Sehr geehrte Frau Präsidentin,

das „Ulli“ irritiert immer wieder. Ich fand es immer spannend, wenn ich Post mit „Herrn Ulli Nissen, Bankkauffrau“ bekommen habe; denn dabei war ja besonders viel nachgedacht worden.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Zunächst einmal einen herzlichen Dank an die Grünen für ihren Antrag. Es ist gut, dass wir dieses Thema heute debattieren. Das Thema hat es zwar nicht in die Kernzeit geschafft, aber immerhin haben wir Zeit, heute den Antrag „Freisetzung von Mikroplastik beenden“ zu besprechen. Ich fand es auch wirklich sehr interessant: Ich habe mich gestern Abend, als es so doll geregnet hat, doch entschlossen, mit dem Taxi nach Hause zu fahren und nicht mit dem Fahrrad. Ich habe dem Taxifahrer gesagt, wozu ich heute rede. Da hat er gesagt: Oh, darf ich überhaupt noch Fleecejacken tragen? – Denn auch das ist ja ein Problem. Ich fand es wirklich sehr spannend, wie viele Menschen bei diesem Thema schon sensibilisiert sind. Deshalb ist es gut, dass wir darüber reden. Was ist denn überhaupt Mikroplastik? Plastik in Makroform, also große Plastiktüten, sind uns bekannt, auch die damit verbundenen Probleme. Plastiktüten, Kunststoffflaschen und -verpackungen sind sichtbar. Im Gegensatz dazu ist Mikroplastik kaum zu erkennen. Das sind winzige Kunststoffpartikel, kleine Kunststoffkügelchen, Kunststofffasern, die kleiner als 5 Millimeter sind. Das sind so kleine Teile, dass wir oft gar nicht wissen, wo sie verwendet werden und – vor allem – was für Folgen sie haben. Auch meine Kollegen haben gesagt, als wir darüber gesprochen haben: Uff, wusste ich gar nicht. Diese kleinen Teilchen werden beispielsweise in Kosmetik- und Körperpflegeprodukten verwendet, also Dingen des täglichen Gebrauchs. Sie befinden sich in Haarshampoos, Spülungen, Duschgels und auch in dekorativer Kosmetik. Wenn wir uns also die Haare waschen oder duschen, dann spülen wir die Inhaltsstoffe und damit auch die kleinen Plastikteilchen ab. So gelangen sie in den Abfluss und eben auch in den Wasserkreislauf. Dieses Problem sehen wir wirklich auch. Die meisten Kläranlagen haben keine Filter, die diese kleinen Partikel zurückhalten könnten. Das heißt, dass die Teilchen, wie schon gesagt, in die Flüsse und am Ende in die Meere gelangen. Das bedeutet – wie für so viel Plastikmüll –: Endstation Meer, Endstation auf der größten Müllkippe der Welt. Je kleiner die Plastikteile sind, desto eher gelangen sie in die Nahrungskette. Der Fisch ist schon angesprochen worden, und ich denke, auf solche Fische haben wir alle keinen Appetit. Sie sind aber auch in Seehunden und in Muscheln nachgewiesen worden. Welche Folgen das alles haben wird, ist noch gar nicht endgültig erforscht. Wir müssen aber auch beachten, dass es sowohl primäre Mikroplastik – das sind die kleinen Teile, die in Reinigungs- und Körperpflegeprodukten aktiv zugesetzt werden – als auch sekundäre Mikroplastik – das ist ganz wichtig, Herr Meiwald – gibt, die durch Abrieb und auch bei der Zersetzung und dem Zerfall von Makroplastik entsteht. Die Auswirkungen sind aber die gleichen. Ich denke, deshalb sind wir uns alle einig: Mikroplastik ist ein Problem. In Ihrem Antrag geht es aber eben nur um die Reduzierung von Mikroplastik in Reinigungs- und Kosmetikprodukten. Das ist mir zu wenig. In Bezug auf die Reduzierung von Mikroplastik in Kosmetik sehe ich allerdings schon Erfolge. Es ist schon angesprochen worden, dass es diverse Unternehmen gibt, die darauf verzichten. dm und Rossmann sagen zum Beispiel, dass sie das in ihren eigenen Produkten nicht mehr wollen, und die sind auch gut. Sie sagen auch: Wir machen keine Tierversuche. Diese Dinge können wir also durchaus annehmen. Ich bin dem BUND sehr dankbar dafür, dass er eine klare Negativliste aufgestellt hat, die man sich im Internet anschauen kann. Ich fordere Sie alle auf: Gucken Sie einmal nach. Ich denke, auch die lieben Kolleginnen und Kollegen von den Grünen und von den Linken werden noch zig Produkte zu Hause haben, die entsprechende Inhaltsstoffe haben.

(Eva Bulling-Schröter [DIE LINKE]: Wir gucken nach!)

Ich sage es ganz deutlich: Mir wäre der freiwillige Verzicht natürlich am liebsten, und es ist gut, dass das BMUB Gespräche mit den Herstellern und den Verbänden führt. Ich mache hier aber eine ganz klare Ansage: Wenn nicht umgehend etwas passiert, dann bin ich für eine gesetzliche Regelung. Mikroplastik in Kosmetikprodukten ist aber nur ein kleiner Teil dieser Gesamtproblematik, und ich möchte nicht, dass wir dabei das große Ganze aus den Augen verlieren. Wir müssen natürlich lokal handeln, wo wir können, aber die Vermüllung der Meere geschieht nicht allein durch die Mikroplastik. Die Makroplastik ist ein sehr viel größeres Problem. Deshalb müssen wir das auch zusammen behandeln. Wenn ich die Zahlen betrachte, dann sehe ich eine deutliche Relation. Wir sprechen von jährlich 500 Tonnen Mikroplastik in Deutschland, die durch Kosmetikprodukte auf den Markt kommen. Was ist aber mit der Mikroplastik, die in der Industrie eingesetzt wird? Die Einsatzmenge von Mikropartikeln in Kunststoffwachsen zum Beispiel wird auf ungefähr 100 000 Tonnen geschätzt. Das ist das 200-Fache. Deshalb steht mir in Ihrem Antrag an dieser Stelle zu wenig.

(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Na, dann legt doch noch etwas drauf! Das ist nicht das Problem!)

– Ich kann Ihnen sagen: Ich werde mich mit meinen Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSU zusammensetzen, und wir werden Ihnen einen Entwurf vorlegen.

(Peter Meiwald [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Ja, dann macht es doch!) 

Auf 100 Millionen Tonnen wird der Meeresmüll geschätzt. 75 Prozent davon sind Kunststoffe, und jährlich kommen 6,4 Millionen Tonnen dazu. Das muss uns allen klar sein. Hier müssen wir wirklich dringend handeln, und ich freue mich darauf, dass wir Ihnen, wie ich denke, in Bälde etwas dazu vorlegen werden. Das Umweltbundesamt wird in Kürze eine Studie dazu vorlegen. Ich denke, auch das werden wir nutzen, um daraus etwas zu machen.

(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die beste Rede ist die Ausrede!)

Für uns gehört auch die EU-Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie dazu. Sie soll bis 2020 umgesetzt werden. Mir wäre es lieb, wenn wir dies noch deutlich schneller schaffen würden. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind uns der Problematik bewusst und gehen sie auch an. Ihr Antrag war auf jeden Fall ein guter Anlass, einen weiteren Aufschlag zu machen. Es hilft der Sache aber nicht weiter, wenn wir uns auf einen Teilaspekt konzentrieren und lediglich eine einzelne Branche herausgreifen.

(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Ja, doch! Irgendwo muss man anfangen! Die beste Rede ist ganz offenbar die Ausrede!)

– Ich habe Ihnen ja zugesagt, dass etwas kommt.

(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Fangen Sie doch einmal an!)

Ich bin Ihnen aber wirklich dankbar, dass Sie das zum Thema gemacht haben. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir wollen kein kleines Plastik und kein großes Plastik im Meer. Wir wollen dort Plastik überhaupt nicht mehr haben. Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit und freue mich auf eine gute Zusammenarbeit.

(Beifall bei der SPD – Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir warten auf den Antrag der Koalition!)