Waltraud Wolff unterstützt die Forderung nach einem nationalen Rahmenkonzept für unsere Flüsse und einem Elbekonzept. Der Schutz der Naturräume und ihre wirtschaftliche Nutzung als Bundeswasserstraße schließen sich nicht aus. Notwendig ist, dass das Zil eines guten ökologischen Zustandes Priorität hat und die Öffentlichkeit bei der Festlegung der Planungsziele und bei möglichen Änderungen von Anfang an mit dabei ist.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren!

Ich finde das sehr traurig. Wir wissen: Wasser ist die Grundlage unseres Lebens. Wir haben heute früh über die Privatisierung der Wasserversorgung gesprochen. Jetzt meint die Regierungskoalition, dass sie heute Abend ihre Reden zu Protokoll geben kann. Schade!

(Bernhard Kaster [CDU/CSU]: Sie wissen, wie das gewesen ist!)

Wir reden dennoch.

Link zum Video für Apple-Anwendungen

Es gibt nichts Neues; wir machen das alles schon. Das war die Kernaussage der Reden, die die Koalition zur ersten Lesung der Anträge mit den Titeln „Neue Flusspolitik – Ein ‚Nationales Rahmenkonzept für naturnahe Flusslandschaften‘“ und „Umfassendes Elbekonzept erstellen“ zu Protokoll gegeben hat.

Vielleicht sind die Regierungsfraktionen davon ausgegangen, dass niemand liest, was sie abgeliefert haben. Ich habe das aber gelesen. Zusammengefasst kann man sagen, dass darin steht: Erstens. Rahmenkonzept? Dafür gibt es doch die Wasserrahmenrichtlinie. Außerdem sind nicht wir, sondern die Länder dafür zuständig. Zweitens. Elbe-Konzept? Machen wir schon. Kommt schon. Warten Sie einmal ab! – Das waren die Aussagen, die ich den Reden entnommen habe. Aber, meine Damen und Herren, das überzeugt niemanden. Wo sind Ihre Konzepte denn?

Die Wahrheit ist doch: Mit Ihrer Reform der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung haben Sie deutlich gezeigt, dass Sie weder einen Ausgleich von Interessen noch eine Zusammenarbeit mit den Regionen wollen. Fakt ist: Ohne Rücksprache werden die Wasserstraßen neu kategorisiert. Fakt ist: Ohne Rücksprache wird die Wasser- und
Schifffahrtsverwaltung zerschlagen. Fakt ist: Ohne Rücksprache ziehen Sie die Behörden aus der Fläche ab.

Jedoch hat der Kollege Liebing – er wurde eben schon angesprochen; er hat seine Rede wieder zu Protokoll gegeben – in seiner ersten Rede zu diesem Thema gesagt – ich zitiere –:

„Wasser ist keine übliche Handelsware, sondern ein ererbtes Gut, das geschützt, verteidigt und entsprechend behandelt werden muss.“ Dieser Auszug aus den Erwägungsgründen der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie beschreibt die Überzeugung, aus der heraus die Gemeinschaft ihre integrierte Gewässerschutzpolitik
entwickelt hat."

Jetzt kommt es:

"Dieser Überzeugung fühlen sich auch die Bundesregierung und die CDU/CSU-Bundestagsfraktion in ihrem Handeln verpflichtet …"

Ja, meine Güte, was soll ich denn da sagen? Wenn dem so ist, dann machen Sie es doch einfach! Wer ist denn für die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie an den Bundesgewässern zuständig? Natürlich die Wasser- und Schifffahrtsverwaltungen, die Sie gerade mit Ihrer Reform beerdigt haben.

(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Stimmt ja nicht! – Gabriele Groneberg [SPD]: Eine Beerdigung erster Klasse war das!)

Herzlichen Glückwunsch!

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Die Reform der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung zeigt mehr als deutlich: Sie haben überhaupt kein Konzept. Was allerdings überfällig und ausgesprochen nötig gebraucht wird, ist ein neues integriertes Konzept, das sowohl Naturschutz, die Binnenschifffahrt als auch die Interessen der Regionen berücksichtigt. Das kann der Bund nicht allein bewerkstelligen. Um den Erhalt der noch intakten Gewässer und Auen zu fördern, muss es einfach eine Zusammenarbeit mit den Ländern geben, allein schon, weil die Finanzierung zwischen Bund und Ländern aufgeteilt ist: Der Bund ist zuständig für die Maßnahmen zum Erhalt der Schiffbarkeit, und die Länder sind zuständig für den Hochwasserschutz und für ökologische Maßnahmen; das wissen wir alle. Es geht hier also um eine Querschnittsaufgabe; deshalb sind die enge Zusammenarbeit und die Koordinierung so wichtig.

Alle Beteiligten, meine Damen und Herren, müssen sich um die vielen Einzelfragen kümmern, wie zum Beispiel eine Binnenschifffahrt, die stärker an die Flüsse angepasst werden muss, oder eine Landwirtschaft, die die Rückhaltefunktion der Böden erhält, oder aber auch die Rückverlegung von Deichen. Die Lösungen können nur vor Ort gefunden werden, nicht am grünen Tisch. Sie aber ziehen die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung aus den Regionen ab.

(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Stimmt nicht!)

Mit einer solchen Gesetzgebung verabschieden Sie sich auch aus dem Dialog mit der Bevölkerung. Das finde ich, ehrlich gesagt, fatal.

(Gustav Herzog [SPD]: Sehr richtig, Frau Kollegin!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ein nationales Rahmenkonzept ist mehr als notwendig. Der Antrag der Linken geht zweifellos in die richtige Richtung. Wir lehnen ihn jedoch trotzdem ab, weil wir in Bezug auf die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung ein Moratorium für laufende Ausbaumaßnahmen nicht richtig finden.

(Gabriele Groneberg [SPD]: Richtig! – Gustav Herzog [SPD]: So ist es!)

Aber richtig und sehr sinnvoll finden wir auch den Antrag zu Ihrem Elbe-Konzept. Wir als SPD haben umfassende Gespräche gesucht: in den Ländern, mit den Verbänden, mit den Anwohnern. Ich darf aus persönlicher Befindlichkeit sagen: Durch meinen Wahlkreis zieht sich die Elbe in Gänze, und darum ist es mir ein ganz persönliches Anliegen, die ökologische Funktion der Elbe zu verbessern. Ich weiß noch, wie die Elbe aussah, als ich Kind war, und ich bin froh darüber, wie es heute ist. Daran wollen wir weiter arbeiten.

Dennoch bin ich dafür, die Schiffbarkeit zu gewährleisten. Früher unter Rot-Grün haben wir immer gesagt – das weiß ich noch ganz genau –: Wir wollen weg von der Straße hin zu Schiene und Wasser. Meine Damen und Herren, dazu stehe ich auch heute noch – doppeltes Ausrufezeichen!

Wie schaffen wir, ein Sowohl-als-auch gut hinzubekommen? Erstens. Wir als SPD setzen auf einen öffentlichen Dialog und auf frühzeitige Bürgerbeteiligungsverfahren, die nicht auf die Fragen der Umweltverträglichkeit reduziert sind, sondern alle Aspekte der Planung umfassen.

Zweitens. Wir setzen darauf, dass die Öffentlichkeit bei der Festlegung der Planungsziele und bei möglichen Änderungen von Anfang an dabei ist. Dazu schlagen wir als SPD einen Elbe-Rat vor, in dem Vertreter des Naturschutzes und der Binnenschifffahrt sind. Nur auf diese Weise kann man Stück für Stück zu einem tragfähigen Konzept kommen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Ziel, den guten ökologischen Zustand der Elbe gemäß Wasserrahmenrichtlinie zu erreichen, hat dabei natürlich Priorität. Ich sage: Es ist möglich, mit ökologisch optimierten Buhnen und Leitwerken vielfältigere Gewässerstrukturen zu schaffen und gleichzeitig die Schiffbarkeit zu verbessern. Allerdings muss dabei klar sein: Es wird keine Eingriffe ohne ökologische Verbesserung geben. Unter dieser Prämisse kann man ganz einfach sagen: Der Schutz der Elbe als Naturraum und ihre wirtschaftliche Nutzung als Bundeswasserstraße schließen sich nicht aus. Dazu steht die SPD.

Diese Grundaussage und viele unserer Forderungen finde ich auch im Antrag der Linken wieder. Deshalb unterstützen wir diesen Antrag und lehnen die Beschlussempfehlung
des Ausschusses ab.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)