Swen Schulz (Spandau) (SPD):
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Kollegin Grütters, wenn das so ist, dann können Sie unserem Antrag ja zustimmen.

(Monika Grütters [CDU/CSU]: Das behalten wir uns dann noch vor!)

Das werden doch ganz interessante Beratungen. Stellen wir uns einmal für eine Sekunde vor, was wäre, wenn einer von uns hier im Bundestag oder auch im Bundesrat fordern würde: Die bestehende Kooperationsmöglichkeit zwischen Bund und Ländern im Bereich der Hochschulen soll gestrichen werden.

(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Massendemonstrationen in Bayern!)

Er würde Kopfschütteln oder ungläubiges Gelächter ernten. Genau das war aber der Plan derjenigen, die die letzte Föderalismusreform verhandelt haben. Die SPD ist dann in letzter Sekunde aktiv geworden und hat dafür gesorgt, dass die im Grundgesetz festgehaltene Kooperation im Hochschulbereich erhalten bleibt. Auf dieser Basis können wir den Hochschulpakt, die Exzellenzinitiative, den Qualitätspakt Lehre etc. realisieren. Derselbe Weg muss auch für die Schule beschritten werden.

(Beifall bei der SPD – Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bei der Schule habt ihr leider mitgemacht! Jörg Tauss hat damals erklärt, alles sei nicht so schlimm, und Frau Bulmahn auch!)

Ich prophezeie Ihnen: Früher oder später wird das Kooperationsverbot auch im Schulbereich fallen, weil es schlicht und einfach unsinnig ist.

Bildung ist so wichtig, dass wir alle Kräfte von Bund wie auch von Ländern zusammennehmen müssen, um im Bildungsbereich Verbesserungen herbeizuführen. Die Menschen verstehen nicht, warum sie dann, wenn sie sich an die Bundespolitik wenden, um auf Veränderungsbedarf im Bildungsbereich hinzuweisen, zur Antwort bekommen: Dafür sind wir nicht zuständig; das sind die Länder. – Damit haben die Bürgerinnen und Bürger recht. Das ist in der Tat unsinnig. Es sind unsere gemeinsamen Kinder. Es ist unsere gemeinsame Zukunft.
Deswegen müssen wir auch zusammenwirken, um Bildung in diesem Land besser zu machen.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie des Abg. Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])

Durch nichts ist das deutlicher geworden als durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Bildungsteilhabe.
Darin hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass der Bund für die Bildungschancen der armen Kinder zuständig ist. Gleichzeitig sind die Länder die Träger der Schulen. Daher hat man sich zusammen an einen Tisch gesetzt, um zu überlegen: Wie bekommen wir das gemeinsam hin? Herausgekommen ist eine teure und komplizierte Bürokratie. Das muss anders werden. Genau dies müssen wir ändern.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Wir wollen direkt in die Schulen investieren – zum Beispiel in Ganztagsschulen.
Vor diesem Hintergrund werden auch die Stimmen immer mehr und immer lauter, die die Aufhebung des Kooperationsverbotes fordern. Ich habe einen Zeitungsbeitrag von Jutta Allmendinger und Dietmar Harhoff mitgebracht. Das sind Wissenschaftler

(Dagmar Ziegler [SPD]: Experten!)

und immerhin Mitglieder der Expertenkommission Forschung und Innovation, die von der Bundesregierung eingerichtet worden ist. Sie schreiben – ich zitiere –:

Das Kooperationsverbot behindert den Fortschritt. Hier geht es nicht um eine Prinzipienfrage oder eine staatsrechtliche Spielerei, sondern um Deutschlands Zukunft.

 

Recht haben sie.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Im politischen Bereich – auch hier im Deutschen Bundestag; das hat sich in dieser Debatte sehr schön gezeigt – gibt es auch immer mehr Lernerfolge. Die Linken sind für die Aufhebung des Kooperationsverbotes, die Grünen ebenfalls.

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir wollten es gar nicht haben!)

Die SPD-Bundestagsfraktion hat einen Antrag eingebracht. Aus der FDP hören wir gute Signale. Ich habe hier auch ein Zitat von Generalsekretär Lindner von der FDP:

Jetzt muss die Union endlich ihre Position klären. Alle warten darauf.

 

In der Tat ist die CDU/CSU jetzt am Zug. Schon seit einiger Zeit rennt Frau Ministerin Schavan durch die Gegend und gibt Interviews und hält Reden, in denen sie sagt, das Kooperationsverbot solle fallen.
Vor über einem Jahr habe ich Ministerin Schavan im Deutschen Bundestag und in einem Schreiben eine überparteiliche Initiative zur Aufhebung des Kooperationsverbotes angeboten. Das hat sie bis heute abgelehnt. Es reicht aber nicht, sich in Sonntagsreden billigen Applaus von dem entsprechenden Publikum abzuholen. Sie ist nämlich Ministerin und Bundestagsabgeordnete.
Unter der Woche, werktags, muss im Deutschen Bundestag entschieden werden und muss die entsprechende Initiative kommen. Der Antrag der SPD ist die Nagelprobe für die CDU/CSU-Fraktion, wie sie es mit der Kooperation im Bildungswesen hält.

(Beifall bei der SPD)

In allen Fraktionen bzw. Parteien gibt es Kollegen und Kolleginnen in der Landespolitik, die noch nicht ganz davon überzeugt sind, dass das Kooperationsverbot fallen soll. Das ist bei der SPD so. Bei der FDP soll es auch andere Stimmen geben. Bei der CDU/CSU ist es so, und neuerdings sogar bei den Grünen.

(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bei uns auch!)

– Kollege Wieland nickt dazu. – Von den Linken habe ich aus der Landespolitik auch schon Ähnliches gehört. Deswegen ist der Antrag der SPD kein Schaufensterantrag, lieber Kollege Neumann. Er formuliert vielmehr das Ansinnen, mit einem Dialogangebot im Deutschen Bundestag eine Initiative zu ergreifen, die auch gegenüber dem Bundesrat Wirkung entfaltet. Es war schon fast ein innerparteilicher Dialog zwischen dem Kollegen Spaenle aus Bayern und Frau Grütters.
Wir sehen, dass noch einige vertrauensbildende Maßnahmen notwendig sind. Aber wenn wir das Vorhaben gemeinsam anpacken, gemeinsam im Ausschuss diskutieren und zu einer kooperativen Lösung finden, kann das Kooperationsverbot fallen.
Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)