SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles erläutert in ihrer Rede in der Generalaussprache, warum der Bundeshaushalt 2018 eine klare sozialdemokratische Handschrift trägt.

 

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es stimmt mich sehr traurig, dass der Fraktions- und Parteivorsitzende der FDP in dieser zentralen Debatte zum Haushalt 2018 nicht ein gutes Wort zu Europa gefunden hat.

(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Jürgen Braun (AfD): An der Stelle hat er aber recht gehabt, der Herr Lindner!)

Offensichtlich, Herr Lindner, schreiben Sie sich ganz bewusst in die wirtschaftsnationale Tradition der Lucke-AfD ein. Dieses Erbe mögen Sie antreten. Es versperrt aber ganz klar den Blick darauf, was wir brauchen. Wir brauchen mehr Zusammenarbeit, auch mehr finanzielles Engagement Deutschlands auf der europäischen Ebene; denn das ist die Antwort auf viele Probleme, die diese Welt hat, Herr Lindner.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Es geht hier auch nicht um Kamelle. Wir beraten heute bei diesem Haushalt, wie wir das hart erarbeitete Steuergeld der Bürgerinnen und Bürger dieses Landes einsetzen wollen; darum geht es.

(Zuruf von der AfD: Sie verschleudern es!)

Es geht zum Beispiel ganz konkret um die Frage: Gibt es in Zukunft noch gutbezahlte Arbeitsplätze in der Lausitz, wenn die Braunkohleförderung zu Ende geht? Dafür haben wir 1,5 Milliarden Euro für regionale Wirtschaftshilfe in diesen Haushalt eingestellt. Es geht um die Frage: Werden die Kinder in unseren Schulen endlich digitale Arbeitsmittel zur Verfügung haben, um sich auf die Zukunft vorbereiten zu können? Es geht um die Frage: Bekommt eine Rentnerin, die es sich nach 35 Jahren redlich verdient hat, endlich mehr als nur Sozialhilfe, nämlich eine Grundrente von der Deutschen Rentenversicherung?

(Beifall bei der SPD)

Das sind keine Kamelle. Das sind die Themen, die Bedürfnisse, die Fragen, die die Menschen in unserem Land beschäftigen.

Es beschäftigt die Kinder, wenn sie ihren Vater nur noch am Wochenende sehen, weil er weite Wege zu pendeln hat; denn bezahlbarer Wohnraum in der Nähe des Arbeitsplatzes ist oft nicht mehr finanzierbar. Deswegen haben wir, die CDU/CSU- und die SPD-Fraktion, eine Wohnraumoffensive auf den Weg gebracht. Wir stellen Mittel ein für die Schaffung neuen Wohnraums, für Eigenheimförderung und auch dafür, dass Mieter Rechte bekommen; denn wir wollen nicht mehr, dass Menschen in diesem Land gezielt aus ihren Wohnungen herausmodernisiert werden.

(Beifall bei der SPD)

Wir führen jetzt eine Kappungsgrenze für die Umlage von Kosten ein, und es wird sanktioniert, wenn man sich nicht daran hält. Das sind die wahren Themen, die die Menschen in unserem Land beschäftigen.

Es geht auch um die Frage: Können sich pflegebedürftige Menschen darauf verlassen, dass die Menschen, die sie pflegen, auch Zeit dafür haben, weil genügend Kolleginnen und Kollegen mit Ihnen Schicht haben? Können sich die Menschen darauf verlassen, dass die Pflegekräfte, die auch ein Gewissen haben und merken, dass sie unter Stress stehen, gut bezahlt werden? Mit dem vorliegenden Haushalt haben wir die Grundlage für bessere Bedingungen im Bereich Pflege gelegt.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wir investieren nicht nur in ein Sofortprogramm, mit dem 8.000 neue Stellen in der Pflege geschaffen werden sollen, sondern wir führen auch einen neuen Mindestbesetzungsschlüssel für jede Schicht in den Altenheimen und in den Krankenhäusern ein. Dafür haben wir entsprechende finanzielle Mittel im Etat - insgesamt sollten 46 Milliarden Euro mehr zur Verfügung gestellt - eingestellt.

(Beifall bei der SPD)

All das sind die Fragen, die vielen auf den Nägeln brennen.

Es wird darüber debattiert, ob der vorliegende Haushalt ein Investitionshaushalt ist oder nicht. Man muss schon eine Leseschwäche zu haben, um nicht zu merken: Dieser Haushalt ist voller Investitionen. Allein für den Komplex Bildung werden 15 Milliarden Euro mehr ausgegeben. Was wollen wir mit diesem Geld machen? Ich möchte zum Beispiel das BAföG verbessern. Gleiches gilt für die Meisterausbildung; denn sie kostet 7.500 Euro, und dieses Land kann es sich nicht leisten, dass Menschen ihren Meister nicht machen, weil ihnen das Geld fehlt. Deswegen müssen wir an dieser Stelle die Weichen in eine ganz andere Richtung stellen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Lassen Sie mich auf ein weiteres Thema eingehen. Die Frau Bundeskanzlerin hat eben das Thema Altenpflege angesprochen. Wir investieren aber auch in andere Berufe, die wir händeringend brauchen. Mit dem Gute-Kita-stellt Franziska Giffey die Weichen richtig. Aber auch in diesem Bereich gibt es viele offene Stellen, die nicht besetzt werden können. Deswegen gehört das Schulgeld für die Erzieherausbildung schlichtweg abgeschafft. Die Erzieherausbildung in Deutschland muss gebührenfrei werden.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

In diesem Haushalt werden - die Entwicklung haben wir schon in der letzten Legislaturperiode angestoßen - insgesamt 100 Milliarden Euro mehr für Familien, für Kinder und für Sozialleistungen ausgegeben. Das sind doch auch Investitionen. Ich weiß, dass das ein alter Streit ist; aber ich sage: Das sind Sozialinvestitionen. Wenn wir das Kindergeld erhöhen und den Kinderzuschlag verbessern, dann sind das Investitionen in die Zukunft unseres Landes.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Jetzt sind wir als Gesetzgeber am Zug. Wir als Parlament werden uns einbringen und unsere Vorhaben voranbringen. Es geht um ganz konkrete Fragen, die die Menschen beschäftigen.

Ich bin der Ministerin Katarina Barley sehr dankbar, dass Sie bereits ein wichtiges Thema angeschoben hat, Stichwort „Einer-für-alle-Klage“. Millionen Menschen in Deutschland sind von deutschen Autokonzernen betrogen worden. Sie müssen mit einem enormen Wertverlust ihrer Autos rechnen. In meiner Heimat ist das ein Thema, das häufig an den Stammtischen diskutiert wird. Die Menschen rechnen damit, dass ihre Rechte gestärkt werden. Mit der Einer-für-alle-Klage geschieht das. Einer klagt, und alle können davon profitieren.

(Beifall bei der SPD)

Dieses Prinzip wird Millionen Geschädigten die Möglichkeit geben, zu ihrem Recht zu kommen.

Wir sollten aufpassen, dass wir den guten Start dieser neuen Bundesregierung mit all den guten Initiativen auch weiterführen. Wir packen die großen Themen an, und wir handeln. Dafür sorgen übrigens auch Tausende von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bei Polizei- und Sicherheitsbehörden, in der Justiz und in den Gerichten. Sie sichern rechtsstaatliche Abläufe in unserem Land und damit auch den inneren Frieden in unserem Land. Wir verlangen übrigens von diesen Mitarbeitern, dass sie sich penibel an das Gesetz halten, und das machen sie auch. Was aber sollen unsere Polizei und unsere Justiz von Politikern halten, die von Rechtsbruch reden, wo es keinen gibt, die Anwälte als Saboteure des Rechtsstaates bezeichnen und die die Neutralität des Staates mit Füßen treten und so tun, als wäre es ein Problem unseres Rechtsstaates, dass Menschen ihre Rechte wahrnehmen. Nein, das ist nicht das Problem unseres Rechtsstaates.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich muss an dieser Stelle klar sagen: Wir haben doch längst verstanden, dass die Menschen erwarten, dass unsere rechtsstaatlichen Prinzipien für jedwede Frau und jedweden Mann gelten, egal woher sie kommen, egal ob Manager oder Flüchtling, und dass wir als Staat in der Lage sind, dies auch entsprechend durchzusetzen. Das können sie von uns verlangen. Deswegen haben wir einen Pakt für Justiz aufgelegt: 2.000 zusätzliche Stellen für Richterinnen und Richter, 2.500 zusätzliche Stellen im Bereich Justiz und 15.000 zusätzliche Polizeistellen. Ja, wir haben verstanden. Aber den Rechtsstaat aufgeben, das werden wir nicht tun.

(Beifall bei der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sollten uns von nichts und niemandem daran hindern lassen, den Blick auf die wahren Herausforderungen unseres Landes zu richten und diese anzunehmen. Die Umsetzung der Vorhaben dieser Koalition und die Investitionen, die in diesem Haushalt angelegt sind, sind entscheidend für die Zukunft unseres Landes. Wer die im Koalitionsvertrag vereinbarten Vorhaben blockiert, schadet unserem Land.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wer anfängt, Vereinbarungen wieder infrage zu stellen, schadet unserem Land. Wer Nebenschauplätze eröffnet, statt sich an das Umsetzen unserer Vorhaben zu machen, schadet unserem Land.

(Beifall bei der SPD)

Wir alle sollten uns bewusst sein - das möchte ich klar sagen -, dass die Menschen von uns hier erwarten, dass wir gemeinsam viel schaffen, und das dürfen sie auch erwarten. Ich sage das mit Blick auf ein zentrales Vorhaben aus unserem Koalitionsvertrag, das Rückkehrrecht aus Teilzeit in Vollzeit. Viele Frauen in Deutschland sitzen in der Teilzeitfalle. 1,7 Millionen Teilzeitbeschäftigte geben an, dass sie mehr arbeiten wollen. Wir haben in diesem Land einen Fachkräftemangel, aber wir haben auch gut ausgebildete Frauen. 1,7 Millionen Teilzeitbeschäftigte - davon sind die meisten Frauen - wollen mehr arbeiten können. Warum helfen wir ihnen nicht dabei? Dieses Gesetz ist überfällig.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Es muss genau so umgesetzt werden - darauf bestehen wir -, wie es im Koalitionsvertrag vereinbart wurde. Dazu möchte ich etwas sagen, weil das offenbar ein Reizthema ist, auch bei der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände: Es geht darum, die Beweislast umzukehren. Was heißt das? Das ist ein technischer Begriff. Wenn eine Frau sagt, sie will von Teilzeit in Vollzeit wechseln, und der Arbeitgeber sagt: „Nein, das geht nicht“, dann muss die Frau nach jetziger Rechtslage nachweisen, dass das doch geht. Jetzt einmal unter uns hier im Plenarsaal: Glaubt irgendeiner ernsthaft, dass das möglich ist? - Ich sage deswegen: Wir drehen den Spieß um. Wenn die Frau aufstocken will, wenn sie von Teilzeit in Vollzeit wechseln will, und der Arbeitgeber Nein sagt, dann muss der Arbeitgeber begründen, warum das nicht geht. Das ist doch nun wahrlich nicht zu viel verlangt.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Das wird niemanden in der deutschen Wirtschaft umbringen. Das ist das Minimum, das wir für die teilzeitbeschäftigten Frauen in diesem Land tun müssen. Ich sage an dieser Stelle sehr klar: Wir vonseiten der SPD haben da keinen Redebedarf mehr, sondern wir sehen da nur noch Umsetzungsbedarf.

(Beifall bei der SPD)

Der Haushaltsentwurf sieht 46 Milliarden Euro Mehrausgaben in dieser Legislaturperiode vor. Aufgrund der Steuerprognose ist, wie wir gehört haben, ein weiterer Spielraum von 10,8 Milliarden Euro drin. Olaf Scholz hat den Vorschlag gemacht, einen Teil dieser Überschüsse in einen Digitalfonds einzubringen. Wir haben heute gemerkt, dass das bei allen hier auf breite Zustimmung stößt. Auch ich glaube, dass das Geld da richtig investiert ist. Ich sehe dagegen keinen Anlass, den geringen zusätzlichen Spielraum, den wir haben, zu nutzen, um weitere Mittel in den Verteidigungshaushalt zu stecken. Der Verteidigungshaushalt steigt bereits auf 38 Milliarden Euro an. Ich frage die zuständige Ministerin: Sie haben in den letzten zwei Jahren das Geld, das Sie bekommen haben, nicht ausgegeben.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) - Christian Lindner (FDP): Das ist die Krise des Multilateralismus!)

Sie haben das aufgrund der inneren Zustände und der Ineffizienzen der Bundeswehr nicht geschafft. - Frau Merkel hat hier Peter Struck gelobt. Deshalb möchte ich hier sagen: Er hat noch heute einen besseren Ruf in der Bundeswehr als sämtliche seiner Nachfolger. Auch das ist wahr.

(Beifall bei der SPD - Dr. Alexander Gauland (AfD): Sie sind doch in der Regierung, Frau Nahles!)

Das Management der Bundeswehr muss verbessert werden.

(Dr. Alexander Gauland (AfD): Sie sind doch schon wieder in der Regierung!)

Sie wollen noch mehr Geld für die Bundeswehr. Wir alle wissen, dass es Probleme gibt. Mit Verlaub, wir haben Ausrüstungsschwächen.

(Dr. Alexander Gauland (AfD): Da hat der Struck auch nichts getan! Der Struck hat auch nichts für die Bundeswehr getan, nur geredet!)

Da sind wir immer bereit, etwas zu tun. Aber wir sind nicht bereit, die zusätzlichen Spielräume in diesem Maße dort hineinzustecken. Ich möchte Sie deswegen fragen: Wo sonst sollen wir das Geld hernehmen? Sollen wir dafür mehr Schulden machen? Sollen wir höhere Steuern bei Reichen und Vermögenden erheben?

(Jan Korte (DIE LINKE): Ja!)

Sollen wir in anderen Haushalten einsparen? Wer das hier permanent, und zwar einseitig und ohne Rücksprache mit uns, öffentlich fordert und eine entsprechende Kampagne macht, der muss auch diese Fragen beantworten.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben im Übrigen auch zusätzliche Spielräume bei der Bundesagentur für Arbeit. Darüber freue ich mich. Wir haben verabredet, dieses Geld auch in die Absenkung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge zu investieren. Das werden wir auch tun. Wir haben eine Senkung um 0,3 Prozentpunkte vereinbart. Ich glaube, das können wir so machen.

Es gibt zusätzliche Spielräume. Für die SPD ist klar: Jetzt müssen wir die Qualifizierungsangebote für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verbessern. Es kann nicht sein, dass wir immer nur in Sonntagsreden über die Digitalisierung und die Notwendigkeit der Qualifizierung im digitalen Wandel reden. Wir müssen auch die Kreativität aufbringen, das mit konkreten Maßnahmen zu unterlegen und in die Qualifikation unserer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu investieren.

(Beifall bei der SPD)

Ich sage an dieser Stelle sehr deutlich: Wir haben in Deutschland immer noch - das muss man sich einmal vorstellen - 1,5 Millionen Erwerbstätige unter 30 ohne abgeschlossene Berufsausbildung. Ich glaube, im Hinblick darauf gibt es Mittel und Wege bei der Bundesagentur. Wir brauchen eine dreijährige Ausbildung - wir haben mit Herrn Scheele darüber geredet -, und wir brauchen zusätzliche Initiativen beim Programm WeGebAU. Das ist für mich klar: Die SPD wird keiner zusätzlichen Beitragssenkung zustimmen, ohne dass nicht vorher bessere Qualifizierungsangebote für Arbeitnehmer vereinbart worden sind.

(Beifall bei der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit großer Sorge erfüllt uns in diesen Tagen die internationale Entwicklung. Die Aufkündigung des Atomabkommens mit dem Iran durch die USA und die Eröffnung der US-Botschaft in Jerusalem sind schwere Fehler und haben weitreichende Konsequenzen

(Beifall bei der SPD)

Die jüngsten Ereignisse in Palästina sind furchtbar. Die Zahl der Toten und Verletzten ist wirklich unfassbar. Die letzten Stunden haben vor allem eine tragische Entwicklung gezeigt: Sie haben die radikalen Kräfte auf allen Seiten gestärkt. Die ersten Demonstrationen in Gaza waren auch gegen die Hamas. Mittlerweile hat sich die Hamas die ganze Bewegung unter den Nagel gerissen. Wir können nicht abseits stehen, und wir wollen auch nicht abseits stehen. Wir wollen weiterhin alles dafür tun, dass die Leben der jungen Israelis und der jungen Palästinenser nicht weiter in einem Strudel der Gewalt sinnlos geopfert werden.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich bekräftige an dieser Stelle ausdrücklich - das habe ich hier schon vor wenigen Wochen gesagt - das Existenz- und im Übrigen auch das Selbstverteidigungsrecht Israels. Aber auch hier muss gelten: Die Verhältnismäßigkeit der Mittel muss gewahrt bleiben.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Es muss jetzt um Deeskalation auf beiden Seiten gehen. Der UN-Sicherheitsrat ist für uns übrigens der legitime und richtige Ort, wenn es um die Beruhigung einer so angespannten Situation wie der zwischen Israel und Palästina geht. Wir bedauern, dass es nicht gelungen ist, sich auf eine unabhängige Untersuchung der gewaltsamen Auseinandersetzungen zu einigen. Wenn die USA ernsthaft eine Rolle im schwierigen Nahostfriedensprozess einnehmen wollen, dann dürfen sie sich solchen Schritten nicht verweigern und gleichzeitig bei den politischen Kernfragen einseitig Fakten schaffen. Das geht nicht. Einseitigkeit ist das falsche Mittel.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Sollte Deutschland im kommenden Jahr im UN-Sicherheitsrat ein neues Gewicht bekommen, dann werden wir uns als Stimme des Friedens einbringen. Ich bin mir sicher, dass wir uns da alle einig sind.

(Beifall bei der SPD)

Die internationale Sicherheit braucht die Fähigkeit zur Entspannung und übrigens auch die Fähigkeit zum Kompromiss. Wir werden auch für den Erhalt des Iran-Abkommens kämpfen. Mit unseren europäischen Partnern, dem Iran und den anderen Unterzeichnern des Abkommens wollen wir Wege finden, wie Handel mit dem Iran weiterhin möglich sein kann. Die Voraussetzung ist, dass sich der Iran an die Verpflichtungen hält. Aber auch hier gilt es, Eskalationsspiralen schlicht zu verhindern.

(Beifall bei der SPD)

Das unabgestimmte und provokante Vorgehen des amerikanischen Präsidenten zeigt, dass wir Europäer umso mehr gefordert sind. Ich bin der Bundesregierung deswegen dankbar, dass sie sich in den letzten Wochen auf allen Ebenen - ob Bundeskanzlerin, Außenminister oder Finanzminister - wirklich bemüht hat, die Europäische Union wieder stärker zusammenzubringen. Wir müssen den Zusammenhalt in Europa stärken. Dazu gehört auch, dass wir zukünftig mehr Mittel in den europäischen Finanzhaushalt einbringen werden als in der Vergangenheit. Ja, wir haben das im Koalitionsvertrag verabredet, und es war weitsichtig. Das erkennt man, wenn man sich die aktuelle Lage ansieht.

Die europäische Integration ist Grundvoraussetzung für Wohlstand und Sicherheit in Europa. Wir müssen den Zusammenhalt Europas stärken; denn darum ist es momentan nicht gut bestellt.

(Norbert Kleinwächter (AfD): Ja! Warum wohl?)

Als größter Profiteur der Europäischen Union ist es auch in unserem ureigensten Interesse, in die Stärkung Europas zu investieren. Wer das ablehnt, sägt an dem Ast, auf dem wir alle sitzen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Volker Kauder (CDU/CSU))

Die SPD tritt hier auch innerhalb der Bundesregierung für eine klare Haltung ein. Olaf Scholz führt hierzu gerade intensive Gespräche mit den europäischen Kolleginnen und Kollegen. Er hat das gestern auch klar dargestellt. Wir sind auf dem Weg, den Europäischen Stabilitätsmechanismus weiterzuentwickeln. Unser Ziel ist es, einen europäischen Währungsfonds zu erreichen. Wir sind auf einem guten Weg, das Bankenwesen in Europa sicherer zu machen.

(Norbert Kleinwächter (AfD): Lächerlich!)

Wir unterstützen gemeinsame Mindestsätze bei den Unternehmenssteuern, was für mich auch ein sehr wichtiger Punkt ist,

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

und wir unterstützen auch eine gerechte Besteuerung großer Konzerne - gerade auch der Internetkonzerne -, auch wenn ich Frau Merkel Recht gebe, dass das alles nicht ganz leicht ist, aber das Ziel muss hier klar benannt werden.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich habe keinen Zweifel, dass die Bundeskanzlerin und der Bundesfinanzminister hier konkrete Fortschritte hinbekommen werden.

Die berühmte Antwort auf Macron - davon war ja jetzt viel die Rede -

(Michael Grosse-Brömer (CDU/CSU): Jetzt auf Französisch!)

fällt bei uns allen vielleicht etwas weniger pathetisch aus. Das ist aus meiner Sicht aber auch völlig in Ordnung. Entscheidend ist, dass wir zusammen mit den Franzosen und den anderen Partnern wirklich ganz konkret - das habe ich gerade dargelegt - an der Integration Europas arbeiten. Dass das bis zum Sommer Früchte trägt: Dessen bin ich gewiss; hier bin ich zuversichtlich. Dafür stehen diese Bundesregierung und die sie tragenden Fraktionen voll und ganz ein.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Rudolf Henke (CDU/CSU))

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben uns in diesem Koalitionsvertrag eine Menge vorgenommen. Es geht jetzt auch darum, uns darauf zu konzentrieren, das anzupacken. Dabei gibt es sicherlich weiterhin auch kontroverse Debatten. Das ist auch notwendig und richtig, solange wir dabei nicht die Prioritäten aus den Augen verlieren.

Die Menschen in Deutschland erwarten, dass wir etwas tun, damit diese Welt ein sichererer Ort wird. Dafür ist Europa von zentraler Bedeutung. Die Menschen erwarten, dass sie mehr Sicherheit im eigenen Land haben. Dafür investieren wir - nicht nur in die Justiz, sondern auch in die Lösung der sozialen Probleme, die die Menschen verunsichern. Deswegen ist dieser Investitionshaushalt, den wir heute vorlegen, ein wichtiger Beitrag, um Deutschland voranzubringen.

In diesem Sinne: Fangen wir doch einfach an, das umzusetzen, was wir verabredet haben!

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)