabiert, der irrt sich, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Das Gegenteil wird der Fall sein. Deswegen unterstützen wir diese Politik.

Ich will auch auf Folgendes hinweisen: Wer hat sich denn in den letzten Wochen, als diese Eskalation drohte, tatsächlich zu einem offenen Krieg zu werden, der Sache angenommen? Eigentlich war das der französische Präsident mit seiner spontanen Reise und der nicht unschlauen Idee, Herrn Hariri nach Paris einzuladen, um dort eine Brücke zu bauen, die ihn im wahrsten Sinne des Wortes jetzt wieder nach Beirut geführt hat. Und während Frau Merkel hier anderweitig beschäftigt war, war es der deutsche Außenminister, der etwas gemacht hat.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Das zeigt uns ja auch noch einmal: Die Welt wartet nicht darauf, dass wir hier zu Potte kommen. Ich will auch einmal ganz vorsichtig darauf hinweisen: Wenn hier der Eindruck erweckt wird, wir hätten mit dem gar nichts zu tun, ist das falsch. Herr Gauland, das betrifft übrigens auch die Frage Israel: Es war der heutige Bundespräsident in seiner damaligen Funktion als Bundesaußenminister, der auch auf Bitten der israelischen Regierung mit dafür gesorgt hat, dass heute deutsche Soldatinnen und Soldaten unter dem UNIFIL-Mandat im Libanon einen Beitrag dazu leisten, dass es nicht wieder zu einer offenen Kampfhandlung kommt. Diese Soldatinnen und Soldaten, meine Damen und Herren, lieber Herr Gauland, riskieren dort auch ihr Leben. Das hätten Sie vielleicht auch einmal erwähnen können. Aber Sie sind ja mehr mit Kaiser Wilhelm beschäftigt als mit der Aktuellen Situation.

Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)