Für ein Kind ist nicht die sexuelle Identität der Eltern entscheidend, sondern eine stabile und liebevolle Bindung zu seinen engsten Bezugspersonen. Diese Geborgenheit, Solidarität und Fürsorge finden Kinder in unterschiedlichen Familienkonstellationen. Deshalb darf die Sukzessivadoption nur ein Etappenziel hin zur vollständigen Gleichstellung sein.

Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Positive zuerst: Wir, die Koalition von SPD und Union, werden die bestehenden Diskriminierungen von gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften, auch wenn Sie das nicht glauben, beenden. Wir werden die Regelungen, die gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften schlechterstellen, ebenfalls beseitigen. - So steht es im Koalitionsvertrag. Das bleibt für uns Sozialdemokraten das Ziel. Glauben Sie uns: Es war nicht leicht, das zu vereinbaren. Insofern danke ich den Kolleginnen und Kollegen der Union, die dies ermöglicht haben. Ich sage das bewusst auch an die Adresse der Kolleginnen und Kollegen der CSU, denen das besonders schwergefallen ist.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Damit steht die Agenda fest: rechtliche Gleichstellung für alle Menschen, egal ob hetero, schwul, bi oder lesbisch. Niemanden zu diskriminieren oder ungleich zu behandeln - eine Selbstverständlichkeit im 21. Jahrhundert, über die wir eigentlich nicht diskutieren müssten. Dies, so sage ich, bringen wir auf den Weg und werden wir auf der Agenda halten.

Gestatten Sie mir, verehrte Kolleginnen und Kollegen der Union, Folgendes zu sagen: Bis es so weit kommt, werden Sie uns dazu schon noch etwas liefern müssen. Wir wollten bereits zum jetzigen Zeitpunkt eine einfache Regelung schaffen und das Wort "Ehe" durch "Lebenspartnerschaften" ersetzen, um die Volladoption zu ermöglichen. Ich glaube aber, wir kommen noch auf einen guten Weg, wenn wir uns vernünftig austauschen.

Darum und um die Gleichstellung von Schwulen und Lesben, von Bi- und Gendermenschen in unserer Gesellschaft geht es heute jedoch nicht. Heute geht es, auch wenn die Sachverständigen der Anhörung uns überwiegend eine große Lösung vorgeschlagen haben, nur um die Kinder, nur um die Adoption, genauer um die Sukzessivadoption. Den Kindern - das hat die Anhörung zweifelsfrei geklärt; das ist der Unterschied zum Gesetzentwurf von Bündnis 90/Die Grünen - ist es herzlich egal, ob sie ein oder zwei Mütter oder Väter haben. Für sie zählt allein die Liebe, die Geborgenheit, egal ob von leiblichen Eltern, Pflegeeltern oder Adoptiveltern. 

(Beifall bei der SPD sowie Abgeordneten der LINKEN und der CDU/CSU)

Glauben Sie mir, Kolleginnen und Kollegen, Felix und Lena - nennen wir sie einmal so - machen keinen Unterschied, von wem sie Trost bekommen, wenn das Knie aufgeschürft ist. Genau das - Verantwortung, Fürsorge und stabile Familienverhältnisse zugunsten des Kindeswohls - verlangt unser Bundesverfassungsgericht zu Recht, bis zum 30. Juni dieses Jahres gesetzlich zu regeln. Das setzen wir jetzt um - nicht weniger, aber leider auch nicht mehr. 

Meine Kolleginnen und Kollegen, der Gesetzentwurf der Grünen unterstellt gleichzeitig, dass der Gesetzentwurf der Bundesregierung und der Koalition in zwei Fällen verfassungswidrig sei. Ich sage ganz offen: Dem kann man in keinem Falle zustimmen; denn das Bundesverfassungsgericht selbst kann nicht das, was im Urteil gefordert hat, für verfassungswidrig erklären. Wir befassen uns nicht mit der Verfassungswidrigkeit im Verhalten der Menschen in dieser Gesellschaft, sondern wir befassen uns nur mit der Sukzessivadoption. 

Lassen Sie uns doch alle miteinander den Weg gehen, die Ungleichbehandlung zu beseitigen - nicht vor Gerichten, sondern hier im Hohen Hause. Wir Sozialdemokraten stehen dazu. Wir wollen die Gleichstellung ohne Wenn und Aber. Wir werden dabei nicht lockerlassen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)