Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Die Debatte, die die Kollegen der Regierungsfraktionen hier heute organisieren, gleicht schon einer Posse. Das ist, als wenn jemand, der stiehlt, ganz laut schreit: Haltet den Dieb!
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Ihre chaotische Politik, Ihr abstruses Hin und Her, Ihre Unfähigkeit, die Energiewende zu gestalten, muss der Verbraucher jetzt ausbaden. Sie versuchen, zu suggerieren, wir seien es gewesen.
Herr Döring, irgendwie habe ich das Gefühl, Sie haben die letzten Jahre verpasst oder durch einen Nebel wahrgenommen.
(Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Er hat noch nie etwas mit Energiepolitik zu tun gehabt! - Gegenruf der Abg. Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Aber mit Nebentätigkeiten! - Gegenruf des Abg. Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Er macht viele Nebentätigkeiten!)
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Die dramatische Steigerung der EEG-Umlage in Höhe von 4 Cent pro Kilowattstunde, über die wir heute diskutieren, haben Sie in den letzten Jahren verursacht, nicht wir.
(Patrick Döring (FDP): Sie waren nicht bereit, den Ausbau der erneuerbaren Energien zuzulassen!)
Herr Bareiß, zehn Jahre lang haben Sie den Umbau des Energiesystems erfolgreich verhindert. Sie haben die Unternehmen durch Ihre atomfreundliche Politik auf eine falsche Fährte geführt. Damit haben Sie den Umbau in Richtung erneuerbare Energien letztendlich verhindert.
(Thomas Bareiß (CDU/CSU): Es besteht doch keine Konkurrenz zu den erneuerbaren Energien!)
Das gilt genauso für den Netzausbau. Das gilt genauso für den Ausbau von Speichersystemen und alles andere auch.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Herr Altmaier, wenn Sie heute meinen, Sie seien im verkehrten Film,
(Rolf Hempelmann (SPD): Der ist im Moment im verkehrten Saal!)
dann sollten Sie einen Blick auf die Tagesordnung werfen: Die Aktuelle Stunde ist nicht von uns aufgesetzt worden, sondern von Ihren Kollegen. Machen Sie sich einmal klar, was hier heute so verzapft wird.
Der Verbrauer ist mündig, und er weiß, dass er die Energiewende nicht zum Nulltarif bekommt. Aber dass die Strompreise geradezu davonlaufen, das kann er und will er sicher auch nicht verstehen. Noch weniger Verständnis hat er für das, was Sie mit den Ausnahmeregelungen veranstalten. Die Ausnahmeregelungen sind heute schon viel zitiert worden; ich will sie gar nicht beschreiben. Für diejenigen, die diese Debatte verfolgen, kann man aber sagen, dass man sich diese Liste ganz legal aus dem Internet - von der Homepage des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle - herunterladen kann. Tut man das, dann kommt man aus dem Staunen nicht heraus.
Der Beantwortung einer Kleinen Anfrage der Grünen dürfen wir im Übrigen entnehmen, dass im Antragsjahr 2006 bis zum Stichtag 30. Juni 406 Unternehmen mit 543 Abnahmestellen Anträge auf Vergünstigungen beim Strompreis gestellt haben. Man höre und staune: 2012 haben bis zum Stichtag 30. Juni 2012 gar 2.023 Unternehmen mit 3.172 Abnahmestellen Anträge gestellt. Was sagen Sie denn dazu, Herr Döring? Das haben Sie offensichtlich wohl nicht mitbekommen.
(Patrick Döring (FDP): Wir befreien nicht nur die Großen, sondern auch den Mittelstand! Das ist richtig, ja!)
Sie toppen die ganze Geschichte aber noch: Sie haben die Investitionen in die Stromspeicher verschleppt das wurde gerade schon gesagt , Sie haben den Netzausbau verschleppt und damit die Netzanbindung von Offshoreanlagen gefährdet.
(Patrick Döring (FDP): Mit dem Netzausbau haben Sie gerade erst angefangen!)
Das Ungeheuerliche ist: Die Haftung für dieses Risiko wollen Sie jetzt auch noch durch eine neue Umlage auf die Verbraucher umwälzen. Das ist nun wirklich abstrus.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ich finde es überhaupt nicht gerecht, dass der Verbraucher die Zeche für das zahlen soll, was Sie hier die ganzen Jahre versäumt haben. Warum geben Sie nicht offen zu, dass Ihnen das Ganze entglitten ist, Sie hier einfach gepennt haben und hier dringend eine Umkehr erforderlich ist? Der letzte Satz von Herrn Döring war in dieser Beziehung schon interessant: dass das EEG jetzt reformiert werden muss. Ich bin einmal gespannt, welche Deformationen Sie sich hier wieder einfallen lassen.
(Rolf Hempelmann (SPD): Da will er sogar ganz schnell sein, hat er gesagt!)
Rund 60 Euro Mehrkosten für einen normalen Haushalt: Das hört sich im Moment vielleicht gar nicht einmal so viel an. Aber das summiert sich ja. Ich denke an die Haushalte der Arbeitnehmer, die wenig verdienen, die stagnierende Lohneinkommen haben und die prekäre Beschäftigungsverhältnisse hinnehmen müssen. Da fasse ich mir natürlich schon an den Kopf, wenn Sie auf einmal Ihr Herz für die Geringverdiener entdecken. Das glaubt Ihnen irgendwie keiner. Herr Hempelmann hat dazu umfangreiche Ausführungen gemacht. Was er gesagt hat, das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen.
Fakt ist, dass die Ausgleichsregelungen für energieintensive Betriebe durch die letzte EEG-Novelle, die Sie letztendlich zu verantworten haben, ein enormes Ausmaß angenommen haben ich habe die Zahlen genannt und dass Sie die Last nun fast allein auf den Normalverbraucher und auf die kleinen Unternehmen umlegen.
Herr Kauch, ich schätze Sie zwar sehr, aber dass ausgerechnet Sie den Bürgerinnen und Bürgern die Mehreinnahmen durch die Mehrwertsteuer als Entlastung zukommen lassen wollen, mögen Sie für sich vielleicht kalkuliert haben; allerdings hier haben Sie die Rechnung vollkommen ohne Ihre Kollegen aus der Regierungskoalition gemacht. Sie werden Ihnen einen Strich durch die Rechnung machen. Fast könnte man meinen, dass Ihnen die Erhöhung der Umlage ganz gelegen kommt. Ich denke einmal daran, dass Sie vielleicht vorhaben, damit die Finanzierung des unseligen Betreuungsgeldes sicherzustellen. Das ist nämlich eine ganz andere Nummer.
(Heiterkeit des Abg. Rolf Hempelmann (SPD) Ingbert Liebing (CDU/CSU): Hä? Das ist ja nun wirklich ganz schwierig!)
Selbst Ihre Parteikollegin, Kanzlerin Merkel, zweifelt daran, ob es richtig ist, dass so viele Unternehmen diese Vergünstigungen erhalten. Gut, dem kann man nichts hinzufügen. Sie können das selber nachlesen, wenn Sie mir nicht glauben. Das hat sie auf dem Deutschen Arbeitgebertag gesagt.
Die Energiewende kostet Geld; das ist richtig. Die Investitionen zahlen sich auf Dauer aber sicherlich aus. Wir wollen bezahlbare Energie, nicht zu verwechseln mit billiger Energie. Wir wollen einen Umbau des Energiesystems. Sie haben aber offensichtlich nicht den Mut dazu, die dringend notwendige Änderung des EEG so durchzuführen, dass wir in Deutschland vernünftig damit leben können. Deshalb versuchen Sie mit dieser Aktuellen Stunde, uns als Sündenbock zu benutzen. Ich sage Ihnen: Diese Rechnung wird nicht aufgehen.
(Beifall bei der SPD)