Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Wir besprechen in der heutigen Aktuellen Stunde das wichtige Thema der gesundheitsgefährdenden Abgasbelastung in vielen deutschen Städten. Ich bin der Ministerin Barbara Hendricks und der Umweltministerkonferenz dankbar, dass sie sich auf ihrer Sonderkonferenz dem Thema „Automobile Abgasemission minimieren, Luftreinhaltepolitik konsequent weiterentwickeln, Verantwortung für den Gesundheitsschutz ernst nehmen“ gewidmet haben. Das Thema Gesundheitsschutz hat für mich eine ganz hohe Priorität. Wir sprechen hier nicht zum ersten Mal über das Problem der Luftverschmutzung in unseren Städten. Das Thema ist seit „Dieselgate“ immer mehr in den Fokus gerückt. Die Abgasmanipulationen hatten zur Folge, dass die Grenzwerte zwar im Test, aber nicht in der Realität eingehalten werden. Das bedeutet, dass die Schadstoffbelastung natürlich höher ist. An zwei Drittel aller verkehrsnahen Messstationen wurde 2015 der EU-Grenzwert von Stickstoffdioxid von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter überschritten. Bundesweit liegt Stuttgart bei NOX mit 87 Mikrogramm an der Spitze. Aber auch in der Friedberger Landstraße, mitten in meinem Frankfurter Landkreis, lagen die Werte mit 53 Mikrogramm deutlich über den Grenzwerten.

(Zuruf von der SPD: Das ist bei Preungesheim!)

In vielen Städten gab es Feinstaubalarm, in diesem Jahr sogar schon mehrfach in Stuttgart. Wegen der Überschreitung der Grenzwerte läuft auch ein Vertragsverletzungsverfahren der EU gegen Deutschland. Grenzwerte gibt es nicht aus Spaß, sondern aus einem wichtigen Grund. Grenzwerte gibt es, weil deren Überschreitung eine extreme Belastung für die Gesundheit ist. Traurige Wahrheit ist auch, dass es mehr Tote durch Verkehrsabgase als durch Verkehrsunfälle gibt. Die EU geht davon aus, dass jedes Jahr mehr als 10 000 Menschen in Deutschland vorzeitig an den Folgen von NOX-Konzentrationen in der Atemluft sterben. Mehr als 10 000 Menschen werden also schmerzlich vermisst von ihren Angehörigen und Freunden. Auch denen gegenüber haben wir eine Verantwortung, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)

Wir wissen, dass nicht nur die Dieselfahrzeuge für die Emissionen verantwortlich sind, aber diese verursachen die meisten NOX-Emissionen. Will man die Emissionen senken, muss man auch an die Hauptverursacher gehen. Das heißt, wir brauchen schnellstmöglich saubere Fahrzeuge. Was können wir tun? Die Sonder-Umweltministerkonferenz hat eine Reihe von Vorschlägen formuliert. Sie hat unter anderem vorgeschlagen, dass Manipulationen aufgeklärt werden sollen, dass Vorschriften auf EU-Ebene wasserdicht verfasst und dann auch eingehalten werden sollen, dass Sanktionen ausgesprochen werden sollen, wenn das nicht passiert. Außerdem sollen die Hersteller in die Pflicht genommen werden. Sie müssen die Kosten für die Kontrollen übernehmen. Ich glaube, hierüber müssen wir nicht diskutieren. Das unterstützen sicherlich alle. Klar ist: Wir müssen handeln. Die Fahrzeuge und die Städte müssen sauberer werden.

Zunächst sehe ich ganz klar die Automobilindustrie, also die Hersteller, in der Pflicht. Dies sehe ich aber nicht als Belastung, sondern als Herausforderung und als große Chance, die unsere großartige deutsche Automobilindustrie sicherlich hervorragend bewältigen wird. Denn eine emissionsarme oder sogar emissionsfreie Mobilität ist die Zukunft. Das sollten wir alle inzwischen begriffen haben und es als große Chance sehen, welche internationale Vorreiterrolle wir hier einnehmen können. Wir brauchen emissionsarme Technologien. Das können alternative Kraftstoffe oder Antriebe wie bei der E-Mobilität sein. Ich versuche meinen Teil zur Luftreinheit beizutragen. Ich bin auch im Winter, gut warm angezogen, meist mit meinen Elektrofahrzeugen – dem Roller oder dem Twizy – unterwegs.

Wir müssen sicherlich weitere Schadstoffquellen identifizieren und auch dort ansetzen. Baumaschinen, Busse und andere Nutzfahrzeuge sollten wir ebenfalls betrachten. Ich hatte Kontakt zu einem Hersteller – Herr Müller, ich glaube, Sie hatten auch Kontakt zu ihm –, der emissionsfreie Kühlanlagen für Kühltransporte entwickelt. Auch Busse fahren teilweise schon mit emissionsfreien Klimaanlagen. Das sind zwar alles nur kleine Schritte, aber daran müssen wir arbeiten. Solche Technologien müssen wir unterstützen, damit sie weiterentwickelt werden können.

(Beifall bei der SPD)

Wir brauchen aber auch neue, kluge Verkehrskonzepte mit weniger Autos in den Städten. Das geht aber nur mit einem besseren ÖPNV. Wollen wir weiter jahrzehntelang Autoschlangen, die morgens in die Ballungsräume hineinkriechen und abends wieder hinaus? Wollen wir Innenstädte, in denen in Stoßzeiten jeder Fahrradfahrer schneller ist als die Autofahrer, die im Stau stehen? Ist das eine moderne, innovative, nachhaltige und umweltfreundliche Verkehrspolitik? Sind das die Städte der Zukunft? Nein, wir brauchen insgesamt weniger Autos in den Städten. Wir brauchen nicht nur weniger Dieselfahrzeuge, sondern allgemein einen besseren, verlässlicheren ÖPNV. Wenn der ÖPNV gut funktioniert, lassen viele Menschen gerne ihre Autos stehen. Hier müssen wir mehr Geld in die Hand nehmen. Hier sollten die Kommunen auch die nötige Unterstützung bekommen, um das zu leisten. Denn wir müssen etwas tun. Es gibt viele Stellen, an denen wir ansetzen können, damit Mobilität moderner, innovativer und vor allem auch umweltfreundlicher wird. Das ist unser aller Aufgabe. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Thomas Lutze [DIE LINKE])