Gemeinsames internationales Handeln muss die Ereignisse in Syrien in geordnete Bahnen lenken. Der Einsatz zeigt auch: Frankreich und Deutschland, die Hauptsäulen der EU, lassen sich nicht trennen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!

Der Antrag der Linken stellt die Situation dar, als sei der Einsatz der Bundeswehr in Syrien ausschließlich eine Antwort auf den Terror in Paris und das einzige Mittel, das wir im Syrien-Konflikt zum Einsatz bringen. Aber, meine Damen und Herren, die Antworten auf politische Fragen sind selten eindeutig. Politische Lösungen sind selten schwarz oder weiß, sondern erscheinen meistens in Grautönen. Das gilt besonders für Entscheidungen über Militäreinsätze.

Der Einsatz der Bundeswehr in Syrien ist mehr als Terrorabwehr und findet zu einem Zeitpunkt statt, zu dem viele Akteure mit ausschließlich eigenen Interessen teilweise gegeneinander in Syrien verstrickt sind. Deshalb ist es wichtig, dass gemeinsames internationales Handeln die nationalen Interessen in geordnete Bahnen lenkt. Der Einsatz der Bundeswehr ist ein europapolitisches Zeichen. In Zeiten eines schwachen Europas lassen sich Frankreich und Deutschland, die Hauptsäulen der Europäischen Union, nicht trennen. Unser Engagement ist auch ein Weg, überhaupt Einfluss auf den weiteren Fortgang zu haben. Nur so können wir außenpolitisch mäßigend mitwirken.

Dementsprechend ist unser wichtigster außenpolitischer Beitrag rund um die Frage Syrien der Wiener Prozess. Unserem Außenminister Steinmeier ist gelungen, was von außen einfach erscheinen mag, aber sehr viel diplomatisches Feingefühl und Ausdauer erfordert.

(Beifall bei der SPD)

Er hat alle im Syrien-Konflikt relevanten Akteure an einem Tisch versammelt. Beim Treffen in Wien sind 18 Staaten und die EU zusammengekommen, um Antworten auf die Frage zu finden, wie der Gewalt so schnell wie möglich ein Ende gesetzt werden kann. Dieser Prozess steht leider erst am Anfang, und wir brauchen einen langen Atem.

Zusätzlich zur Arbeit auf dem diplomatischen Parkett engagieren wir uns mit strukturbildender Übergangshilfe, Mitteln zur Krisenbewältigung und humanitärer Hilfe. Auch diese Maßnahmen gehören zum Gesamtbild.

Kolleginnen und Kollegen, alles, was wir im Dialog lösen können, erfordert keine Waffen. Allerdings: Ohne Waffen geht es auch nicht immer. Aus Erfahrung weiß ich eines: Die Dämonen dieser Welt sind nicht mit Dialog und gutem Zureden aufzuhalten. Deswegen ist Militär leider oft notwendig, um politische Lösungen zu ermöglichen.

Letztendlich hat niemand die Weisheit gepachtet. Historisch gibt es Beispiele für gelungene militärische Missionen, wie auch leider für misslungene. Ich möchte zu bedenken geben, dass es sich niemand in diesem Haus mit seiner anstehenden Entscheidung leicht macht.

Kolleginnen und Kollegen, Syrien kann heute mit Bosnien und Herzegowina während der Balkankriege verglichen werden. Ich frage: Muss nun auch noch ein zweites Srebrenica geschehen, ehe wir unser „Punkt und Komma“ richtig setzen?

Zu bedenken ist dabei auch das Leid der Flüchtlinge. Viele Menschen sind Geiseln des Terrors in Syrien, besonders die Ärmsten der Armen, die nicht das Geld hatten, das Land zu verlassen. Wollen wir sie ihrem Schicksal überlassen? Denken wir auch an die Vergessenen?

(Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das sagt doch gar keiner!)

Ich will hoffen, dass unser Beitrag dem Frieden und der Zukunft dieser Menschen dient. Dafür wollen wir unseren Soldatinnen und Soldaten, die unsere politische Entscheidung würdig in die Tat umsetzen müssen, einen klaren Auftrag mitgeben.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Kolleginnen und Kollegen, als Integrationsbeauftragter meiner Fraktion sage ich: Natürlich werden wir Terrorismus nicht allein mit militärischen Mitteln besiegen können. Terrorismus ist Folge der geistigen Brandstiftung auch in unseren Gesellschaften. Die Brandstiftung beginnt mit der „Ja, aber“-Propaganda der Radikalen und endet mit brennenden Häusern oder Bomben. Deshalb ist es besonders wichtig: Wir müssen Rattenfängern, ob Faschisten oder Salafisten, früh und entschlossen entgegentreten. Diese Menschen sind keine Patrioten und erst recht keine Gläubigen. Sie sind einfach Kriminelle, die Patriotismus oder den Glauben für ihre Zwecke missbrauchen. Aber um zu verhindern, dass sich Menschen den radikalen Predigern anschließen, ist es wichtig, auch mit unserer eigenen Sprache sensibel umzugehen. Unsere Worte können verletzen. Unsere Worte können zu gegenseitigem Misstrauen und zu Schweigen führen, zu Abschottung und im schlimmsten Fall zu Radikalisierung. Deswegen müssen wir im Dialog bleiben, Empathie entwickeln und gemeinsam die geistigen Grundlagen des Terrors bekämpfen, und zwar als Bündnis der Vernünftigen aus allen Parteien, allen Nationen und allen Glaubensgemeinschaften.

Danke schön für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)